Die extrem schwachen Erntedaten begründen nicht nur die dürrebedingten finanziellen Hilfen für die Landwirtschaft. Sie zeigen auch, dass zwischen dem üblichen Getreideverbrauch in Deutschland und dem vorhandenen Angebot eine erhebliche Lücke klafft.
Vor diesem Hintergrund würde Deutschland erstmals seit 1986 wieder zum Nettoimporteur von Getreide. Das sieht auch der Deutsche Raiffeisenverband (DRV) so. Die knappe Versorgung am deutschen und europäischen Markt hat daher die Getreidepreise zuletzt deutlich nach oben getrieben.
Wieviel Ware die hohen Getreidepreise am Ende aus dem Ausland anziehen, muss sich jedoch erst noch zeigen. Bislang entwickeln sich nicht nur die europäischen Exporte schwach, sondern auch die gemeldeten Importe waren in den ersten beiden Monaten des neuen Wirtschaftsjahres sehr gering.
Kleinste Getreideernte seit 1994
Vielleicht nicht ganz überraschend sind die Ernteschätzungen des Bundeslandwirtschaftsministeriums (BMEL) bei allen Kulturen etwas höher als die Prognosen des Deutschen Bauernverbandes (DBV). Diese Unterschiede gab es auch in der Vergangenheit immer wieder.
Hinzu kommt, dass beide Schätzungen nur eine vorläufige Bilanz auf der Basis der bis dahin verfügbaren regionalen Daten wiedergeben. Insgesamt schätzt das BMEL die Erntemenge bei Getreide (ohne Mais) auf 34,5 Mio. t und damit knapp 19 % kleiner als im langjährigen Mittel und knapp 16 % kleiner als im schwachen Vorjahr.
Der DBV veranschlagte die deutsche Getreideernte wenige Tage zuvor lediglich auf 33,3 Mio. t (ohne Mais). Damit liegt der Bauernverband rund 1 Mio. t unter der vorläufigen Ernteschätzung des BMEL. Ursache hierfür ist vor allem die vom Bauernverband mit 18,6 Mio. t rund 0,9 Mio. t kleiner prognostizierte Weizenernte.
Einschließlich Mais wäre die Schätzung des DBV die kleinste deutsche Getreideernte seit 1994. Aber auch die Prognose des BMEL wäre (ohne Berücksichtigung von Mais) die kleinste deutsche Getreideernte seit dem Jahr 1994.
Versorgungslücke und Futtermangel
Zur Maisernte hat sich das Ministerium noch nicht geäußert. Der DBV geht von einer extrem kleinen Maisernte von 2,3 Mio. t aus. Grund dafür ist die Umwidmung von Körnermaisflächen zur Silomaisproduktion.
Nach Berechnungen der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE) liegt der Verbrauch von Getreide in Deutschland einschließlich Mais zwischen 43 und 44 Mio. t. Damit klafft am deutschen Getreidemarkt in diesem Jahr eine sehr große Versorgunglücke, unterstellt man einmal eine Gesamternte von etwa 36 bis 37 Mio. t. Diese Lücke kann nur durch umfangreiche zusätzliche Importe vor allem von Futtergetreide gestopft werden.
Auch nach Einschätzung des Raiffeisenverbandes „wird der wichtigste Einflussfaktor für den nationalen Markt der Getreidebedarf bei der Tierfütterung sein". Als Folge der Trockenheit litten zahlreiche viehhaltende Betriebe an einem erheblichen Mangel an Grundfutter, das unter anderem durch Kraftfutter ersetzt werden muss. "Daher wird die Körnermaisernte in Europa und den USA von entscheidender Bedeutung für die Versorgungsbilanzen sein“, analysiert der DRV.
Allerdings steht der Getreidehandel vor einer Herausforderung, denn die Maisimporte aus den USA sind derzeit mit einem Strafzoll von 25 % belegt. Möglicherweise fließt deshalb mehr Ware aus Südamerika und aus der Ukraine auf den deutschen Markt. In den letzten Jahren lag der deutsche Maisverbrauch zwischen 6 und 7 Mio. t, davon wurden immerhin 3 Mio. t importiert.
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