Am europäischen Terminmarkt rutschen die Kurse für den Septembertermin heute bis auf 183,50 Euro je Tonne nach unten. Noch vor wenigen Tagen lagen die Weizenpreise für den Septembertermin bei 190 Euro und im April sogar noch höher. Doch das scheint zunächst einmal vorbei zu sein. In Chicago hat der Weizen heute die psychologisch wichtige 500-Cent-Marke nach unten durchbrochen.
Dabei gibt es für den US-Weizen witterungsbedingt eigentlich genügend Gründe, nach oben zu klettern. Ursache für den Preisrutsch sind die ausgesprochen bärischen Prognosen aus dem aktuellen USDA-Report. In seinem ersten Ausblick erwartet das USDA die neuen Weizenernten bei fast allen wichtigen Exporteuren größer als in der zurückliegenden Saison.
Die große Ausnahme ist die EU, wo die Produktion wegen eines kräftigen Anbau-Rückgangs und schwacher Erträge erheblich kleiner ausfällt als im vorigen Jahr. Den europäischen Weizenpreisen hilft diese Nachricht jedoch erst einmal nicht – denn die globale Weizenernte wächst auf einen neuen Rekordstand. Und auch die weltweiten Weizen-Bestände sowie der Export erreichen neue Höchstmarken.
Hinzu kommt: Russland löst die Europäer in der neuen Saison wieder als größter Weizen-Exporteur ab. Um fast 7 Mio.Tonnen, auf nur noch 28,5 Mio. Tonnen, schrumpfen die europäischen Weizenausfuhren in der kommenden Saison, glaubt jedenfalls das USDA.
Dabei waren der sehr starke Export der Europäer – und der schwache Euro – die entscheidenden Gründe für die hohen Weizenpreise am europäischen Binnenmarkt. Diese lagen für den Weizen der alten Ernte am Terminmarkt zeitweise deutlich über der magischen 200-Euro-Marke. Der auslaufende Maikontrakt ging am europäischen Terminmarkt noch vor wenigen Tagen mit 206 Euro je Tonne aus dem Handel. Daran ist derzeit nicht mehr zu denken.
Regen drückt auf die Weizenpreise in Europa und Russland

"Bei den fallenden Weizenpreisen geht es auch um das Wetter in der Europäischen Union und in Russland. In beiden Regionen haben sich die Produktionsaussichten für die neue Ernte durch die jüngsten Regenfälle erheblich verbessert“, sagt der Analyst Jack Scoville. Die Wettersituation in den USA, wo es in den maßgeblichen südlichen Weizen-Anbaugebieten zuletzt sehr trocken und heiß war, wird vom Markt derzeit jedoch ignoriert. Denn auch in den USA stürzen die Weizenpreise deutlich ab.
Seit Ende April sind die US-Weizenpreise um 10 Prozent gefallen. Allerdings gibt für den US-Weizen jetzt auch Prognosen für Regenschauer am Wochenende. Das könnte den Preisdruck nochmals erhöhen. Das USDA schätzt die neue US-Weizenernte aber nur auf knapp 51 Mio. Tonnen und damit sogar etwas kleiner als im vorigen Jahr – Grund sind die deutlich schwächeren Erträge.
Für die Europäer geht das USDA von einer Weizenernte (Hart- und Weichweizen) von nur noch 143 Mio. Tonnen aus – Im Vergleich zu den 155 Mio. Tonnen im vorigen Jahre. Das ist ein starker Rückgang von 12 Millionen Tonnen. Ursachen für diesen Einbruch sind ein witterungsbedingter (sehr nasser Herbst) Anbaurückgang von fast 1 Millionen Hektar und dazu noch ziemlich schwache Erträge.
Eigentlich müsste dieser starke Angebotsrückgang den europäischen Weizenpreisen helfen, doch die Zuwächse bei den anderen großen Exporteuren – Russland, Kanada, Australien, Argentinien – sind einfach zu hoch – und die Ukraine rechnet mit der zweitgrößten Ernte überhaupt. Die russische Weizenernte wird bei 77 Mio. Tonnen erwartet und damit gut 3 Mio. Tonnen größer als im vorigen Jahr.
Die russischen Exporte dürften deshalb auf 35 Mio. Tonnen anwachsen. Damit werden die Russen die Europäer – mit Ausfuhren von 28,5 Mio. Tonnen – deutlich hinter sich lassen. Mögliche russische oder ukrainische Exportbeschränkungen sind mit diesen Prognosen wohl ebenfalls vom Tisch.
Kassamarkt: Brotweizen verliert 8 Euro
Noch läuft der europäische Weizenexport jedoch auf Hochtouren und stützt die Preise für die alte Ernte – auch wenn es zuletzt auch hier spürbare Korrekturen nach unten gab. Insgesamt haben die Europäer bis zum 10. Mai bereits 30,8 Millionen Tonnen Weizen exportiert. Das sind 11,5 Millionen Tonnen bzw. 60 Prozent mehr als im vorigen Jahr.
Größer Exporteur ist Frankreich mit 9,9 Millionen Tonnen, gefolgt von Rumänien mit 4,8 Millionen Tonnen. Deutschland kommt jetzt auf Ausfuhren von 4,0 Millionen und Polen verschiffte 2,9 Millionen Tonnen Weizen. Hauptnehmer für europäischen Weizen waren Algerien, Saudi-Arabien, Marokko, Ägypten und China. Die Exportpreise hatten sich zuletzt stabilisiert – dürften angesichts des fallenden Terminmarktes aber weiter nachgeben.
Am deutschen Kassamarkt folgen die Preise den Vorgaben vom Terminmarkt – auch wenn angesichts der fallenden Kurse kein physischer Handel stattfindet. Am Hamburger Großmarkt und Exporthafen wurde Brotweizen am Donnerstag (14.05) mit 198 Euro je Tonne notiert – und damit 8 Euro niedriger als in der vorigen Woche. Die Angebote für den Weizen der neuen Ernte lagen heute Nachmittag immerhin bei 190 Euro je Tonne und damit um einiges höher als am Terminmarkt.
An den ostdeutschen Großmärkten wurden vergleichbare Qualitäten der alten Ernte mit durchschnittlich 182 Euro je Tonne notiert – und die neue Ernte mit 174 Euro je Tonne. Auch hier sind die Preise etwa 8 Euro niedriger als vorige Woche. Futtergerste wurde in Hamburg am heutigen Donnerstag mit 163 Euro je Tonne gehandelt und damit etwa 2 Euro unter dem Niveau der Vorwoche.
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