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Getreidemarkt und Getreidepreise

Getreidepreise: Wilde Preissprünge wegen Hitzeschock und Ukrainekrise

Getreideernte.
am Montag, 20.06.2022 - 10:29 (10 Kommentare)

Die Getreidepreise springen wild hin und her. Auf der einen Seite bedrohen Hitzewellen in Frankreich, Norditalien, Spanien und den USA die Getreideernte. Auf der anderen Seite ist unklar, wie viel Getreide die Ukraine ernten und exportierten kann. Die EU, die Türkei und die USA verhandeln mit Russland über Lösungen. In den USA hat die Weizenernte begonnen. Doch die Ernteaussichten sind nicht gut.

weizenpreise.

In einem extrem volatilen Markt gaben die Weizenpreise am Ende der vergangenen Woche nach. Nachdem die Kurse für die neue Ernte am Donnerstag zunächst fast wieder die 400-Euro-Marke erreicht hatten, ging es am Freitag am europäischen Terminmarkt um 6,25 Euro auf 391,50 Euro nach unten. Doch diese Korrektur dürfte nicht von Dauer sein.

Analysten sagen, Auslöser war ein Preisrutsch in Chicago, wegen des starken Dollars und der gestarteten Ernte in den USA und wohl eher psychologisch bedingt. Die Unsicherheit hinsichtlich der Fähigkeit der Ukraine, ihr Getreide in der nächsten Kampagne zu exportieren, sorgen weiterhin für große Unsicherheit auf dem Markt. Außerdem schwanken die Preise auch in Europa zwischen aufkommenden Erntedruck und wachsenden Befürchtungen über das (zu kleine) Volumen dieser Ernten.

Das französische Landwirtschaftsamt FranceAgriMer hat seine Einschätzung zu den Weizenbeständen in "gutem bis sehr gutem" Zustand in seinem letzten Report um einen weiteren Punkt auf 66 % gesenkt. Das ist ein Rückgang von fünfzehn Punkten im Vergleich zum Vorjahr. Die extreme Hitzewelle, die derzeit weite Teile Westeuropas heimsucht, bedroht die Ernten nicht nur Frankreich.

Vielfach steigen die Temperaturen in Westeuropa und  in weiten Teilen der Vereinigten Staaten rapide an. In Frankreich, Italien und Spanien ist der Zustand der Winterkulturen besonders besorgniserregend. Spanien verzeichnete die heißeste vorsommerliche Hitzewelle seit mindestens 20 Jahren und auch in Frankreich wurden Temperaturen um die 40 Grad Celsius erreicht. In Norditalien hat es seit über 100 Tagen nicht geregnet und Wasser wird rationiert.

Hitzewellen bedrohen globale Versorgung

Hohe Temperaturen um die 40 °C werden auch für die aktuellen Woche in einem großen Teil des US-Maisgürtels erwartet, und die Wetterdienste gehen von einer geringen Wasserversorgung in den nächsten zwei Wochen aus. In den USA war der Winterweizen bis am 12. Juni zu 10 % geerntet (vor allem in Texas und Oklahoma), aber die Bewertungen der Bestände von „gut bis ausgezeichnet“ waren mit nur 31 % gegenüber 48 % im Vorjahr extrem niedrig.

„Wetterdienste erwarten eine Hitze- und Trockenperiode im Mittleren Westen der USA, die die Oberbodenfeuchtigkeit in großen Teilen dieser Region verringern wird“, berichten Analysten. Die Ernteaussichten in den Vereinigten Staaten haben in diesem Jahr an Bedeutung gewonnen, da der Krieg in der Ukraine die massiven Getreideströme vom Schwarze Meer unterbrochen hat.

Der französische Präsident Emanuel Macron sieht aber offenbar wenig Chancen für eine diplomatische Vereinbarung mit Russland, um ukrainische Getreideexporte auf dem Seeweg vom Hafen von Odessa aus zuzulassen. Macron sagte jedoch, es gebe Gespräche über die Erneuerung der Eisenbahnstrecken, die Odessa mit der Donau in Rumänien verbinden.

Die Hitzewelle in Frankreich, Spanien und Italien könnte die Weizenernten nach einem trockenen Frühling weiter reduzieren, obwohl ein erwarteter Temperaturrückgang und Regenfälle (unter anderem in Deutschland) die Ernteverluste verringern könnten, sagten Analysten und Erzeuger.

Verhandlungen über Hafenöffnung, temporäre Silos

Die Vereinigten Staaten und die Europäische Union haben Russland am Donnerstag aufgefordert, eine Öffnung ukrainischer Häfen zu akzeptieren, um den Export der dort gelagerten Millionen Tonnen Getreide zu ermöglichen und so die Welternährungskrise zu lindern. Moskau „sollte sofort handeln, um diese Häfen zu öffnen und diesen Krieg zu beenden“, unterstrich der amerikanische Landwirtschaftsminister Tom Vilsack während einer Pressekonferenz.

Die Organisation verhandelt seit mehreren Wochen mit Moskau, Kiew und Ankara, über ein Abkommen, das es ukrainischem Getreide ermöglichen würde, das Land sicher zu verlassen. Derzeit blockiert Russland mindestens 20 Millionen Tonnen ukrainisches Getreide, das die Weltmärkte nicht erreichen kann. „Das entspricht 300 riesigen Schiffen, die voraussichtlich in Häfen auf der ganzen Welt anlegen werden. Stattdessen bombardiert Russland die Häfen, die Infrastruktur und das Ackerland der Ukraine“, kritisieren Diplomaten.

Auf die Frage nach einem Plan von US-Präsident Joe Biden, in Polen temporäre Silos für ukrainisches Getreide zu errichten, sagt Tom Vilsack, es gehe darum, „das Verlustrisiko“ von Getreide zu verringern, seinen Diebstahl zu verhindern und seine Qualität zu bewahren. Temporäre Silos an der ukrainischen Grenze sollen verhindern, dass Russland ukrainisches Getreide stiehlt, und sicherstellen, dass die Winterernte des Landes nicht aufgrund mangelnder Lagerhaltung verloren geht, sagte US-Landwirtschaftsminister Tom Vilsack am Donnerstag.

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