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Getreideernte und Getreidepreise

Getreide: Globale Monster-Ernte schickt Weizenpreise auf Talfahrt

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am Mittwoch, 17.06.2020 - 14:54 (Jetzt kommentieren)

Die rekordhohen Ernteprognosen für Weizen – aber auch für Mais, Weizen und Soja – schicken die Getreidepreise auch in Europa auf Talfahrt.

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Erstmals seit Oktober sind die Weizenpreise am europäischen Terminmarkt wieder unter die Marke von 180 Euro je Tonne gefallen. Dieser Preisrutsch zieht jetzt auch den Kassamarkt mit nach unten. Dabei fällt die europäische Getreideernte – wegen der Trockenheit – eher mager aus. Doch die Preise werden am Weltmarkt gemacht – also im Export.

Und da sieht es für Europäer in der neuen Saison eher schlecht aus. Zum einen schrumpfen die Ausfuhrmöglichkeiten Frankreichs, Deutschlands und Rumäniens, wegen der kleineren Ernten deutlich – zum anderen verschlechtert der zuletzt kräftig aufgewertete Euro die Wettbewerbsfähigkeit der Europäer und drückt die Preise am Binnenmarkt ebenfalls nach unten.

Nach den derzeitigen Prognosen verlieren die EU-Länder große Marktanteile im Export an Russland, dessen Ernte zuletzt – trotz Trockenheit in Südrussland – wieder nach oben korrigiert wurde. Verantwortlich ist offenbar die größer als erwartete Anbaufläche bei Sommerweizen. Aktuell haben die Russen allerdings kaum noch etwas zu exportieren. Die Läger und Silos an den Häfen und im Land sind wie leergefegt und russische Exporteure müssen erst einmal auf die neue Ernte warten.

Diese temporäre Knappheit der Russen hat zuletzt die Weltmarkpreise gestützt – doch jetzt einfaltet die gewaltige Prognose des US-Landwirtschaftsministeriums (USDA) zunehmend Wirkung auf die Preise. Zudem hat die Weizen-Ernte in den USA bereits begonnen und steht auch in der Ukraine und in Südrussland kurz vor dem Start.

Bärischer USDA-Report – hohe Exportprognosen für Russland

Getreideexport

Der Markt absorbiert immer noch den Schock der großen globalen Lagerbestände des US-Landwirtschaftsministeriums (USDA)", sagte Tobin Gorey, Direktor für Agrarstrategie bei der Commonwealth Bank of Australia, und erkärt so den anhaltenden Rückgang der Weizenpreise. Die rekordhohe globale Weizenvorräte belasten den Markt – auch wenn die Hälfte der davon China liegt und 10 Prozent in Indien ­– beide Länder erwarten übrigens gewaltige Rekordernten.

Das USDA erhöhte die weltweiten Endbestände beim Weizen auf ein Rekordhoch von 316,1 Millionen Tonnen. Führende russische Beratungsunternehmen haben die Prognosen für die diesjährige russische Weizenernte überarbeitet und die bisherige Besorgnis über die Auswirkungen des trockenen Frühlings gemildert. Das Beratungsunternehmen IKAR hat seine Schätzung für die Weizenexporte Russlands für 2020/21 deshalb um 1 Million Tonnen auf 35 Millionen Tonnen erhöht, nachdem es seine Ernteschätzung ebenfalls verbessert hat, teilte IKAR mit. 

Zuletzt ging es in beiden Ländern mit den Exportpreisen ebenfalls nach unten, obwohl kaum noch Weizen aus der alten Ernte zur Verfügung steht. Vor allem in Russland sind die Läger nahezu völlig geräumt und das Land will deshalb auch in der neuen Saison erneut auf Exportquoten setzten – um die Ausfuhr sowie die Weizen- und Brotpreise am russischen Binnenmarkt besser regulieren zu können.

Aus diesem Grund wollen die Russen im nächsten Jahr auch die staatlichen Lager-Bestände aufstocken – was Weizen von den Exportmärkten abziehen dürfte. 

