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Corona-Krise und Getreidemarkt

Corona-Welle reißt Getreidepreise nach unten

Mais verladen.
am Freitag, 30.10.2020 - 12:18 (Jetzt kommentieren)

Mit heftigen Verlusten reagieren die globalen Getreidemärkte auf den Kurssturz an den Rohstoff- und Aktienmärkten.

Diese sind eine direkte Folge der erneuten Verschärfung der globalen Corona-Pandemie und den befürchteten wirtschaftlichen Folgen in einer ganzen Reihe von Ländern in Europa – aber auch weltweit.

Hinzu kommen die Regenfälle in einigen bislang von extremer Trockenheit betroffenen Anbauregionen in den USA, am Schwarzen Meer und auch in Südamerika.

Gleichzeitig bleiben die fundamentalen Daten, vor allem was die Nachfrage bzw. den Export von Getreide betrifft, sehr gut und dürften den Markt mittelfristig wieder stützen. Das betrifft sowohl die riesigen Einkäufe Chinas als auch die jetzt zu beobachtenden Einkäufe von Getreide und Futtermitteln von einem der wichtigsten globalen Exporteure – nämlich Brasilien (siehe unten).

Vieles wird jetzt davon abhängen, wie sich die Corona-Pandemie und die vielen neuen Lockdowns auf die Lieferketten und die globale Nachfrage auswirken.

Corona-Ängste, Regen am Schwarzen Meer und US-Wahlen

Weizenpreise Chicago.

Weltweit hatten die Getreidepreise am Donnerstag ihre Verluste ausgeweitet. Der Weizen verlor am europäischen Terminmarkt in den letzten 5 Tagen rund 6 Euro und sackte bis auf 205 Euro je Tonne nach unten. Die Maispreise gaben um 6 Euro auf 192 Euro nach und der Raps sürzte an der MATIF um 15 Euro auf 383 Euro je Tonne abwärts.

Damit folgten die europäischen Getreidepreise den negativen Vorgaben aus den USA – scheinen sich am Ende der aktuellen Woche – wegen der sehr robusten Nachfrage – jedoch zunächst wieder zu stabilisieren.

Auslöser für die heftige Preiskorrektur waren zum einen die Sorgen von Händlern und Analysten hinsichtlich der wirtschaftlichen Folgen der COVID-19-Pandemie auf Lieferketten und Nachfrage. Hinzu kam dann noch die Verbesserung der globalen Wetterbedingungen in einigen wichtigen Produktionsregionen in den USA, in Russland und in Brasilien, sagen Händler.

Aus den USA war zu hören: „Wetterdienste sind zuversichtlich, dass die trockenen Winterweizenregionen genügend Niederschläge erhalten, um die Bodenfeuchtigkeit deutlich zu erhöhen", sagte der Analyst Tobin Gorey, von der Bank of Australia gegenüber der Nachrichtagentur Reuters. In der gesamten Schwarzmeerregion haben sich die Wetterbedingungen (Regen) ebenfalls deutlich verbessert, berichtete das russische Analystenhaus Sovecon am Montag.

Fallende Energiepreise drücken auf Getreidepreise

Getreide-Schiff.

Betroffen von dem Preissturz an den globalen Märkten waren auch die Energie- und Rohölpreise. „Die Preiskorrektur an den Energiemärkten überträgt sich aber aauch auf die Agrarmärkte, weil es auch um pflanzliche Energieträger wie etwa Sojaöl, Mais oder Ethanol geht", sagte der US-Analyst Terry Reilly.

„Der verbreitete Ausverkauf bei Energie-Rohstoffen ist offensichtlich ein wichtiger Faktor für die Preisentwicklung bei Bionergie und damit auch bei Getreide", heißt es weiter. „Nervosität und Volatilität nehmen auf allen Märkten zu, als eine Hauptfolge der neuen Welle der globalen COVID-Pandemie", teilte das französische Analystenhaus Agritel mit.

Wegen der sehr unsicheren Lage nehmen viele Hedgefonds ihre Gewinne mit. Zum einen wegen der Unsicherheiten über die weltweite Nachfrage und zum andern wegen der bevorstehenden Wahlen in den USA. „Diese große Nervosität überschattet derzeit die starke Exportnachfrage“, sagen Händler.

Das US-Landwirtschaftsministerium gab diese Woche nämlich ganz hervorragende Exportzahlen bekannt: Die wöchentlichen US-Weizenexportverkäufe lagen bei 803.200 Tonnen und übertrafen damit die Marktprognosen von 200.000 bis 700.000 Tonnen. Die wöchentlichen US-Maisexportverkäufe erreichten 2,24 Millionen Tonnen und lagen damit um ein Vielfaches über den Schätzungen für 700.000 bis 1,5 Millionen Tonnen. Der Exportverkauf von Sojabohnen war mit 1,63 Millionen Tonnen ebenfalls sehr hoch.

