Getreidepreise steigen zweistellig – Dürre in Europa und Exportboom


Die Getreidepreise sind am Dienstag zweistellig gestiegen. Für Mais noch stärker als für Weizen. Die Weizenpreise für die neue Ernte gingen um 13 Euro auf knapp 345 Euro je Tonne nach oben und Mais schloss mit einem Plus von 19 Euro bei 349 Euro je Tonne.
Unterstützung kam für die Getreidepreise aus den USA. Dort hat sich das Crop-Rating (und damit die Ertragserwartungen) für Mais ebenso verschlechtert wie in Europa. Die europäische Crop-Montoring-Agentur MARS hatte die Erwartungen an die europäische Maisernte dürrebedingt deutlich nach unten korrigiert. Das heißt auch: es muss mehr Mais nach Europa importiert werden.
Gleichzeitig nehmen die Berichte über hohe Weizenexporte aus der EU zum Beginn der neuen Saison zu. Sowohl aus Frankreich und Rumänien als auch aus Deutschland und Polen wird offenbar reichlich Weizen der neuen Ernte in Drittländer verkauft. Händler berichteten aktuell über umfangreiche Verkäufe französischen Weizens nach Pakistan. Analysten sehen das als Zeichen, dass immer mehr große Importländer bei westeuropäischen Exporteuren einkaufen, um eine Lücke zu schließen, die durch fehlendes Schwarzmeergetreide entstanden ist und weiter besteht.
In den ersten drei Wochen des neuen Wirtschaftsjahres wurden nach Angaben der EU-Kommission bereits 1,4 Millionen Tonnen Weizen in Drittländer verkauft und damit rund ein Drittel mehr als im gleichen Zeitraum des Vorjahres. Größter Exporteur war bis dahin Frankreich mit 418.000 Tonnen, vor Rumänien mit 362.000 Tonnen. Polen kommt immerhin auf Verkäufe von 225.000 Tonnen und aus Bulgarien gingen 114.000 Tonnen auf den Weltmarkt.
Die bislang registrierten deutschen Ausfuhren wurden mit 62.500 Tonnen angegeben. Wichtigste Abnehmer von europäischem Weizen waren bis dahin Marokko, Jordanien, Algerien und Südafrika. Die starke globale Weizennachfrage bei einem anhaltenden Mangel an ukrainischen Lieferungen stützt die Preise auch weiterhin spürbar, sagen Händler.
Schlechte Ernten und hohe Importeure

Trotz einer geringeren Verfügbarkeit von europäischem Weizen ist die internationale Nachfrage im geopolitischen Kontext, der durch den Krieg in der Ukraine stark gestört wurde, bereits sehr stark, sagen Analysten. Hinzu kommt: Große Importeure haben dieses Jahr schlechte Ernten.
Marokko zum Beispiel produzierte nur 2,3 Millionen Tonnen, verglichen mit mehr als 7 Millionen Tonnen im Jahr 2021, berichten französische Analysten auf terre.net. Die Schwäche des Euro gegenüber dem Dollar, und das Fehlen von ukrainischem Weizen sowie die sanktionsbedingten geringen Exportprobleme Russlands, kurbeln die Nachfrage nach europäischen Weizen an.
Gestützt werden die Getreidepreise auch durch das Wetter in Europa und den USA. Der Ernteüberwachungsdienst MARS der Europäischen Union hatte am Montag seine Ertragsprognosen für alle Sommerkulturen, vor allem für Mais, aufgrund des heißen und trockenen Wetters in vielen Teilen der EU gesenkt, während die Prognose für die laufende Wintergetreideernte nur geringfügig reduziert wurde.
Die Ernteaussichten in der EU haben in diesem Jahr zusätzliche globale Bedeutung erlangt, da der Krieg in der Ukraine die Schwarzmeer-Exporte unterbrochen hat und nicht klar ist, was trotz des geschlossenen Abkommens wirklich von den ukrainischen Häfen in die Welt verschifft werden kann.
Wie zuvor schon in Europa fielen zudem die wöchentlichen Bewertungen über den Wachstumszustand und das Ertragspotential des US-Landwirtschaftsministeriums für Mais, Sojabohnen und Sommerweizen am Montag stärker als von den meisten Analysten erwartet wurden, während die Wetter-Prognosen eine stärkere Hitze im Mittleren Westen und in den Ebenen der USA erwarten lassen.
Raketen auch auf Mykolajiw – französische Ernte sehr heterogen
Die Weizen- und Maispreise verzeichneten am Dienstag als Reaktion auf neue russische Bombardierungen in der Ukraine eine neue deutlich bullische Performance. Nach dem Hafen von Odessa am vergangenen Samstag trafen Raketen am Dienstag auch die Hafeninfrastruktur in Mykolajiw. Damit wachsen Zweifel am Betrieb eines sicheren Korridors für ukrainische Getreideexporte. Nach Angaben des französischen Beratungsunternehmen Agritel ist die französische Weichweizenernte 2022 sehr heterogen.
Am 26. Juli war in Frankreich fast überall die Weizenernte abgeschlossen. Agritel schätzt die Weichweizenernte 2022 auf 33,44 Millionen Tonnen und damit 2 Millionen Tonnen kleiner als im Vorjahr mit 35,43 Millionen Tonnen. Diese Schätzung basiert auf den vom Landwirtschaftsministerium festgestellten Anbauflächen von 4,71 Millionen Hektar, ein Rückgang von 5,6 % im Vergleich zur vorherigen Kampagne.
Diese Ernte zeichnet sich durch eine große Heterogenität der Erträge aus“, sagt Michel Portier, der Chef von Agritel gegenüber den französischen agrarportal terre.net. „Südlich der Loire zeichnet sich ein Süd-Nord-Gefälle mit sehr enttäuschenden Erträgen ab“, sagt Michel Portier. „Das trockene Frühjahr ließ das Schlimmste befürchten, aber die späten Regenfälle im Juni retteten die Situation in den Regionen nördlich der Loire.
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