
Die Ernteprognose des US-Landwirtschaftsministeriums (USDA) hatte die Getreidepreise vorige Woche vorübergehend auf Talfahrt geschickt. Händler und Analysten reagierten enttäuscht, denn sie hatten mit einem deutlich stärkeren Rückgang der Bestände an Mais und Sojabohnen gerechnet, nachdem China seit Monaten riesige Mengen Mais und Soja kauft. Die Getreidepreise stabilisierten sich aber bereits am vorigen Donnerstag wieder und legten am Freitag sogar erneut zu.
Die Konsolidierung deutet darauf hin, dass sehr viele spekulative Positionen glattgestellt wurden, und die Preise sich nun auf der Grundlage der derzeit vorliegenden fundamentalen Daten auf hohem Niveau stabilisieren, sagen Analysten.
Die US-Mais-Futures stiegen am Freitag wieder deutlich höher und konsolidierten sich nach einer sehr volatilen Woche, in der die Preise allerdings von einem 7,5-Jahreshoch abrutschten. Sojabohnen notierten ebenfalls wieder fester, trotz der nach oben korrigierten Ernten in Südamerika, die den Markt aufgrund des extrem langsamen Erntetempos in Brasilien aber nicht erreichen.
Gleichzeitig dürfte die Nachfrage nach den aktuellen chinesischen Neujahrsferien wieder stärker anspringen.
Viele Importeure kaufen aus Angst vor Knappheit und Corona

Die extremen Ernteverzögerungen in Brasilien, dem weltweit führenden Sojabohnenproduzenten, führen dazu, dass viele Importeure, allen voran China, länger als gewöhnlich in den USA einkaufen. Die anhaltend hohe Nachfrage nach US-amerikanischen Sojabohnen, Mais und Weizen, könnte nach Einschätzung von Analysten fortdauern und damit auch die Getreidepreise auf dem sehr hohen Niveau halten.
Eine Ursache ist die coronabedingt hohe Nahrungsmittelinflation in vielen Ländern – wie etwa in China, Russland und Argentinien. Diese Länder versuchen ihre Vorräte an Grundnahrungsmitteln aufzustocken und – wie der größte Weizenexporteur Russland – den Handel zu unterbinden.
Brasilien erntet seine Sojabohnen normalerweise in den ersten drei Monaten des Jahres, was üblicherweise ein Ende der Dominanz der US-Exporte bedeutet. Dieser Prozess wurde jedoch durch eine Dürre in Südamerika verzögert, die die Aussaat der Bohnen erheblich verlangsamt hatte. Nun kommen zur Erntezeit massive Regenfälle hinzu. Die brasilianischen Exporte von Sojabohnen wurden für Januar nur mit 49.500 Tonnen angegeben – das ist nur ein Bruchteil der sonst üblichen Menge, und reicht nicht einmal aus, um ein einzelnes Schiff zu füllen, berichten Händler.
Die Sojabohnenproduktion in Brasilien wird voraussichtlich 2020/21 dennoch einen Rekordwert von 133,8 Millionen Tonnen erreichen, teilte das brasilianische Landwirtschaftsamt Conab am Donnerstag mit. Die erwartete Maisernte Brasiliens lag bei 105,5 Millionen Tonnen, 3,2 Millionen Tonnen über der Januar-Prognose. Hintergrund sind die erheblichen Anbauausweitungen bei beiden Kulturen. Das USDA hatte die brasilianische Sojaernte am Dienstag unverändert auf 133 Millionen Tonnen geschätzt und die Maisernte – ebenfalls unverändert – auf 109 Millionen Tonnen.
China wird wohl weiter sehr große Mengen kaufen

Brasiliens Lieferungen dürften sich erst im März normalisieren, glauben viele Analysten. Dies könnte dann aber an den brasilianischen Häfen zu Chaos führen, da Sojabohnen bis März und April mit Zucker um die begrenzte Ladekapazität konkurrieren werden, heißt es weiter.
Damit ergeben sich für die USA weitere große Exportchancen, denn Argentiniens Sojaernte beginnt erst im März. Viele Importländer haben während der Pandemie den Kauf von Getreide und Ölsaaten verstärkt, um mögliche Störungen beim Transport oder weitere Preiserhöhungen bei Agrarrohstoffen zu vermeiden.
China kauft außerdem deutlich mehr Getreide und Ölsaaten aus Süd- und Nordamerika, um genügend Futter für seine Schweinebestände zu haben. Derzeit wächst die Schweineherde deutlich schneller als zuvor erwartet. Chinas Maispreise werden deshalb 2020/21 weiter hoch bleiben, angetrieben durch die starke Nachfrage des Schweinesektors und die Knappheit am Binnenmarkt , teilte das chinesische Landwirtschaftsministerium am vorigen Dienstag mit.
In Erwartung eines anhaltenden Anstiegs der Getreidepreise bauen chinesische Käufer weiter Maisvorräte auf, teilte das Ministerium für Landwirtschaft und ländliche Angelegenheiten in einem monatlichen Bericht mit. Das Ministerium hatte seine Februar-Prognosen für die Produktion, den Verbrauch und die Importe von Mais im Vergleich zum Vormonat nicht geändert.
Argentinien: Regen sorgt für steigende Ernteprognosen

Die jüngsten Regenfälle in Argentinien haben dazu beigetragen, die Prognosen für die Ernte von Sojabohnen und Mais zu verbessern, schreibt die argentinische Getreidebörse Rosario in ihrem Marktbericht. Die Prognose für die Sojabohnenernte 2020/21 wurde auf 49 Millionen Tonnen gegenüber 47 Millionen erhöht und für Mais setzt man die Ernte von 46 Millionen auf 48,5 Millionen Tonnen nach oben.
Das USDA hatte die argentinische Sojaernte am Dienstag unverändert auf 48 Millionen Tonnen geschätzt und die Maisernte – ebenfalls unverändert – auf 47,5 Millionen Tonnen.
Die Getreidebörse schreibt in ihrem Monatsbericht, dass die Regenfälle in den letzten Wochen ein Wendepunkt in der Saison gewesen seien und die großen Sorgen über eine Wiederholung der extremen Dürre von 2018, die sehr schwere Ernteverluste verursachte, nicht mehr bestünden.
Argentinien ist der weltweit größte Exporteur von Sojaöl und dem wichtigsten Eiweißfutter Sojaschrot und zugleich der drittgrößte Maisexporteur. Doch die ausbleibenden Niederschläge aufgrund des Wetterphänomens La Nina hatten für große Verunsicherung an den Märkten gesorgt. Die Niederschläge gegen Ende Januar haben den Zustand der Sojabohnenfelder in weiten Teilen Argentiniens aber verbessert, schreibt die andere wichtige argentinische Getreidebörse aus Buenos Aires in ihrem wöchentlichen Erntebericht am Donnerstag.
Hier ist Ihre Meinung gefragt
Werden Sie Teil unserer Community und diskutieren Sie mit! Dazu benötigen Sie ein myDLV-Nutzerkonto.