Brasilien muss Soja und Reis importieren - und China kauft weiter

Sojaernte.

Die Nachfrage nach Sojabohnen, Mais und Weizen war auf ganzer Welt zuletzt sehr hoch „Viele Importeure kauften zuletzt Getreide aufgrund der Erwartung eines weiteren Preisanstiegs", glauben viele Händler. Die Besorgnis über die wirtschaftlichen Schäden durch die Pandemie setzten die Preise nun unter Druck. Die weltweiten Coronavirus-Fälle stiegen am Mittwoch zum ersten Mal um mehr als 500.000. Das ist ein Rekordanstieg, weil die Länder auf der Nordhalbkugel täglich neue Spitzenwerte melden.

Doch es gab auch gute Nachrichten für die Preise: Brasilien, einer der weltweit größten Agrarexporteure, importiert aufgrund des steilen Anstiegs der Inlandspreise Grundnahrungsmittel wie Reis und auch Sojabohnen, sagte der Präsident Jair Bolsonaro in einem Video. Die Umstellung Brasiliens auf Importe ist die jüngste Störung der globalen Lebensmittelversorgungskette. Die Preise für Sojabohnen lagen vor der Korrektur auf einem Vierjahreshoch. Wir importieren jetzt Soja, weil der Preis weiter steigem wird", sagte der braslianische Präsident.

Bolsonaro nannte jedoch weder die Menge der importierten Sojabohnen noch ihre Herkunft. Diese Woche gab es jedoch unbestätigte Berichte, dass mindestens eine US-amerikanische Sojabohnenladung nach Brasilien verkauft wurde. Nach Handelsdaten der brasilianischen Regierung importierte das Land in den ersten neun Monaten des Jahres 2020 außerdem 542.000 Tonnen Reis, hauptsächlich aus Paraguay und Uruguay.

Einer der Hauptfaktoren für die starke globale Nachfrage bleibt jedoch: China kauft weiterhin Millionen Tonnen Mais, Weizen, Gerste und anderes Getreide auf der ganzen Welt und stützt damit Nachfrage und wohl auch die Preise in den nächsten Wochen.

Kassapreise sind in Deutschland kräftig gefallen

Weiznepreise.

Am europäischen Terminmarkt können sich die Weizenpreise im laufenden Handel am Freitag zunächst bei 204 Euro je Tonne behaupten. Das ist im Vergleich zur Vorwoche ein Minus von 7 Euro. Am Hamburger Exporthafen sind die Weizenpreise für die Anlieferung im Oktober noch stärker gefallen und notierten am Donnerstag bei 196 Euro je Tonne. Gegenüber der Vorwoche ist das ein Minus von 9 Euro. Für spätere Termine werden 200 Euro je Tonne geboten.

Für Futtergerste lagen die Preisangebote am Hamburger Hafen am Donnerstag bei 174 Euro je Tonne und damit 6 Euro niedriger. Für Brotroggen wurden in Hamburg am Donnerstag 169 Euro geboten und damit 1 Euro je Tonne niedrigere Preise als vor einer Woche.

Nach den Daten der EU-Kommission haben die Europäer bis zum 25. Oktober etwa 6,7 Millionen Tonnen Weizen in Drittländer verschifft – das sind 31 Prozent weniger als im vorigen Jahr. Bei Gerste wird eine Ausfuhrmenge von 2,5 Millionen Tonnen gemeldet. Ein Minus von 14 Prozent zum Vorjahr. Frankreich hat bisher 1,8 Millionen Tonnen Weizen und 959.000 Tonnen Gerste exportiert.

Deutschland kommt auf 402.000 Tonnen Weizen und 279.000 Tonnen Gerste und am rumänischen Schwarzmeerhafen Constanta wurden 871.000 Tonnen Weizen und 631.000 Tonnen Gerste verladen. Lettland, Litauen und Polen haben bislang mehr Weizen in Drittländer verkauft als Deutschland.

Bei Gerste rangieren die Deutschen hinter Frankreich und Rumänien auf Position drei. Die Hauptabnehmer von europäischen Weizen sind bisher Algerien, China, Nigeria, Saudi-Arabien und Südafrika. Die wichtigsten Zielländer für Gerste sind Saudi-Arabien und China und – mit großem Abstand vor Marokko, Algerien und Tunesien.

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