
Reichlich 16 Prozent mehr müssen die deutschen Bauern Anfang diesen Jahres für Herbizide ausgeben. Ingesamt haben sich Pflanzenschutzmittel (Herbizide, Fungizide, Insektizide) hierzulande binnen Jahresfrist um 11 Prozent verteuert, sagt Destatis. Doch am Weltmarkt sind Pflanzenschutzmittel derzeit sehr knapp und offenbar noch teurer. Auch aus anderen Regionen der Welt, wie den USA, werden rekordhohe Preise für Herbizide gemeldet.
Ein Grund ist, dass ein großer Teil der weltweit wichtigsten Pflanzenschutzmittel, wie Glyphosat und Glufosinat, in China hergestellt und exportiert werden. Und das funktioniert derzeit offenbar schlecht. Die Probleme, die zu diesen weit verbreiteten Engpässen geführt haben, sind komplex. Analysten weisen auf anhaltende pandemische Produktionsunterbrechungen, Arbeitskräftemangel, extrem hohe Versandkosten, Lieferverzögerungen und steigende Produktionskosten hin.
Was klar zu sein scheint, ist, dass die Knappheit und die damit einhergehenden Preisspitzen im Jahr 2022 bestehen bleiben. Glyphosat und Glufosinat sind die im globalen Handel am stärksten betroffenen Wirkstoffe. Beide sind sehr gefragt, wobei Glyphosat - ungeachtet der massiven Kritik - noch immer die Basis vieler Unkrautbekämpfungsprogramme ist.
Doch auch für die meisten anderen chemischen Wirkstoffe, einschließlich Fungiziden und Insektiziden, sind die Preise deutlich gestiegen. Und jetzt, wo die Landwirte auf der Nordhalbkugel mit der Frühjahrsbestellung beginnen, scheint das Risiko, dass die Preise für Pflanzenschutzmittel noch höher steigen, größer zu sein, als die Wahrscheinlichkeit, dass sie fallen, sagte Sam Taylor, Chef-Analyst von RaboResearch gegenüber dem Branchendienst DNT.
Bessere Versorgung und Preisrückgang erst 2023
Und es gibt noch mehr Probleme: Landwirte und Einzelhändler horten angesichts der anhaltenden Knappheit offenbar größere Mengen Agrarchemikalien, beobachten einige Analysten. Hinzu kommen jedoch weitere Faktoren, die die Preise weit oben halten: Dazu gehören große Rückstände beim Schiffstransport, Arbeitsunterbrechungen in den Häfen, bei der LKW-Industrie und in den wichtigsten Produktionsstätten Chinas, durch die fortgesetzte Null-COVID-Politik.
Diese Null-COVID-Politik kann weiterhin plötzliche Produktionsstättenschließungen erzwingen, und bleibt das größte Risiko für künftige Lieferungen, stellte der Rabobank-Analyst fest. Höchstwahrscheinlich, irgendwann im Jahr 2023, dürften die aktuellen Engpässe aber nachlassen, und wir sehen dann, dass die Knappheit zu Überfluss umschlägt, ist Taylor überzeugt.
Wenn Einzelhändler zudem weiter Vorräte anlegen und die Bauern so viel wie möglich horten, dann könnte es auch plötzlich einen massiven Preisverfall geben", glaubt er. „Und das könnte wahrscheinlich 2023 passieren.“
Auch große Industrieunternehmen wie BASF und Bayer versuchen in Nordamerika und Europa die Lücken die durch die fehlenden Chinalieferungen entstanden sind zu stopfen. Viele Probleme sind jedoch durch globale Versorgungsengpässe und -störungen entstanden, von denen die meisten außerhalb der Kontrolle der Unternehmen liegen", sagte Robbie Upton, Marketingdirektor der BASF in den USA.
Versorgungskrise durch den Ukrainekrieg verschärft

All diese Probleme spiegeln sich in den Preisen wider. „Die Preise auf dem chinesischen Markt auf Herstellerebene sind im Jahresvergleich bei Glufosinate um 100% gestiegen", sagen Analysten. Hinzu kommen die überhöhten Kosten für Versand, Landfracht und Knappheit, und das Ergebnis ist, dass die Landwirte mit sehr hohen Angebotspreisen konfrontiert sind.
Gegenüber DTN warnte etwa die Bayer AG, dass die Pandemie und die Unwetterereignisse der letzten zwei Jahre (in den USA) ihre Branche im Jahr 2022 und darüber hinaus wahrscheinlich weiterhin herausfordern werden, wobei die Pflanzenschutz-Preise diesen globalen Launen ausgeliefert sein werden.
Glyphosat hat im vorigen Jahr einen der größten Preisanstiege auf den chinesischen Märkten erlebt, bemerkte Taylor, wo die Preise zeitweise um 177% gestiegen sind, aber in letzter Zeit wieder etwas zurückgegangen sind. Und die Knappheit bei Glyphosat treibt die Nachfrage nach anderen wichtigen Herbizidwirkstoffen deutlich in die Höhe. Die Nachfrage nach Fungiziden und Insektiziden ist dagegen etwas entspannter. Hier wurden Preisanstiege von 10% bis 15% festgestellt.
Die Krieg in der Ukraine hat die Unsicherheiten auch am Pflanzenschutzmarkt erhöht. Außerdem könnte sich die globale Energieknappheit auch auf die chemische Industrie auswirken. Die Sicherstellung der Rohstoffversorgung der europäischen Produktionsstätten wird für die EU eine große Herausforderung darstellen. Bei einer Unterbrechung der Erdgasversorgung könnte es bei den großen Pflanzenschutz-Herstellern in der EU auch zu einer eine Unterbrechung der Wirkstoffproduktion kommen, befürchten Analysten.
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