Der auslaufende Maitermin erreicht am europäischen Terminmarkt erneut die 200-Euro-Marke. Die Preise für die neue europäische Ernte kletterten auf 187 Euro je Tonne nach oben. Ursache dürfte die anhaltend starke globale Exportnachfrage sein – und die witterungsbedingten Korrekturen an den Weizenernten am Schwarzen Meer.
Zwar hat es zuletzt in der Ukraine und in Russland ebenso geregnet wie in Europa – was die Preise unter Druck setzte – doch bleiben die Analysten hinsichtlich der positiven Auswirkungen dieser Regenfälle vorsichtig.
Hinzu kommen offenbar erhebliche Spätfrostschäden beim US-Weizen und möglichweise ein neuer Handelskrieg der USA mit China – mit neuen Exportzöllen. Die Ukraine hat die neue Getreideernte zuletzt jedenfalls nach unten geschätzt, während Russland bislang noch von einer sehr großen neuen Ernte ausgeht.
Die für Mai eigentlich erwarteten Export-Beschränkungen haben beide Länder – bisher –nicht verhängt. Sollte es jedoch noch dazu kommen, haben die Weizenpreise bis zu neuen Ernte noch reichlich Luft nach oben.
Regen in Europa und am Schwarzen Meer
Der Regen in Europa und am Schwarzen Meer hatte die Weizenpreise am Weltmarkt kräftig unter Druck gesetzt. Wie viel die Niederschläge wirklich geholfen haben, muss sich aber erst noch zeigen. Für die ausgedörrten Felder in der Ukraine und im Süden Russland war der Regen nach Meinung der meisten Analysten bitter nötig.
"Zusammenfassend lässt sich sagen, dass der Regen die Trockengebiete am Schwarzen Meer etwas schrumpfen lässt. Dennoch sind die von Niederschlagsmangel betroffen Regionen immer noch groß genug, um den Weizenmarkt zu beunruhigen“, sagt Tobin Gorey, von der Commonwealth Bank of Australia.
Vorige Woche hatte das ukrainische Landwirtschaftsministerium die neue Weizenernte gegenüber der vorigen Schätzung um 2,2 Mio. Tonnen auf 24,5 Millionen Tonnen gesenkt. Gegenüber dem Vorjahr wäre dies ein Rückgang von 4,6 Millionen Tonnen.
Das Wetter in den südlichen Regionen Russlands war zuletzt ebenfalls sehr trocken, berichte die russische Analystenfirma SovEcon. Mancherorts – wie in der Region Rostow - könnte der Regen zu spät für den von langer Trockenheit geschädigten Winterweizen gekommen sein, sagte SovEcon. Auch an der Wolga und in Zentralrussland hat der Weizen bereits erheblich unter Trockenheit gelitten.
Russland exportiert weniger, Ukraine hat noch Luft
Die für den Zeitraum April bis Juni von den russischen Behörden festgelegt Export-Quote von 7 Millionen Tonnen, war eigentlich am 26. April erreicht. Doch die russischen Behörden haben bislang nicht auf das Erreichen der Quote reagiert. Russlands Getreideexporte beliefen sich im April nach Angaben der Analystenfirma SovEcon auf rund 4 Millionen Tonnen.
Russlands inländische Weizenpreise sind zuletzt jedoch gefallen, weil die Nachfrage der Exporteure stark zurückging und einige von ihnen sogar Getreide an den heimischen Markt zurück verkauften, berichtet SovEcon. Das russische Landwirtschaftsministerium hat seit Beginn des Verkaufs aus den staatlichen Lagerbeständen am 13. April bereits 1,1 Millionen Tonnen Getreide auf dem heimischen Markt verkauft. Das Ministerium plant, bis zu 1,5 Millionen Tonnen Getreide zu verkaufen, um die Verbraucherpreise für Mehl und Brot zu dämpfen.
