Die Getreidepreise steigen und steigen. Der Markt erwartet offenbar: Das globale Angebot bleibt bis zur nächsten Ernte knapp. Und es wird möglicherweise noch knapper. Das zeigen jedenfalls die Preise. Zuletzt haben neben den russischen Exportrestriktionen auch Berichte über anhaltend hohe Importe wichtiger Länder die Getreidepreise weiter nach oben angetrieben.
Ende der vorigen Woche kamen zudem Meldungen über schwere Schneefälle und Störungen der Transport- und Lagerlogistik in den großen nordchinesischen Getreideproduktions-Zentren hinzu. Und außerdem sorgen schwere und anhaltende Regenfälle vor Getreideernte in Australien – im einzigen wichtigen Exportland mit einer großen Getreideernte - für wachsende Sorgen hinsichtlich der Qualität der unmittelbar bevorstehenden Ernte. Die Getreidepreise in Australien sind jedenfalls – trotz der sehr groß erwarteten Ernte – in der vorigen Woche auf einen neuen Rekordstand geklettert.
Ähnliche Meldungen kommen auch vom Schwarzen Meer und von den europäischen Handelsplätzen. Und zum Beginn der neuen Woche sieht es erneut nach steigenden Getreidepreisen aus. In den USA geht es jedenfalls im vorbörslichen Handel mit den Preisen weiter nach oben.
Wenn sich dieser Trend auch in Europa bestätigt, dann könnten die europäischen Weizenpreise an der Matif in Paris diese Woche die 300-Euro-Marke überspringen.
Regen vor der Ernte in Australien, Dürre am Schwarzen Meer

Immer mehr Analysten und Getreidehändler halten angesichts der derzeitigen Marktlage einen weiteren deutlich Anstieg der Getreidepreise für möglich. Das zeigt sich auch darin dass viele Einkäufer die sich bisher in Erwartung wieder fallender Preise zurückgehalten haben, nur doch „verzweifelt“ nach Getreide suchen und versuchen ihre Läger so gut wie möglich zu füllen und vor allem die bereits eingegangenen Lieferverpflichtungen zu einigermaßen akzeptablen Preisen zu erfüllen.
„Die aktuellen sehr hohen Preise dürften uns noch einige Zeit begleiten. Außerdem brauchen wie wahrscheinlich einige sehr gute Ernten, um die Lagerbestände aufzufüllen und die globale Situation zu entspannen“, äußerte sich der Getreidehändler ADM gegenüber Reuters.
Derzeit sorgen jedoch schwere Regenfälle in Australien, ein immer knapperes globales Angebot, sehr trockene Aussaat-Bedingungen in den USA, in Russland und der Ukraine sowie die ankündigten russischen Exportrestriktionen für Treibstoff an den Märkten und für das Gegenteil von guten Ernteaussichten.
Ende der vorigen Woche hat der Iraq angekündigt, im Dezember oder Anfang 2022 eine Ausschreibung zum Kauf von 500.000 Tonnen Weizen durchzuführen, sagte ein Sprecher des Handelsministeriums gegenüber Reuters.
Ukrainische Agrarunternehmen haben zum 11. November 6,2 Millionen Hektar Winterweizen ausgesät, das sind fast 94 % der geplanten Fläche von 6,66 Millionen Hektar, teilte das Landwirtschaftsministerium am Freitag mit. Die Wintergetreideaussaat wurde in den letzten Tagen praktisch eingestellt und die ukrainischen Landwirte haben seit Anfang November nur noch rund 120.000 Hektar bepflanzt. Derzeit sind etwa ein Drittel der bepflanzten Flächen von Regenmangel betroffen.
China: schwere Schneefälle und steigende Getreidepreise

Die Getreidepreise in China ziehen kräftig an. Beim Mais sorgte eine sehr regenreiche Erntekampagne für schlechte Erntequalität und die Erträge. Steigende Energiepreise haben die hohen Mais- und Weizenpreisepreise am chinesischen Terminmarkt, angetrieben. Nun gibte es das nächste Problem. Schwere Schneestürme in den nördlichen Regionen Chinas haben zu Transport- und Logistik-Problemen geführt und gleichzeitig die Kassapreise in ganz China in die Höhe getrieben.
Chinas Nord- und Nordostprovinzen gehören zu den Top-Produzenten des Landes und versorgen den Rest des Landes mit Getreidevorräten – vor allem mit Mais. „Viele chinesische Bauern haben die Angewohnheit, ihre Getreide auf den Feldern zu trocknen und es bei gutem Wetter direkt nach der Ernte an Händler zu verkaufen. Aber der viele Regen und der aktuelle Schneefall haben dieses Vorgehen massiv gestört“, sagte ein Analyst gegenüber Reuters.
"Wenn sie das Getreide aber geerntet und eingelagert haben, werden sie erst recht nicht hetzen und noch warten, dass die Preise weiter steigen." Auch in anderen Regionen haltend die Landwirte angesichts der steigenden Preisen an ihrem Getreide fest, um das Preispotenzial nach oben zu nutzen.
Angesichts knapper Energievorräte ist der Brennstoff, der zum Trocknen von nassem Getreide benötigt wird, nicht immer verfügbar – oder nicht bezahlbar. Auch in Australien dürfte die hohen Trocknungskosten bei der laufenden Ernte schwer zu Buche schlagen.
Die Probleme in China könnten jedoch dazu führen das die Chinesen im Jahresverlauf deutlich mehr Mais und Weizen importieren als bsierh gedacht. China hat bereits jetzt fast ein Drittel mehr Mais in den USA eingekauft als zum gleichen Zeitpunkt vor einem Jahr.
Neue Rekordpreise in Deutschland und Frankreich

Der Dezember-Weizen wurde am europäischen Terminmarkt am Freitag auf einem neuen Rekordstand von 297 Euro je Tonne gehandelt – das waren rund 14 Euro mehr als zum Beginn der Woche. Der nachfolgende März-Termin 2022 notierte bei 294 Euro – das ist im Wochenverlauf ebenfalls ein Plus von 14 Euro. Für die Weizenernte 2022 wurden am Terminmarkt in Paris Preise von 262 Euro notiert. Immerhin ebenfalls ein Aufschlag von 14 Euro für die gesamt Woche.
Am Großmarkt und Exporthafen Hamburg wurde der Brotweizen am Donnerstag mit 300 Euro je Tonne gehandelt – das waren ebenfalls 12 Euro mehr als zum Beginn der Woche und leichter Abschlag von 2 Euro zum Vortag. Für die Anlieferung zum Märztermin wurden in Hamburg 304 Euro je Tonne geboten. Heute dürfte es mit den Weizenpreisen am Kassamarkt jedoch weiter nach oben gehen. Die Preise für Futtergerste lagen in Hamburg am Freitag bei 267 Euro je Tonne – und damit 11 Euro im Plus.
Für Brot-Roggen boten die Händler in Hamburg 270 Euro je Tonne - ein Aufschlag von 14 Euro zur Vorwoche. Und für Hafer bekamen die Lieferanten 250 Euro geboten.
Am wichtigsten französischen Großmarkt und Exporthafen Rouen wurde Brotweizen am Freitag mit 291 Euro je Tonne notiert – ein Preisanstieg von 15 Euro zur Vorwoche. Die fob-Preise für den Export lagen in Rouen bei knapp 343 Euro je Tonne!! Futtergerste wurde in Rouen für 264 Euro je Tonne angeliefert – ebenfalls ein Plus von 14 Euro im Wochenverlauf.
Am heutigen Montag legen die Preise im vorbörslichen Handel in den USA zunächst weiter zu.
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