
Die Getreidepreise springen wild hin und her. Auf sehr hohem Niveau. Angetrieben werden die Preise durch Hitzewellen und Trockenheit von Indien, über Frankreich bis Äthiopien und ausufernden Protektionismus. Gebremst wird der Anstieg durch die aufkommende Hoffnung der möglichen Zulassung von Getreide-Exporten aus der Ukraine durch Russland.
Auf der anderen Seite steht eine mögliche Rekordernte in Russland. Eine schnelle Klärung der Marktlage dürfte es bis zur neuen Ernte jedoch nicht geben. Entsprechend werden die Turbulenzen anhalten. Die kleinste Nachricht über eine neue Chance, mehr Getreide aus der Ukraine zu exportieren, oder die Aussichten von Regen auf den französischen Weizenfeldern, werden an den Weltmärkten sofort in neue Preise übersetzt.
Doch die wirklichen Entwicklungen in Bezug auf das Wetter und die Ukraine bleiben ungewiss und damit auch die Richtung der Getreidepreise. Am vorigen Freitag stiegen die Weizenpreise am europäischen Terminmarkt nach zwischenzeitlicher Schwäche wieder deutlich an.
Der Weizen der neuen Ernte beendete den Handel am Freitag( 27.05) bei 415 Euro pro Tonne – und damit 5 Euro höher als am Vortag. Vor zwei Wochen am 17. Mai waren die Preise allerdings bis auf 444 Euro nach oben geschossen.
In den USA wird am heutigen Montag nicht gehandelt – dort ist ein Feiertag, so dass aus Übersee heute keine Impulse kommen.
Russland will „uneingeschränkten“ Export erlauben
Russland sei bereit, den „uneingeschränkten“ Getreideexport aus der Ukraine zu unterstützen, sagte der russische Präsident Wladimir Putin am Samstag. Gleichzeit warnte Putin vor einer weiteren „Destabilisierung“ der Lage im Falle fortgesetzter westlicher Waffenlieferungen. Die französische Nachrichtenagentur AFP berichtet, dass Wladimir Putin die Äußerungen am Samstag in einem Telefongespräch mit seinem französischen Amtskollegen Emmanuel Macron und Bundeskanzler Olaf Scholz gemacht hat.
„Russland ist bereit, bei der Suche nach Optionen für den ungehinderten Export von Getreide zu helfen, einschließlich ukrainischem Getreide aus Häfen am Schwarzen Meer“, hieß es in der Erklärung nach dem Telefongespräch, das vor dem Hintergrund der Befürchtungen einer schweren globalen Nahrungsmittelkrise stattfand.
Eine Erhöhung der Lieferungen russischer Düngemittel und landwirtschaftlicher Produkte könnte die Spannungen auf dem Weltagrarmarkt verringern, „was natürlich die Aufhebung der entsprechenden Sanktionen erfordern würde“, die gegen Moskau gerichtet sind, sagte Putin in dem Gespräch.
Russland will exportieren – Protektionismus auf der ganzen Welt

Die Ukraine ist ein wichtiger Exporteur von Mais und Weizen, und sieht sich aufgrund der Kämpfe mit einer Export- und Produktionsblockade konfrontiert. Russland wiederum, kann seine Getreideernte und seine Düngemittel wegen westlicher Sanktionen im Finanz- und Logistiksektor nicht bzw. deutlich schwerer verkaufen. Beide Länder zusammen produzieren rund ein Drittel des weltweiten Weizens.
Der Krieg in der Ukraine gefährdet die globale Getreideversorgung und internationale Organisationen befürchten eine schwere Krise, die besonders die unterversorgten ärmeren Länder in Afrika und im Nahen Osten treffen wird. Der russische Präsident bestätigte offenbar, dass Russland „offen für eine Wiederaufnahme des Dialogs“ mit Kiew sei, um den bewaffneten Konflikt zu lösen, nachdem die Friedensverhandlungen mit der Ukraine seit März ins Stocken geraten seien.
In Erwartung einer möglichen diplomatischen Vereinbarung zugunsten von Seekorridoren für landwirtschaftliche Produkte, die in ukrainischen Häfen festsitzen, fehlen laut Gautier Le Molgat von Agritel immer noch 20 Millionen Tonnen Getreide auf dem Markt. Das ist auch ein Grund warum die Inflation explodiert.
Die Folge sind weltweite protektionistische Reflexe. Nach der russischen Invasion in der Ukraine hatten etwa zwanzig Länder beschlossen, den Händel mit bestimmten Grundnahrungsmitteln (Getreide, Mehl, Öl) einzuschränken. 2010 war Nahrungsmangel eine direkte Ursache des Arabischen Frühlings. Vor diesem Hintergrund versuchen immer mehr Staaten, Lagerbestände aufzubauen. Doch die Preise am Weltmarkt sind so hoch, dass der Import für viele Länder unerschwinglich wird.
Indien erfüllt seine Verträge – Frankreich mit Wettersorgen
Indien, der zweitgrößte Weizen-Produzent der Welt, der von einer außergewöhnlichen Hitzewelle heimgesucht wurde, kündigte am 14. Mai zunächst ein vollständiges Verbot seiner Weizenexporte an. Nun will das Land jedoch bereits verkaufte Ware auch ausliefern. „Der Markt entspannt sich ein wenig, insbesondere nach der Klärung durch Indien“, sagte Gautier Le Molgat von Agritel gegenüber AFP und erklärte so auch den Preisrückgang zur Mitte der vorigen Woche.
Doch der Analyst betont auch: Der Trend bleibt bullisch! Wir sehen die anhaltenden Probleme im geopolitischen Kontext und dann auch das Wetter, das einen stärkeren Preisrückgang verhindert. Zu den preisdämpfenden Nachrichten gehörten hingegen günstigere Wettervorhersagen für die Vereinigten Staaten, insbesondere für die Maisanbaugebiete im Mittleren Westen.
Hinzu kommen die jüngsten Regenfälle in Frankreich. Dort hatte die Agrarbehörde FranceAgrimer das Weizen-Rating zuvor, wegen einer ausgeprägten Dürre, in nur zwei Wochen um sechzehn Punkte gesenkt. Nun wird schon wieder Hitze und Trockenheit erwartet.
Auch der Abschluss eines Abkommens zwischen Brasilien und China, das den Import von brasilianischem Mais genehmigen soll, ist für die weitere Marktentwicklung bedeutend.
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