Getreidepreise: China kauft Weizen in Frankreich – trotz hoher Preise


Die europäischen Getreidepreise sind deutlich höher als am Schwarzen Meer. Trotzdem kauft China Weizen und Gerste in Frankreich.
Andere Abnehmer gibt es wegen der im Vergleich hohen Preise in Europa und wegen des sehr stark aufgewerteten Euros derzeit aber kaum. Die Europäer sind gegenüber Russland und der Ukraine – und wohl auch gegenüber Kanada und Australien – einfach zu teuer.
Trotzdem steigen am europäischen Binnenmarkt die Getreidepreise. Denn die kleine Ernte sorgt für ein knappes Angebot – hinzu kommt die erwartete Angebotsverknappung in den USA. Dort hat ein schwerer Sturm im Mittelwesten große Mais- und Sojaflächen im wichtigsten Maisstaat Iowa verwüstet.
Trotz der hohen Ertrags- und Ernteprognosen in meisten anderen Bundesstaaten werden die Ausfälle im größten Maisland der USA wohl zu deutlichen Korrekturen der Erntebilanzen führen. Das war auch der Grund für die jüngste Rallye der Getreidepreise.
China kauft In Frankreich ein

Die lebhafte chinesische Nachfrage nach französischem Weizen und Gerste setzt sich in dieser Saison fort. Ein Grund ist der Handelskonflikt der Chinesen mit dem sonst wichtigsten chinesischen Getreidelieferanten Australien. Hier haben die Chinesen zum Beispiel sehr hohe Importzölle für australische Gerste verhängt.
Für die französischen Exporteure bedeutet die starke chinesische Nachfrage – nach der sehr kleinen französischen Weizen- und Gerstenernte - einen willkommenen Nachfrageschub, berichten Händler und Analysten. Für Weizen sollen in der ersten Hälfte des Wirtschaftsjahres 2020/21, das im Juli begann, schon rund ein Dutzend Panamax-Schiffe für den Versand nach China gebucht worden sein. Das entspricht nach Angaben von Händlern eine Weizenmenge von etwa 700.000 Tonnen. Andere Schätzungen liegen noch höher. "Die chinesische Nachfrage bleibt auch zu Beginn der neuen Saison dynamisch", sagte Nathan Cordier von der Beratungsfirma Agritel.
Bisher wurden allerdings erst rund 200.000 Tonnen französischer Weizen verschifft oder stehen kurz vor der Verladung, wie französische Hafendaten zeigen. Die Exportstatistik der EU-Kommission lässt erkennen, dass in den ersten 6 Wochen des neuen Wirtschaftsjahres erst knapp 100.000 Tonnen Weizen Frankreich verlassen haben – das ist ähnlich viel wie deutsche Exporteure in Drittländer verkauft haben und gleichzeitig deutlich weniger als der Schwarzmeer-Anrainer Rumänien mit 480.000 Tonnen zum Saisonstart bereits abgesetzt hat.
Großer Preisabstand zum Schwarzen Meer – bei Weizen und Gerste

Das kleine französische Angebot und die am Weltmarkt nicht sehr wettbewerbsfähigen französischen Weizenpreise haben schon dazu geführt, dass Frankreich in Algerien, dem sonst wichtigsten Absatzmarkt für Weizen, Marktanteile verliert. Hier könnten möglicherweise Russland und die Ukraine mehr Ware verkaufen – denn ihre Preise sind deutlich niedriger als die Kurse in Frankreich bzw. in Europa. Mitte August lagen die russischen Exportpreise fob-Schwarzmeerhafen bei 201 USD je Tonne und damit 16 USD niedriger als die Exportpreise am wichtigsten französischen Exporthafen Rouen mit 217 USD je Tonne.
Ein Grund für die hohen europäischen Preise ist neben der kleinen Ernte der sehr stark aufgewertete Euro, der das europäische Getreide am Weltmarkt deutlich teurer macht als die Ware von Schwarzem Meer. Die französischen Ausfuhren nach China werden zudem durch die nach oben begrenzten staatlichen chinesischen Zuschüsse für die chinesischen Importeure (Quotenzulage) begrenzt: Im freien Wettbewerb mit den Schwarzmeerländern oder Rumänien wäre der französische Weizen preislich kaum konkurrenzfähig.
Im Wirtschaftsjahr 2019/20 hatten die Franzosen immerhin 1,6 Millionen Tonnen Weizen nach China verkauft, berichten Händler. Deutsche Exporteure verfügen bislang weder für Gerste noch für Weizen die notwendigen phytosanitären Zertifikate für die Ausfuhr nach China. Gerste hat Frankreich in dieser Saison ebenfalls schon fast 700.000 Tonnen verschifft bzw. sie stehen kurz vor der Verladung nach China.
Einschließlich Ladungen für den späteren Versand rechnen Händler in der ersten Saisonhälfte mit dem Verkauf von mindestens 1 Million Tonnen mit französischer Gerste nach China. In den aktuellen Exportstatistiken der Kommission sind diese Mengen aber noch nicht zu sehen. Dort stehen für Deutschland Ausfuhren von 150.000 Tonnen und für Rumänien 230.000 Tonnen zu Buche. Im vorigen Wirtschaftsjahr hatte Frankreich 1,5 Millionen Tonnen Gerste nach China exportiert. Der Preis für Futtergerste am wichtigsten französischen Exporthafen Rouen lag Mitte August bei 198 USD je Tonne. Die Gerste vom Schwarzen Meer kostete zum gleichen Zeitpunkt nur 183 USD je Tonne und 15 USD weniger.
Weizenpreise ziehen wieder an

Am europäischen Terminmarkt sind die Weizenpreise zuletzt zeitweise bis auf 185 Euro je Tonne gestiegen. Auslöser war die Preisrallye in den USA und die aus dem Unwetter im Mittelwesten abgeleiteten Folgen für die Getreidemärkte und die globalen Getreidebilanzen. Nach einer zwischenzeitlichen Abwärts-Korrektur geht es jetzt zum Ende der Woche erneut um 2 Euro auf 183,50 Euro nach oben.
Am Hamburger Exporthafen hatten die Weizenpreise zuletzt deutlich verloren und notierten am Donnerstag bei 176 Euro je Tonne Weizen. Anfang August wurden am Hamburger Großmarkt noch 180 Euro geboten und Mitte Juli waren es 197 Euro. Allerdings dürften die Kassapreise den positiven Vorgaben vom Terminmarkt folgen und sich ebenfalls wieder etwas nach oben bewegen.
Für Futtergerste liegen die Preisangebote am Hamburger Hafen derzeit bei 160 Euro je Tonne und damit 3 Euro höher als in der vorigen Woche. Grund dürfte hier eine lebhafte Exportnachfrage sein. Für Brotroggen werden in Hamburg aktuell 158 Euro geboten und damit 2 Euro mehr als vor einer Woche.
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