
Die Gründe für diese außergewöhnliche und noch nie dagewesene Preissituation liegen auf der Hand: Der globale Mangel an Getreide und der Ukraine-Krieg haben die konventionellen Getreidepreise auf neue Rekordmarken getrieben. Die meisten Preise, wie etwa für Brotweizen, Roggen und Hafer, haben sich im Vergleich zum vorigen Jahr verdoppelt. Und da war das Preisniveau mit rund 250 Euro je Tonne Weizen langfristig gesehen auch schon nicht schlecht.
Doch jetzt liegen die Preise für konventionellen Weizen und Roggen im Großhandel zum Teil weit über 400 Euro und nahe an den Biopreisen. Roggen und Hafer sind bereits teurer als Bioware. Die Biopreise sind für Roggen und Weizen im Vergleich zum Vorjahr zwar ebenfalls gestiegen, denn auch hier ist die Versorgungslage angespannt. Doch der Anstieg hält sich, außer bei Futterweizen, in Grenzen und zeigt auch, dass man deutlich höhere Preise im Handel für Bioprodukte offenbar nicht mehr so einfach „durchdrücken“ kann.
Denn: Die Preise für Bioprodukte sind im Einzelhandel schon sehr hoch und lassen vor dem Hintergrund stark steigender Lebensmittelpreise wenig Spielraum für weitere kräftige Preiserhöhungen. So steigen die Biopreise zwar ebenfalls, aber deutlich moderater. Das zeigt sich auch auf der Erzeugerebene: Hier hat sich etwa Brotweizen im Biobereich um rund 60 Euro auf zuletzt 495 Euro verteuert. Die Preise für konventionellen Brotweizen sind im Jahresvergleich jedoch um 200 Euro auf rund 440 Euro gestiegen.
Biogetreide profitiert kaum von der globalen Rallye

Hinzu kommt ein weiteres Problem: Die Getreidemärke funktionieren weltweit wie kommunizierende Röhren. Das heißt, die regionalen Preise bilden immer auch die Situation an den globalen Märkten ab. Nicht so am Ökomarkt: Dieser ist ausdrücklich gewollt ein lokaler Markt, obwohl jedoch auch hier Ware importiert wird – und oft nicht zu knapp. Diese Importe unterliegen jedoch strengen Auflagen, was Produktion und Herstellung betrifft. Damit schrumpft die Möglichkeit, zwischen beiden Märkten Waren auszutauschen, auf Null.
In der Vergangenheit hat dies lediglich die sogenannte Umstellerware bei Futtergetreide geschafft. Mit dieser konnten Bio-Neubauern eine Zeitlang eingeschränkt handeln – allerdings zu deutlich niedrigeren Preisen. Zudem war es in der Vergangenheit ein Credo der Biobranche, dass die etwa doppelt so hohen Biogetreidepreise auch aufgrund des spezifischen abgeschlossenen Systems des Biomarkts möglich sind – und wegen eines ausreichend aufnahmefähigen Einzelhandels.
Dies ist nun vor dem Hintergrund der explodierenden Nahrungsmittelpreise und der sehr hohen übrigen Kosten für Verbraucher nicht unbedingt der Fall. Wie die Daten der AMI zeigen, sind die Ausgaben privater Haushalte für Biolebensmittel in der Coronakrise stark gestiegen: Teilweise um 30 % und mehr. Das war nach den gleichen Daten bereits Ende 2021 nicht mehr der Fall und 2022 könnte sich diese Entwicklung in ihr Gegenteil verkehren. Denn die Verbraucher müssen sparen, bei Energie und bei Lebensmitteln.
Kosten bei Biobauern stärker gestiegen als die Preise
Ein Problem haben Biobauern und konventionelle Länderwirte gemeinsam: Die Kosten für die Produktion sind enorm gestiegen, auch wenn die Biobauern keinen Mineraldünger und keinen chemischen Pflanzenschutz einsetzen. Denn: Die deutlich höheren Erlöse fangen bei den konventionellen Landwirten einen Teil der Kosten auf, während das bei den Biobauern kaum der Fall sein dürfte. Hier sind die Kosten deutlich stärker gestiegen als die Preise, und wirtschaftlich wird das für die Biobauern ein sehr schwieriges Jahr.
Vor allem auch, weil die Erträge bei Brotgetreide im Schnitt nur halb so hoch sind wie bei den konventionellen Getreidebauern. Damit schlagen die Kosten sozusagen doppelt zu Buche. Aber noch einmal zu den Preisen: Bei Weizen lag der Preis für konventionelle Ware am Großmarkt Hamburg zuletzt bei knapp 440 Euro und damit etwa 60 Euro unter dem von der AMI ermittelten Preis für Biobrotweizen.
Bei Futterweizen betrug der Abstand zwischen Bio und konventionell nur noch 7 Euro und bei Roggen und Hafer war die konventionelle Ware bereits teurer. So lagen die konventionellen Roggenpreise in Hamburg bei 410 Euro und bei Biogetreide nach den Erhebungen der AMI nur bei 390 Euro. Für Hafer bekamen die Lieferanten am Hamburger Großmarkt 385 Euro je Tonne – und für Biobauern wurden Im Schnitt 362 Euro gezahlt. Sehr hohe Preise erlösten die Biobauern vor allem bei Dinkel, hier wurden nämlich 525 Euro je Tonne ausgezahlt.
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