Biodiesel aus China, der womöglich nicht den EU-Nachhaltigkeitsanforderungen entspricht, gelangt seit Jahresanfang in großen Mengen auf den europäischen Binnenmarkt. Mittlerweile ermitteln sogar die deutschen Strafverfolgungsbehörden, ob die angeblich „fortschrittlichen Biokraftstoffe“ aus China falsch deklariert wurden.
Doch die Auswirkungen auf dem europäischen Rapsmarkt sind für die Landwirte bereits jetzt zu spüren: Die Rapspreise stehen gewaltig unter Druck. Der dubiose China-Biodiesel aus Abfall- und Restölen ersetzt als nachhaltig zertifiziert die Ware aus der EU, und das gleich doppelt.
Rapspreise fallen unter 400 Euro pro Tonne

Seit rund einem Jahr sind die Rapspreise in der EU auf Talfahrt. Wurden im Mai 2022 in der Spitze noch über 750 Euro/t an der Warenterminbörse Matif in Paris gezahlt, ist der Kurs im Mai dieses Jahres unter die Schwelle von 400 Euro/t gefallen.
Das hängt stark mit der Erwartung einer weltweit stabilen Versorgung des Rapsmarktes aus der kommenden Ernte zusammen. Eine Mitverantwortung für den Preisdruck sieht die Union zur Förderung von Öl- und Proteinpflanzen (Ufop) aber auch im Import von gebrauchten Ölen und Fetten aus China sowie daraus hergestelltem Biodiesel.
Die Billigware aus China, an deren Zertifizierung Fachleute Zweifel anmelden, verringert nämlich den Bedarf der Mineralölindustrie an Biodiesel aus europäischem Rapsöl.
China verdoppelt seine Lieferung von „fortschrittlichem“ Biokraftstoff
Nach Angaben der Ufop importierte die EU seit Ende 2022 rund 500.000 t Biodiesel aus chinesischen Abfallölen. Die EU insgesamt führte von Januar bis April dieses Jahres sogar 0,83 Mio. t Biodiesel aus China ein, fast das Doppelte der Menge im vergleichbaren Vorjahreszeitraum.
Nach Darstellung der Ufop bestehen allerdings Zweifel an den erforderlichen Nachweisen an die Rohstoffherkunft. Der Biodiesel aus der Volksrepublik wird als „fortschrittlicher“ Biokraftstoff aus Abfall- und Reststoffen gemäß Anhang IX Teil A der Erneuerbaren-Energien-Richtlinie (RED II) der EU deklariert.
Das hat zur Folge, dass die Mineralölindustrie die importierte Menge doppelt auf ihre THG-Quotenverpflichtung anrechnen darf. Entsprechend verringert sich der Bedarf an Biodiesel aus Rapsöl. Die Glaubwürdigkeit der von der EU vorgeschriebenen Nachhaltigkeitszertifizierung werde dadurch in Frage gestellt, kritisiert die Ufop.
BLE fordert als zuständige Behörde eine Reaktion aus Brüssel an
Die Ufop fordert die Bundesregierung und die Europäische Kommission zum Durchgreifen auf. Zudem seien verstärkte Vor-Ort-Kontrollen erforderlich, so der Verband.
Zuständige Behörde ist die Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE). Ihr liegen bereits Hinweise vor, dass aus der Volksrepublik eingeführte und als nachhaltig zertifizierte Biokraftstoffe möglicherweise aus anderen Rohstoffen hergestellt wurden als deklariert. Diese wären somit nicht als fortschrittliche Kraftstoffe doppelt anrechnungsfähig.
Ermittlungen gegen vermuteter Falschdeklaration von Biodiesel laufen
Nach eigenen Angaben hat die BLE die EU-Kommission über den Verdacht informiert und um eine Stellungnahme gebeten. Außerdem wurden die deutschen Strafverfolgungsbehörden eingeschaltet.
Nach Angaben des Bundesumweltministeriums wurden zudem Zertifizierungsunterlagen zur Überprüfung der Verdachtsfälle angefordert. Kurzfristige Kontrollaudits seien vor Ort durchgeführt worden, so die Parlamentarische Staatssekretärin im Bundesumweltministerium, Dr. Bettina Hoffmann, im Bundestag.
Offen ist noch, wie die EU auf die plötzlich steigenden, angeblich klimaneutralen Biodiesel-Importe aus China reagieren wird.
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