
Auch in Deutschland befinden sich die Preise – und damit die Kosten für die Landwirte - für Herbizide und Fungizide im Jahr 2022 auf Rekordstand. Und ein Rückgang der steil ansteigenden Preise ist weit und breit nicht zu erkennen. Im Gegenteil: So kosteten Herbizide in Deutschland im Schnitt im April 2022 knapp 20 % mehr als im vorigen Jahr und Fungizide waren knapp 10 % teurer.
Gleichzeitig befinden sich die Preise sowohl für Herbizide als auch für Fungizide in Deutschland auf einem neuem Rekordstand. In anderen Ländern und am Weltmarkt war der Preisanstieg aber noch viel steiler. Und das wird wohl auch hierzulande bald ankommen. Ohnehin ist der Markt für Pflanzenschutzmittel, was die Preisbildung betrifft, nicht besonders transparent. Und auch der Wettbewerb ist nicht sonderlich ausgeprägt, denn der Markt wird von nur wenigen Unternehmen beherrscht.
Hinzu kommt, dass ein Großteil der Vorprodukte und der fertigen Pflanzenschutzmittel aus China kommt. Dort werden die sowohl die Produktion als auch die Lieferketten jedoch durch endlose Lockdowns unterbrochen und gestört. Mit fatalen Folgen für den Weltmarkt und die Kunden in Europa und den USA. Das heißt übersetzt: Es ist kaum eine Verbesserung der angespannten Angebotslage zu erwarten – bis weit ins Jahr 2023 hinein. Ein perfekter Sturm, sagen Analysten.
Unkrautbekämpfung kaum noch möglich?

In den USA haben die Landwirte die Verwendung gängiger Unkrautvernichtungsmittel bereits erheblich eingeschränkt. Oft wird nach verfügbaren Ersatzstoffen für beliebte Pflanzenschutzmittel gesucht und auch die Anbaupläne wurden geändert, da der anhaltende Mangel an landwirtschaftlichen Chemikalien (Dünger und Pflanzenschutz) die Ernten bedrohen.
Das Ausbringen deutlich kleinerer Herbizidmengen und der Einsatz weniger wirksamer Fungizide, erhöhen jedoch das Risiko, dass Unkräuter und Krankheiten die Pflanzenproduktion massiv beeinträchtigen, in einer Zeit, in der die Getreideversorgung weltweit knapp ist, weil der Ukrainekrieg das globale Angebot deutlich verringert. Nachfragen bei großen Händlern, Herstellern und Landwirten zeigen, dass Engpässe die Produktionsstrategien der US-Landwirte störten und ihre Kosten erheblich erhöhten, berichtet die Nachrichtenagentur Reuters diese Woche.
Ein Händler sagte gegenüber Reuters: "Die Lieferungen seien die knappsten in seiner 24-jährigen Karriere. Alles wurde verzögert, verzögert, verzögert." Die Versorgungsprobleme reduzieren jedoch die Möglichkeiten der Landwirte, solche Unkräuter zu bekämpfen, eine Resistenz gegen Glyphosat, den Hauptbestandteil des bislang am häufig verwendeten Herbizids Roundup, entwickelt haben.
Die Preise für Glyphosat und Glufosinat, ein weiteres wichtiges Herbizid, das unter der Marke Liberty verkauft wird, sind gegenüber dem Vorjahr um mehr als 50 % gestiegen, sagten Händler, gegenüber Reuters.
Nutzen Hersteller die Lage aus?
Das US-Landwirtschaftsministerium (USDA) teilte vor dem Hintergrund der steigenden Preise mit, dass Landwirten besorgt seien, dass die Hersteller die Preise für Chemikalien, Saatgut und Düngemittel erhöhen, um ihren Gewinn zu steigern, und nicht nur als Folge von Angebots- und Nachfragefaktoren. Das USDA hat deshalb eine Untersuchung zum Wettbewerb in der Branche eingeleitet.
Die Hersteller machen indessen die COVID-19-Pandemie (vor allem in China), Transportverzögerungen, einen Mangel an Arbeitskräften und extremes Wetter für die derzeitigen Engpässe verantwortlich. Auch Düngemittel und Saatgut sind weltweit knapp. Weitere Schwierigkeiten zeichnen sich ab, weil das deutsche Unternehmen BASF, das in den USA auch Glufosinat vertreibt, mitteilte, dass sich die Versorgungslage im nächsten Jahr nicht wesentlich verbessern wird.
„Es wird mehr Zeit in Anspruch nehmen, als unsere Kunden, Landwirte und Einzelhändler gedacht hätten“, sagte Scott Kay, Vice President of U.S. Crops bei BASF gegenüber Reuters. Für Glyphosat erreichten die Preise zuletzt 50 bis 60 US-Dollar pro Gallone, gegenüber weniger als 20 US-Dollar pro Gallone Mitte 2021, berichten Händler.
Dünger kann man mal weglassen – Pflanzenschutz nicht
Mark Welch, Agrarökonom an der Texas A&M University, sagt, dass hohe Kosten einige Landwirte je nach Situation dazu veranlassen, den Düngemitteleinsatz und den Pflanzenschutzeinsatz zu reduzieren. Er sagt auch, dass die Getreidepreise immer noch hoch genug seien, dass es auf hochproduktivem Land wirtschaftlich sinnvoll sei, teure Düngemittel und Pflanzenschutzmittel einzusetzen, um den Ertrag zu steigern. Auf weniger produktiven Flächen sind die hohen Kosten hingegen schwerer zu rechtfertigen.
Mark Loux, ein Wissenschaftler an der Ohio State University, sagt, dass Farmer das Unkraut in Schach halten müssen oder große Auswirkungen auf ihre Ernte riskieren. Seiner Einschätzung nach, haben die Bauern mehr Spielraum, wenn es darum geht, den Düngereinsatz zu reduzieren. „Sie können etwa Ertrag verlieren oder auch nicht, je nachdem, was Ihr Boden beiträgt“, sagt er. "Aber wenn Sie unter ein bestimmtes Maß an Unkrautkontrolle fallen, werden Verluste ziemlich offensichtlich sein."
Rodrigo Werle, ein landwirtschaftlicher Berater an der University of Wisconsin-Madison, sagt, dass der Mangel an den Breitspektrum-Herbiziden Glyphosat und Glufosinat in den USA, die Landwirte dazu zwingt, andere Wege zu gehen. Einige versuchen Unkräuter mechanisch zu zerstören, was die Menge an Herbiziden verringern könnte, die sie anwenden müssen. Oder sie verwenden andere Chemikalien.
Werle sagte auch, dass die Landwirte genau bestimmen müssen, welche Unkräuter auf ihren Feldern wachsen, damit sie die richtige Kombination von Herbiziden auswählen können, ähnlich wie sie es getan hätten, bevor genetisch veränderte Pflanzen (in den USA) die Unkrautbekämpfung vereinfachten.
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