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Corona-Krise und Getreidepreise

Getreidepreise: Weizen peilt die 200-Euro-Marke an

Getreidepreise
am Mittwoch, 25.03.2020 - 10:00 (Jetzt kommentieren)

In nur wenigen Tagen sind die Getreidepreise am europäischen Terminmarkt um rund 25 Euro gestiegen.

Am Montag Nachmittag notierte der vordere Weizenkontrakt an der MATIF wieder bei 196 Euro je Tonne und damit nicht mehr weit von der 200-Euro-Marke entfernt. Ursachen für die Preisrallye sind Hamsterkäufe, Logistikprobleme und ein starker Nachfrageimpuls vom Weltmarkt. Ausgelöst wurde der globale Nachfrageschub durch die Corona-Epidemie vor allem in Asien und sich anschließende massive Hamsterkäufe in den asiatischen Ländern.

Das trieb zunächst die Reispreise bei den asiatischen Exporteuren und in den USA und kurze Zeit später – als wichtigstes Substitut – die Weizenpreise nach oben. In den großen Importländern von Weizen und Reis nehmen nach dem Ausbruch und der schnellen Verbreitung von Corona, die Sorgen zu, die Bevölkerung nicht mehr ausreichend mit Grundnahrungsmitteln versorgen zu können – und das geschieht fast ebenso schnell, wie die Corona-Erkrankungen sich ausbreiten.

Die Folge sind massive Hamsterkäufe und schnell steigende Preise für Reis, Weizen und andere Grundnahrungsmittel. Der FAO- Chefökonom Abdolreza Abbassian erklärte deshalb am vorigen Freitag: „Sie brauchen nur Panikkäufe von großen Importeuren oder Regierungen, um eine Krise auszulösen. Was ist, wenn Großabnehmer glauben, im Mai oder Juni keine Weizen- oder Reis-Importe mehr erhalten zu können? Das könnte zu einer globalen Nahrungsmittelkrise führen.“

Logistik-Probleme in Frankreich und Europa

Getreidehandel

Einschränkungen im Personen- und Warenverkehr, die zahlreiche EU-Länder an ihren Grenzen als Reaktion auf die Pandemie eingeführt haben, stören indessen auch in Europa die Lebensmittelversorgung und den Handel mit Getreide, berichten Vertreter aus Industrie und Handel. So hat hat Frankreichs Getreideindustrie erhebliche Probleme, genügend Lastwagen und Arbeitskräfte zu finden, um Mühlen und Häfen zu beliefern, da die Panikkäufe von Nudeln und Mehl gleichzeitig mit einem kräftigen Anstieg der Exportnachfrage bei Weizen einhergeht.

"Die Versorgung von Fabriken und Kunden erfordert sehr viel Akrobatik", sagt Francois Cholat, Präsident von SNIA, einem Verband von Herstellern von Viehfutter“ gegenüber der Nachrichteagentur Reuters. Der französische Supermarktverkauf von Nudeln, Mehl und Reis erreichte in der vergangenen Woche einen fast dreimal so hohen Wert wie in der gleichen Woche des vergangenen Jahres, schätzen die Marktforscher von Nielsen.

Der Getreidehändler Soufflet berichtet zudem, dass sich die Nachfrage traditioneller Bäckereien nach Mehl vorige Woche mehr als verdoppelt habe. Soufflet sagte weiter, die Getreidehäfen seien weiter in Betrieb und würden derzeit wie geplant Exportaufträge ausführen, wobei Frankreich in der Saison 2019/20 auf dem Weg sei, bei den Weizenexporten in Drittländer, erneut das bisherige Rekordniveau zu erreichen.

Russland könnte Getreideexporte beschränken

GetreideTerminal

Auch die Exportpreise für russischen Weizen haben sich mit der anziehenden Nachfrage wieder gefangen – nachdem sie mit dem abstürzenden Rubel und den Ölpreisen zuvor ebenfalls steil nach unten rauschten. Russische Analysten nannten in der vorigen Woche für Weizen mit einem Proteingehalt von 12,5 %, der an den Schwarzmeerhäfen verladen wurde, einen fob-Preis von 207 USD pro Tonne (193 Euro). An den französischen Exporthäfen lagen die Preise zu diesem Zeitpunkt noch 2 USD je Tonne niedriger bei 205 USD je Tonne (191 Euro). Allerdings war auch der Euro zuletzt von zweitweise 1,12 USD wieder auf 1,075 USD abgestürzt und hatte damit die Exporte ebenfalls deutlich verbilligt.

Die Getreideexporte Russlands, hatten in den letzten beiden Wochen wieder spürbar angezogen, nachdem der Rubel gegenüber dem Dollar so stark gefallen war. Die russische Regierung hat das Landwirtschaftsministerium und andere Stellen deshalb angewiesen, Vorschläge auszuarbeiten, ob die Ausfuhr von Getreide und anderen Lebensmitteln begrenzt werden sollte. Die Vorschläge sollten bis zum 25. März fertig sein. Exportbeschränkungen bei Getreide würden die globalen Getreidepreise aber weiter nach oben treiben. Nach bisherigen Angaben gab es in Russland jedoch genügend Vorräte an Getreide und Nahrungsmitteln.

"Es gibt viele Spekulationen und Gerüchte über mögliche Export-Beschränkungen, insbesondere nachdem der Rubel so stark geschwächt wurde", sagen die russischen Analysten von SovEcon. Sie berichten auch, dass einige Landwirte zuvor vereinbarte Liefer-Verpflichtungen gegenüber dem Handel nicht erfüllten. "Im Gegensatz zu früheren Fällen sind die meisten Landwirte jedoch bereit, zu verkaufen", berichtet SovEcon weiter, da das Geld benötigen, um die laufende Aussaat zu bezahlen und ihre Läger zu räumen, bevor die neue Ernte auf den Markt kommt".

Weizen: Kassapreise um 20 Euro gestiegen

MATIF Weizenpreise

Am europäischen Terminmarkt sind die Weizenpreise in wenigen Tagen um 25 Euro gestiegen. In den USA ging es um fast 10 Prozent nach oben. Der vordere Chicago-Weizen legte im laufenden Handel am Montag nochmals um 11 Cent auf 550 Cent je Bushel zu.

An der MATIF notierte der vordere Weizenkontrakt am Nachmittag bei 196 Euro je Tonne. Das war etwa 4,50 Euro mehr als am Vortag – und gleichzeitig  rund 25 Euro mehr als vor 10 Tagen. Die neue Ernte 2020 wurde mit 187,50 Euro je Tonne gehandelt. Das ist ein Anstieg von 17 Euro in den letzten 10 Tagen.

Am Kassamarkt sind die Getreidepreise ebenfalls wieder deutlich gestiegen – auch wenn der physische Umsatz zunächst gering blieb. Brotweizen wurde am Hamburger Großmarkt und Exporthafen am Montag mit 200 Euro je Tonne notiert. Das sind 20 Euro mehr als vor 10 Tagen.

Die Preisangebote für Futterweizen lagen in Hamburg bei 198 Euro und in Südoldenburg bei 196 Euro je Tonne. In beiden Regionen ist das ein Anstieg von etwa 20 Euro in 10 Tagen. Futtergerste wurde in Hamburg am Montag mit 163 Euro je Tonne notiert. Das ist ein Anstieg von 3 Euro in den letzten 10 Tagen.

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