"Vorige Woche hatte der USDA-Bericht die globale Weltweizenproduktion sehr weit nach oben korrigiert und die Endbestände auf ein Allzeithoch prognostiziert, was großen Druck auf die Preise ausübt. Die Erhöhungen der Produktion konzentrierten sich jedoch hauptsächlich auf Länder (wie China, Indien) außerhalb der acht großen Exportländer, was ein gewisses Zögern der Händler hervorrief", sagt das französische Beratungsunternehmen Agritel.

Wie groß wird Russlands Ernte?

Russland Getreideernte

Die russischen Weizenpreise gaben zuletzt ebenfalls nach, da auch die globalen Benchmarks unter Druck standen. Russischer Weizen mit 12,5% Protein, der an den Schwarzmeerhäfen verladen wurde, lag Ende letzter Woche bei 205 USD pro Tonne frei an Bord (FOB), teilte die SovEcon-Beratungsfirma mit. Die Beratungsfirma IKAR bezifferte Weizen mit neuer Ernte auf 206 USD pro Tonne. "Die Weltmarktpreise standen nach dem bärischen Bericht unter Druck, während die Schwarzmeerpreise immer noch durch Bedenken hinsichtlich der Größe der neuen Ernte gestützt werden", berichtet SovEcon.

Der US-Bericht erwähnte zwar verbesserte Erntebedingungen in Russland, ließ seine Prognose für die russische Ernte aber unverändert. Russische Analysten haben die inländischen Ernteprognosen aufgrund günstigerer Wetterbedingungen jedoch angehoben. SovEcon fügte hinzu, dass der Sommerweizen in Russland auf 12,4 Millionen Hektar gepflanzt worden sei, verglichen mit 11,9 Millionen Hektar im Jahr 2019.

Ägyptens staatlicher Getreidekäufer, GASC, kaufte vorige Woche 120.000 Tonnen russischen Weizen in einer Ausschreibung. Dabei blieb der Preis für den gekauften russischen Weizen jedoch noch unverändert", sagte SovEcon. Russland exportierte von 1. Juli letzten Jahres bis 11. Juni 2020 rund 35,6 Millionen Tonnen Getreide, was einem Rückgang von 14 Prozent gegenüber dem Vorjahr entspricht, sagte SovEcon. Davon entfielen 30,4 Millionen Tonnen auf Weizenexporte. Laut SovEcon lagen die Getreideexporte im Juni nur noch bei 0,8 Millionen Tonnen, einschließlich 0,5 Millionen Tonnen Weizen.

Deutsche Kassapreise geben nach

Getreide und Geld

Bis zuletzt lief der europäische Weizenexport sehr gut und hat damit die Preise am Binnenmarkt gestützt – auch wenn der sehr feste Euro jetzt auf die Preise drückt. Insgesamt haben die Europäer bis zum 14. Juni rund 34,8 Millionen Tonnen Weizen exportiert. Das sind 13,4 Millionen Tonnen bzw. 62 Prozent mehr als im vorigen Jahr.

Größter Exporteur ist Frankreich mit 11,8 Millionen Tonnen, gefolgt von Rumänien mit 5,2 Millionen Tonnen. Deutschland kommt immerhin auf Ausfuhren von 4,6 Millionen und Polen verschiffte 3,1 Millionen Tonnen. Hauptnehmer für europäischen Weizen waren zuletzt Algerien, Saudi-Arabien, Marokko, Ägypten und China.

Am deutschen Kassamarkt folgen die Preise den Vorgaben vom Terminmarkt und geben jetzt nach – auch wenn der physische Handel sehr dünn ist. Am Hamburger Großmarkt und Exporthafen wurde Brotweizen am heutigen Dienstag mit 196 Euro je Tonne notiert – das sind 4 Euro weniger als in der vorigen Woche. Die Angebote für den Weizen der neuen Ernte lagen bei 188 Euro je Tonne und damit um einiges höher als am Terminmarkt.

An den ostdeutschen Großmärkten wurden vergleichbare Qualitäten der alten Ernte mit durchschnittlich 180 Euro je Tonne notiert – und die neue Ernte mit etwa 172 Euro je Tonne. Auch hier waren die Preise 3 bis 4 Euro niedriger als vor einer Woche.

Futtergerste wurde in Hamburg mit 160 Euro je Tonne notiert und damit etwa 1 Euro unter dem Niveau der Vorwoche.

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