Mit dem Beginn der Frühjahrsbestellung nimmt die Heftigkeit der Preisausschläge am Getreidemarkt zu.
Mindestens vier Dinge beeinflussen die Preisentwicklung an den Getreidemärkten jetzt besonders:
- Der Zustand der Wintersaaten und die daraus abgeleiteten Ernteschätzungen,
- die Aussaatflächen für Sommergetreide, Mais und Soja –
- und die bis zur neuen Ernte noch vorhandenen Lagerbestände, um die anhaltend hohe Exportnachfrage Chinas und anderer großer Importeure zu befriedigen.
- Hinzu kommt die schleppende Sojaernte und die extrem langsame Aussaat von Wintermais in Brasilien und Argentinien.
Beeinflusst wird das Ganze durch die ebenfalls heftig schwankenden Rohölpreise – die ein zusätzlicher Treiber für die Pflanzenöl- und Bioenergiepreise sind und nicht zuletzt durch mögliche (angekündigte) Markteingriffe Chinas. Alles zusammen ist ein explosiver Cocktail, der die weitere Preisentwicklung bei Getreide und Ölsaaten sehr volatil macht.
Fakt ist, wenn man sich die saisonalen Muster der Getreidepreise genauer anschaut: Der preisliche Höhepunkt der gewaltigen Getreidepreis-Rallye der letzten Monate dürfte hinter uns liegen. Den höchsten Stand erreichten die Getreidepreise auch im Mittel der letzten 10 Jahre üblicherweise von Januar bis März – dann ging es bis zur neuen Ernte meist steil nach unten – egal wie hoch das Preis-Niveau insgesamt war.
Weizen: Kassapreise höher als am Terminmarkt – starke Nachfrage

Noch sind die Getreide- und Ölsaatenpreise aber ziemlich hoch – und manches spricht dafür, dass das noch einige Zeit so bleibt. Doch die Gefahr von Rückschlägen wird immer größer und Nervosität der Händler und der Landwirte ist angesichts des hohen Preisniveaus und der möglichen Verluste bei Preisabstürzen ebenfalls sehr groß.
Die Weizenpreise am europäischem Terminmarkt sind zuletzt jedenfalls von ihrem 7-Jahreshoch, das sie Anfang März erreicht hatten, zurückgefallen – und behaupten sich für den vorderen Maitermin derzeit bei etwa 220 Euro je Tonne. Die neue Weizen-Ernte wird seit einiger Zeit relativ stabil mit 198 Euro gehandelt.
Doch wie sieht es am Kassamarkt aus? Am Hamburger Exporthafen werden für den dort angelieferten Brot-Weizen 232 Euro je Tonne geboten – und damit 12 Euro mehr als der Terminmarkt notiert – für den Mai bewegen sich die Angebote noch etwas höher bei 235 Euro je Tonne. Das kann nur heißen: Der Weizen ist knapp und der Export läuft offenbar sehr gut – nicht nur in Drittländer sondern auch auf die britischen Inseln, für die Deutschland der wichtigste Lieferant ist.
Die EU-Kommission meldet für Deutschland bis zum 11. März Weizenexporte in Drittländer von 2,2 Millionen Tonnen – und bei Gerste immerhin Ausfuhren von 1,1 Millionen Tonnen. Nach einem sehr langsamen Beginn, ist das eine deutlicher Anstieg der Ausfuhrmenge und mit Blick auf die gebotenen Preise eine spürbare Belebung der Nachfrage nach heimischen Getreide – zum Vorteil der Landwirte.
Die Hamburg gebotenen Preise für Futtergerste liegen derzeit etwa bei 200 Euro. Das sind zwar gut 10 Euro weniger als zum Beginn des Monats, aber noch immer ein sehr hohes Niveau.
Sehen Sie auf agrarheute die aktuellen Weizenpreise im Marktbereich ein.
Russland: Höhere Ernteschätzung und Aufhebung der Restriktionen

