
Ein Grund ist, wie beim Weizen, die sehr hohe Exportnachfrage. Und hier kauft neben den traditionellen Abnehmern – wie Saudi-Arabien, Nordafrika und dem Iran – vor allem China den Markt leer. Und obwohl deutsche Exporteure – anders als Frankreich – noch immer keine Exportlizenzen ins Reich der Mitte haben, profitieren deutsche Bauern und die hiesigen Gerstenpreise indirekt von dem gewaltigen chinesischen Bedarf an Futtergetreide.
Der Grund: Frankreich, das sowohl am europäischen Markt als auch in Drittländern ein wichtiger Konkurrent für deutsche Gerste ist, liefert ähnlich wie Kanada gewaltige Mengen Gerste (und Weizen) zu sehr hohen Preisen nach China. Damit fallen die Franzosen für andere Märkte aber aus und es ist Platz für deutsche Gerste und für Ware aus Rumänien.
Analysten berichten, dass die Chinesen sogar schon zahlreiche Kontrakte für die Ernte 2021 in Frankreich und Kanada abgeschlossen haben. Ein Grund dafür ist: Australien fällt aufgrund sehr hoher, von China aus politischen Gründen verhängter Exportzölle als sonst wichtigster Lieferant der Chinesen nahezu komplett aus.
Am besten lässt sich die derzeitige Marktlage natürlich an den Preisen ablesen – und die sind hoch wie schon viele Jahre nicht mehr. Am wichtigsten französischen Exporthafen Rouen lagen die fob-Preise für dort verladene Gerste diese Woche bei 281 USD je Tonne (231 Euro/t). Das waren 15 USD mehr als eine Woche zuvor und etwa 100 USD mehr als vor einem Jahr. Die Statistik zeigt, dass es mindestens seit 2014 keine höheren Gerstenpreise gegeben hat.
Am deutschen Exporthafen Hamburg lagen die Notierungen für dort angelieferte Gerste zuletzt bei 212 Euro je Tonne. Das war für deutsche Gerste nur noch etwas weniger als zu den letzten Höchstpreisen im Dürrejahr 2018.
Chinesen kaufen schon Gerste der nächsten Ernte

China kauft im laufenden Wirtschaftsjahr mindestens 8 Millionen Tonnen Gerste aus Frankreich, Kanada, Russland und der Ukraine. Im Jahr zuvor waren es knapp 6 Millionen Tonnen. Deutschland geht bei diesem Geschäft aufgrund fehlender Exportlizenzen aber weiterhin leer aus – ebenso wie Australien, auf dessen Gerstenexporte nach diplomatische Spannungen mit China hohe Importzölle von 80,5 Prozent verhängt wurden. Das kommt praktisch einem Importverbot gleich.
Nach Berichten von Händlern kauft China sehr viel Gerste und anderes Futtergetreide, um den Bedarf für die überraschend schnell wachsende Schweineherde zu decken und um die explodierenden Getreidepreise am Binnenmarkt zu drücken. Offenbar geht der Bedarf der Chinesen schon weit über das aktuelle Jahr hinaus. Händler berichten nämlich, dass mit den beiden Top-Lieferanten Frankreich und Kanada bereits Liefervereinbarungen über die neue Ernte abgeschlossen wurden.
Danach wurden große Teile der kanadischen Gerstenernte 2021 von chinesischen Einkäufern gebucht, wobei es nach vorsichtigen Schätzungen um mindestens 1 Million Tonnen geht. Dies würde den Vereinbarungen zu französischer Gerste der neuer Ernte etwa entsprechen, die ebenfalls schon gekauft sein sollen, sagen Händler.
Die hohen Preise zeigen große Knappheit an

Frankreich hat nach Daten der EU-Kommission im laufenden Wirtschaftsjahr bereits rund 1,9 Millionen Tonnen Gerste verkauft – das meiste davon nach China. Damit könnte der Export von Gerste sogar die hohen französischen Weizenexporte nach China übertreffen.
Deutschland kommt bei Gerste bislang auf eine Exportmenge von 890.000 Tonnen und Rumänien verkaufte 870.000 Tonnen in Drittländer – vor allem an die traditionellen Abnehmer Saudi-Arabien, Iran, Algerien und Marokko.
Auch für das nächste Jahr werden die französischen Gerstenverkäufe nach China auf bis zu 2 Millionen Tonnen geschätzt. Kanada hat von August bis Dezember immerhin 1,5 Millionen Tonnen Gerste nach China verschifft, was bereits dem Gesamtvolumen der letzten Saison entspricht, wie offizielle Daten zeigen.
Die Exportprämien für die neue französische Ernte zogen jedenfalls kräftig an, als bekannt wurde, dass die Exporteure bereits einen Teil ihrer Vorverkäufe nach China abdeckten. Dies hat die Preise für Futtergerste in Frankreich zeitweise auf das Niveau von Brotweizen getrieben.
Gerste aus Europa und Kanada bleibt auch im neuen Jahr für die Futterversorgung in China wichtig, da der hohe Zoll für australische Gerste offenbar nicht abgeschafft wird. „Die Tatsache, dass es bereits Einkäufe für die neue Ernte in Frankreich und der Ukraine gegeben hat, zeigt, dass China seine Meinung zu Australien wahrscheinlich nicht ändern wird", sagen beispielsweise Analysten von Strategie Grains.
Frankreich kann nach China liefern – Deutschland nicht

Zu den steigenden Gerstenpreisen am französischen Markt trägt offenbar auch ein deutlicher Rückgang der bevorstehenden Aussaatfläche von Sommergerste bei, die im vorigen Jahr ein sehr hohes Niveau erreicht hatte, weil die Aussaat von Wintergetreide witterungsbedingt stark geschrumpft war. Das hat sich nun wieder zu Gunsten von Winterweizen und Wintergerste umgekehrt.
Der Ausfall der australischen Gerstenlieferungen in die Volksrepublik China hat Frankreich und anderen Lieferanten dort jedoch neue Möglichkeiten eröffnet. Für die Europäische Union, die weltweit vor Australien, Russland und der Ukraine der größte Exporteur von Gerste ist, kann Frankreich allerdings als einziges EU-Land Gerste nach China liefern.
Die boomende chinesische Nachfrage nach Futtergetreide und die rekordhohen chinesischen Importe haben auch die Gerstenimporte der Chinesen weit nach oben getrieben. Analysten halten es für möglich, dass Peking anstelle der vom USDA erwarteten 8 Millionen sogar 10 Millionen Tonnen oder mehr importieren wird.
Noch liegen die Prognosen aber weit auseinander. Der Grund: Die große Unsicherheit über die wirkliche Höhe der chinesischen Getreidebestände.
Hier ist Ihre Meinung gefragt
Werden Sie Teil unserer Community und diskutieren Sie mit! Dazu benötigen Sie ein myDLV-Nutzerkonto.