Zwar wirken die wirtschaftlichen und finanziellen Veränderungen auf den Bodenmarkt grundsätzlich langsamer bzw. zeitverzögert, doch das heißt nicht, dass die Folgen nicht ähnlich dramatisch sein können, wie in anderen Wirtschaftsbereichen. Dabei kannten die Bodenpreise in vielen westlichen Ländern – insbesondere in Deutschland – zuletzt nur eine Richtung, nämlich nach oben.
Die letzte globale Korrektur am Bodenmarkt gab es zur Finanzkrise. Allerdings gaben die Preise damals nur auf den deutlich stärker liberalisierten Boden-Märkten in den USA und im Vereinigten Königreich nach. In Deutschland haben sich die landwirtschaftlichen Flächen sogar während der Finanzkrise weiter verteuert. Hierzulande gab es den letzten deutlichen Preisrückgang in der zweiten Hälfte der 90er Jahre und kurz nach der Jahrtausendwende.
Diesmal könnte jedoch alles anders sein: Alle Anzeichen und Frühindikatoren lassen erkennen, dass die Corona-Krise stärker und möglicherweise auch längerfristig wirkt und zudem sämtliche Bereiche der Wirtschaft und der Finanzwelt erfasst. Nicht nur die Aktienbörsen brachen dramatisch ein, sondern auch die globalen Rohstoffpreise stürzten auf historische Tiefstände (Rohöl) – weil die globale Nachfrage wegbrach.
Der scheinbar krisenfeste Immobilienmarkt geht ebenfalls baden. Der deutsche Immobilienindex (Hypo Immobilienklima) ist allein im April um 37,3 Prozent auf 72 Punkte eingebrochen. Hierdurch wird ein kommender starker Rückgang der Immobilienpreise suggeriert, dessen Ausmaß an die Verluste der Finanzkrise 2008 erinnert. Sicher ist dies jedoch noch nicht.
Ackerland als Kapitalanlage – vorbei?
In den letzten 16 Jahren sind die globalen Preise für Agrarland jährlich um 12 Prozent gestiegen. In Westeuropa verteuerte sich der Boden in dieser Zeit um knapp 6 Prozent. Die Regionen mit dem stärksten Preisauftrieb waren Osteuropa und Südamerika. Der größte Teil des Wertzuwachses entfiel auf die fünf Jahre zwischen 2002 und 2007. In den darauf folgenden fünf Jahren (nach der Finanzkrise) schwächte sich der Preisaufrieb jedoch deutlich ab. Zu diesen Erkenntnissen kam die internationale Immobilien-Firma Savills bei einer Analyse zur Entwicklung der globalen Farmlandpreise (Global Farmland Index).
Bereits vor der Corona-Krise hat sich der Anstieg der Bodenpreise also verlangsamt. Savillis berichtet zudem, dass es nach der Bankenkrise 2008 eine deutliche Abschwächung der globalen Teuerungsrate von Ackerland auf zuletzt noch knapp 1 Prozent gab. Das Wachstum blieb jedoch von Land zu Land sehr unterschiedlich und wurde von sehr vielen Faktoren beeinflusst. Nicht zuletzt floss viel Kapital von außerhalb der Landwirtschaft in den Bodenmarkt.
Savills kommt zu dem Schluss: „Die Werte von Ackerland haben sich langfristig besser entwickelt als Rohstoffe und boten „Investoren“ in Rezessionszeiten eine sehr gute Absicherung.“ Das könnte sich mit der Corona-Krise zumindest vorübergehend ändern. Langfristig sieht die Sache jedoch anders aus: Angesichts der steigenden Weltbevölkerung und der Bedeutung für die Ernährungssicherheit, dürfte die Nachfrage nach Ackerland – trotz der Corona-Krise – doch ziemlich robust bleiben.
Die Zutaten für eine Preiskrise
In den USA haben sich die Bodenpreise bereits in den letzten fünf Jahren kaum noch verändert. Nun könnte es aber zu einer deutlicheren Korrektur kommen. Schuld sind neben den Corona-Turbulenzen die ohnehin unter Druck stehenden Agrarpreise in den USA und die schrumpfenden landwirtschaftlichen Einkommen.