Etwas unter Druck geraten waren die Exportpreise zuletzt wegen der Meldungen über einen verbesserten Zustand des Winterweizens in den Hauptanbaugebieten der USA und über nach oben korrigierte Ernteschätzungen in Russland. So hat die russische Landwirtschaftsberatung Sovecon ihre Prognose für die Weizenernte 2021 in Russland von zuvor erwarteten 76,2 Millionen Tonnen auf jetzt 79,3 Millionen Tonnen angehoben.
Außerdem wird in Russland darüber diskutiert, dass die Exportrestriktionen abgemildert oder aufgehoben werden. Die Nachrichtenagentur Interfax hatte Landwirtschaftsminister Dmitri Patrushev zitiert, der offenbar gesagt hatte, dass Russland bereit ist, die Getreideexporte nicht mehr zu regulieren, wenn sich der Markt weiter stabilisiert.
Das europäische Analystenhaus Strategie Grains hat zudem am vorigen Donnerstag seine monatliche Prognose für Weichweizenexporte aus der Europäischen Union und Großbritannien in der Saison 2020/21 um 900.000 Tonnen auf 25,2 Millionen gesenkt. Erklärt wurde das mit dem derzeitigen Nachfragerückgang Chinas.
Dahinter stecken schwächere Einkäufe der Chinesen in Frankreich – nachdem man in der ersten Hälft des Wirtschaftsjahres große Mengen Weizen in Frankreich gekauft hatte – könnten die Chinesen nun billigeren Weizen aus Australien beziehen – denn dort gab es die größte Getreideernte aller Zeiten.
China kauft weiter gewaltige Mengen Mais – plant aber Restriktionen

Doch ob das wirklich so kommt, ist nicht sicher, denn zuletzt hat China wieder riesige Mengen Mais und Sojabohnen in den USA gekauft. In der vorigen Woche kaufte China in nur drei Tagen fast 3,1 Millionen Tonnen Mais in den USA. Und auch in den Wochen davor wurden wöchentlich große Mengen eingekauft, was die bisherigen Handelserwartungen der Amerikaner übertrifft und sich eigentlich in den Bestandsdaten niederschlagen müsste.
Wegen des akuten Futtermangels hatte das chinesische Landwirtschaftsministerium eine Kampagne gestartet, um den Einsatz von Mais und Sojamehl im Tierfutter zu reduzieren, berichtete die Nachrichtenagentur Reuters in der vorigen Woche. Dort werden Tierfutterproduzenten aufgefordert bis Ende dieses Monats Leitlinien für die Ersetzung von Mais und Sojamehl durch alternative Getreidearten auszuarbeiten, heißt es.
Sollte es zu solchen Restriktionen kommen, könnte das den Markt erheblich beeinflussen. Die Maispreise am europäischen Terminmarkt notierten für den vorderen Junikontrakt zuletzt bei 215 Euro je Tonne – und für die nächste Ernte im Herbst bei 186 Euro je Tonne. In Südoldenburg wurde für den dort angelieferten Mais etwas mehr als 230 Euro je Tonne geboten.
Ölsaaten: Heftige Schwankungen gehen weiter

Der jüngste Regen in Argentinien, von dem erwartet wird, dass er die Ertragsverluste bei Sojabohnen begrenzte, hat die Ölsaatenmärkte zunächst unter Duck gesetzt – am Freitag ging es dann jedoch wieder steil nach oben. Die wichtigsten landwirtschaftlichen Region Argentiniens werden nämlich für den Rest des Monats kaum noch Regen erhalten, teilte die Getreidebörse von Buenos Aires mit.
Die Sojabohnenimporte Chinas aus Brasilien gingen indessen sehr stark zurück, wie chinesische Zolldaten zeigten, da der Regen die Ernte und damit auch die Exporte Brasiliens stark verzögert. China, der größte Importeur von Sojabohnen, kaufte von Januar bis Februar 1,03 Millionen Tonnen Sojabohnen in Brasilien ein, was einem Rückgang von fast 80 % gegenüber dem Vorjahr entspricht. Gleichzeitig haben sich die chinesichen Einkäufe in den USA auf 11,9 Millionen Tonnen fast verdoppelt.
Die erneute Ausbreitung der afrikanischen Schweinepest in China sorgt zudem für massive Zweifel an der raschen Erholung des Schweinebestandes des Landes. Das hat natürlich auch Einfluss auf die weitere Entwicklung der Importe von Sojabohnen und anderen Ölsaaten. Am chinesischen Terminmarkt in Dalian sind die Preise für Sojaschrot seit Januar jedenfalls um 15 Prozent gefallen – haben sich zuletzt aber wieder gefangen und notieren bei etwa 3.235 Yan je Tonne (418 Euro je Tonne).
Am Hamburger Importhafen wird Sojaschrot für 383 Euro verladen – das sind ebenfalls reichlich 15 Prozent weniger als im Januar mit Rekordpreisen von 461 Euro je Tonne.
Die Rapspreise am europäischen Terminmarkt haben sich nach einer heftigen Korrektur zuletzt wieder erholt und notieren bei 517 Euro je Tonne – die neue Ernte kostet 442 Euro je Tonne. Am Hamburger Großmarkt wurde Raps Ende der letzten Woche mit 507 Euro je Tonne notiert.
Im Marktbereich von agrarheute können Sie den aktuellen Erzeugerpreis für Raps einsehen.
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