Die Ukraine hat bis Ende April schon 50,9 Mio. Tonnen Getreide und Hülsenfrüchte auf dem Weltmarkt abgesetzt, ein Anstieg von 8 Mio. Tonnen gegenüber dem Vorjahr. Dabei beliefen sich die Exporte von Weizen auf 19,1 Mio. t, von Gerste auf 4,7 Mio. t und von Mais auf 26,4 Mio.Tonnen. Damit ist die mit den Getreideexporteuren in einem Exportmoratorium vereinbarte Obergrenze von 20,2 Mio. Tonnen jedoch noch nicht erreicht. Wirtschaftsminister Ihor Petrashko sagte am Dienstag, man will im Juli mit den Händlern eine neue Exportobergrenze für die Saison 2020/21 vereinbaren.
Sehr große russische Ernte, Frostschäden in den USA
Trotz der Trockenheit in Südrussland erwartet die Russische Getreideunion (RGU) eine sehr große Weizenernte von fast 80 Mio.Tonnen. Diese Erntemenge würde auch die sehr guten Ergebnisse des vorigen Jahres deutlich übertreffen, sagte der Präsident der RGU, Arkadiy Zlochevskiy. Nach Einschätzung der RGU wird die neue Getreideernte in Russlandzwischen 115 bis 130 Mio. Tonnen liegen.
Der Internationale Getreiderat (IGC) hat seine Prognose für die weltweite Weizenernte in der Saison 2020/21 am Ende der vorigen Woche indessen gesenkt. Als Gründe wurden hier die witterungsbedingten Abwärtskorrekturen für Russland, die Ukraine und die Europäische Union genannt.
Hinzu kommt: In den USA hat sich das Crop-Monitoring für den Weizen zuletzt verschlechtert, was offenbar die Frostschäden von Mitte April widerspiegelt. In einigen wichtigen Regionen wie Colorado und Kansas ist es zudem sehr trocken. Die Wetter-Prognosen erwarten für den US-Weizen zudem noch mehr Hitze und Trockenheit.
Der Markt hat allerdings in den letzten zwei Wochen den größten Teil seiner Wetterprämie verloren, aber die problematischen Bedingungen in den USA und die rückläufigen Ertragsaussichten am Schwarzen Meer dürften den Preisen erneut Unterstützung bieten.
Europa: Weizenexport geht durch die Decke
Aufgrund der rückläufigen Exporte am Schwarzen Meer und der weiter boomenden Nachfrage nach Weizen am Weltmarkt, läuft der Weizenexport der Europäer weiterhin hervorragend. Insgesamt haben die Europäer bis zum 03. Mai bereits 30,3 Millionen Tonnen Weizen in Drittländer verkauft. Das sind 11,5 Millionen Tonnen bzw. 62 Prozent mehr als im vorigen Jahr.
Größer Exporteur ist Frankreich mit 9,8 Millionen Tonnen, gefolgt von Rumänien mit 4,8 Millionen Tonnen. Deutschland kommt immerhin auf Ausfuhren von 3,8 Millionen und Polen verschiffte trotz kräftig steigender Binnenmarktpreise 2,8 Millionen Tonnen. Hauptnehmer für europäischen Weizen waren zuletzt Algerien, Saudi-Arabien, Marokko, Ägypten und China.
Die Exportpreise sind wegen der Regenfälle am Schwarzen Meer und vor allem in Europa zuletzt kräftig gefallen – dürften diese Woche jedoch wieder anziehen. Ende der vorigen Woche wurde der Brotweizen an den französischen Exporthäfen für 218 USD je Tonne verladen – das waren rund 10 USD weniger als in der Woche zuvor.
Am Schwarzen Meer lagen die Weizenpreise zwar deutlich höher als in Frankreich - aber zur Vorwoche ebenfalls 4 USD niedriger – bei 228 USD je Tonne. In den USA kostete der Chicago-Weizen an den Häfen am US-Golf ebenfalls 228 USD je Tonne und damit 10 USD weniger als in der Woche zuvor.
Futtergerste wurde in Frankreich vorige Woche für 177 USD je Tonne verladen und exportiert und damit 9 Euro billiger als eine Woche zuvor. Am Schwarzen Meer lagen die Exportpreise für Futtergerste bei 181 USD je Tonne – und damit fast so hoch wie in der Woche zuvor.
Hier ist Ihre Meinung gefragt
Werden Sie Teil unserer Community und diskutieren Sie mit! Dazu benötigen Sie ein myDLV-Nutzerkonto.