Gegen einen stärkeren Rückgang sprechen allerdings die bislang noch historisch niedrigen Zinsen. Hier könnte es mit dem Gelddrucken und den massiven wirtschaftlichen Hilfsprogrammen der Notenbanken weltweit jedoch zu einer Inflation kommen, befürchten Ökonomen. Sicher ist das aber nicht.
Vorausgegangen war der aktuellen Stagnation der US-Agrarpreise ein beispielloser Anstieg der Farmlandpreise nach der großen Agrarkrise Ende der 80er Jahre. Damals brachen die Bodenpreise um etwa 40 Prozent ein. Danach ging es jedoch sehr lange und sehr steil nach oben. Von 1994 bis 2015 verteuerten sich landwirtschaftlich genutzte Flächen in den USA um 169 Prozent!
Nicht einmal die globale Finanzkrise Ende der 90er Jahre konnte den Boom wirklich unterbrechen. Die Bodenpreise gaben damals nur ganz leicht nach. Mittlerweile nehmen jedoch die Anzeichen zu, dass es zu einer Korrektur am Bodenmarkt kommen könnte.
Niedrige Zinsen stützen Bodenpreise - eigentlich
Der Wert von Ackerland wird von vielen Faktoren bestimmt. Großen Einfluss haben dabei die Realzinsen. So waren die extrem hohen Zinsen in den 1980er Jahren ein wesentlicher Faktor für den Einbruch der Ackerlandpreise in diesem Jahrzehnt. Der entscheidende Faktor für die Preisbildung wird nach Meinung der meisten Analysten jedoch auch in Zeiten von Corona die aktuelle und künftige Wertentwicklung der landwirtschaftlichen Produktion sein.
Das lässt sich in den USA eindrucksvoll belegen: Beispielsweise ging dem Boom der Agrarlandpreise in den 1970er Jahren ein enormer Anstieg der landwirtschaftlichen Produktionswerte voraus. Ebenso folgte der Einbruch der Bodenpreise in den 1980er Jahren, einem Absturz sowie einem lang anhaltenden Bärenmarkt bei den Agrarpreisen. Auch in den folgenden Jahren folgten die Preise für landwirtschaftliche Nutzflächen den Preisen für Mais, Soja und Weizen.
Seit 2013 bewegten sich die Preise für wichtige Nutzpflanzen jedoch in einem mittleren Bereich seitwärts. Wohin die Agrarpreise in Zukunft gehen, wird also eine Schlüsselrolle bei der Entwicklung der Preise von Ackerland spielen. Wenn also die Agrarpreise kräftig sinken, könnte dies die übrigen Corona-bedingten Probleme noch verschärfen und die Landpreise in einen Abwärtstrend wie in den 1980er Jahre drücken, glauben nicht wenige Analysten.
Noch viel zu viele Unsicherheiten
Die „Widerstandsfähigkeit bei den durchschnittlichen Preisen für landwirtschaftliche Immobilien hat sich trotz der deutlichen Rückgänge der landwirtschaftlichen Einkommen, die 2013 ein Rekordhoch erreicht hatten, fortgesetzt“ hatte das US-Landwirtschaftsministerium (USDA) im vorigen Jahr berichtet. In Deutschland waren die Bodenpreise trotz der Dürre in den letzten beiden Jahren und trotz ebenfalls sinkender Einkommen sogar weiter gestiegen.
Das USDA begründet die Robustheit der Bodenpreise vor allem damit, dass „die historisch niedrigen Zinssätze dazu beigetragen haben, dass die Bodenpreise im landwirtschaftlichen Sektor gestützt werden“. Und nach einem Trendwechsel bei der Zinspolitik sieht es in Zeiten von Corona nicht aus, Das Gegenteil ist der Fall. Doch diesmal wirken eben noch weite wirtschaftliche Faktoren wie eine globale Rezession mit immensen Vermögens- und Kaufkraft-Verlust und wahrscheinlich sehr hoher Arbeitslosigkeit auf die Märkte.
"Unterm Strich ist es wohl noch zu früh, um etwas über die Auswirkungen von Covid-19 auf die Agrarland-Märkte zu sagen", glaubt Randy Dickhut, Senior Vice President für Immobiliengeschäfte bei der Farmers National Company. “Im Moment gibt es noch viel zu viele Unsicherheiten, bis wir ein etwas klareres Bild von den wirtschaftlichen und finanziellen Auswirkungen auf die Landwirtschaft und auf die Bodenwerte haben", sagte Dickhut weiter.
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