
Die Unterbrechung des Schiffsverkehrs am Schwarzen Meer und die Wirtschaftssanktionen gegen Russland lassen die Preise für Getreide und Ölsaaten auf neue Rekordwerte steigen. Auch die Frühjahrsaussaat in der Ukraine ist gefährdet. Offensichtlich kommen die Landwirte nicht auf die Felder um Mais oder Sommergetreide zu säen.
Die Folge: Die Getreidepreise setzen ihren historischen Höhenflug am Dienstag (und offenbar auch am Mittwoch) bei eskalierenden Kriegshandlungen in der Ukraine fort. Der bewaffnete Konflikt blockiert den Seeverkehr am Schwarzen Meer vollständig und die Wirtschaftssanktionen gegen Russland schränken den Getreidehandel und die Rohstoffexporte zunehmend ein.
Ein großer Teil des Marktes betrachtet die russisch-ukrainischen Getreidemengen jetzt offenbar als „unerreichbar“, was das weltweite Angebot an Weizen, Mais und, Gerste, Raps und Sonnenblumen auf unbestimmte Zeit drastisch reduziert, sagen Analysten.
Getreidehäfen am Schwarzen Meer sind dicht

Der Westen hat in den letzten Tagen die Sanktionen weiter verschärft, indem er russische Finanzinstitute aus dem Swift-Interbanken-Austauschsystem ausgeschlossen hat. Außerdem der Luftraum für russische Flugzeuge geschlossen.
Die Ukraine fordert nun die internationale Gemeinschaft auf, auch ihre Häfen für alle russischen Schiffe zu schließen, und hat die Einstellung ihrer eigenen maritimen Aktivitäten bis zum Ende des Krieges bestätigt, berichtet das französische Agarportal terre-net. Auch Bombenangriffe auf ukrainische Hafenterminals wurden gemeldet.
Auch die für die nächsten Wochen geplante Aussaat von Sommergerste und Mais in der Ukraine wird durch den Krieg in Frage gestellt und gefährdet die Versorgung der nächsten Kampagne. Am Dienstag stieg der vordere Weizenkontrakt für März um an der Matif in Paris um 24,75 Euro je Tonne auf 351,25 Euro je Tonne und der Mai auf um 24,75 Euro auf 340,25 Euro je Tonne. Die neue Ernte verteuerte sich um 15,75 Euro auf 306 Euro je Tonne.
Auch der vordere Mais ging um 29 Euro auf 340 Euro nach oben und die neue Maisernte wurde 11,75 Euro mit 264,75 Euro gehandelt. Und am heutigen Mittwoch steigen die Weizenpreise im vorbörslichen Handel weiter extrem steil an.
Am Terminmarkt den USA notierte der vordere Weizenkontrakt vorbörslich bei 1059 Cent Buschel. Das sind 75 Cent mehr als am Vortag.
Globale Verfügbarkeit von Getreide und Ölsaaten gefährdet

Die Rapspreise setzten ihren historischen Anstieg ebenfalls fort: Der Kontrakt vom Mai 2022 stieg um 70,25 Euro auf 825,75 Euro und die neue Ernte verteuerte sich um 41,75 Euro auf 708,50 Euro je Tonne. De Grund: Die Ukraine ist der wichtigste ausländische Rapslieferant für die EU. Als Reaktion auf die Sanktionen gegen Russland stiegen auch die Rohölpreise der Sorte Brent deutlich auf 111 USD je Barrel. Das zog auch die Ölsaaten- und Bioenergiepreise mit nach oben.
Der globale Energiemarkt stellt sich offenbar auf das Fehlen von russischem Öl im internationalen Handel ein, sowie auf die Schließung der Häfen am Schwarzen Meer. Die Ukraine und Russland sind für fast 80 % der weltweiten Exporte von Sonnenblumenöl verantwortlich und die Ukraine beliefert die EU mit Rapssaat. „Diese Entwicklungen in der globalen Verfügbarkeit von Agrarrohstoffen könnten erhebliche Auswirkungen auf die Ernährungssicherheit vieler Länder haben“, sagt Marc Zribi, Leiter der Getreideabteilung des französischen Landwirtschaftsamtes FranceAgriMer auf einer Pressekonferenz, berichtet das Agarportal terre-net.
Viele Importeure dürften versuchen Getreide und andere Agrarprodukte von anderen Anbietern zu beziehen, um ihre Versorgung zu sichern. Ganz besonders sind derzeit solche Länder wie Tunesien, der Libanon und die Länder Subsahara-Afrikas betroffen, die besonders abhängig von Importen aus der Ukraine waren, und deren Vorräte zum Ende der laufenden Saison eher gering sind. Die Probleme der bereits von einer massiven Dürre betroffenen Staaten Nordafrikas und des Nahen Ostens werden durch die Krise zusätzlich verschärft.
Getreideläger in der Ukraine und Russland sind voll

Russland und die Ukraine repräsentieren 30 % der Weltexporte von Weizen und Gerste, die Ukraine ist zudem der viertgrößte Exporteur von Mais, der fünftgrößte Lieferant bei Weizen, die Nummer drei Gerste und nimmt eine dominierende Stellung auf dem Weltmarkt für Sonnenblumen ein, das heißt bei Öl, aber auch bei Mehl, das besonders in Tierfutter geschätzt wird, erklärt Marc Zribi.
Vor Ausbruch des Krieges lagen die verbleibenden Exportmengen auf ukrainischer Seite nach Einschätzung von Zibri, bei etwa 6 Millionen Tonnen Weizen, von denen die Hälfte Mahlweizen war. Außerdem hätten noch etwa 18 Millionen Tonnen Mais zu exportiert werden müssen.
In Russland liegen von der erwarteten Ausfuhrmenge von 32 Mio. Tonnen Weizen noch 12 Millionen Tonnen in den Speichern außerdem, 3 Millionen Mais und 1 Millionen Gerste. „Käufer müssen nun auf andere Herkünfte zurückgreifen, was zu erheblichen Spannungen auf den Getreide- und Ölsaatenmärkten führen dürfte“, erwartet der französische Analyst.
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