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Getreidemarkt und Getreidepreise

Hohe Getreidepreise machen Angst: Bauern und Händler im Risiko

getreide verladen.
am Montag, 02.05.2022 - 11:50 (1 Kommentar)

Verkaufen oder kaufen was das Zeug hält - oder lieber abwarten? Händler und Landwirte sind verunsichert. Alte Wahrheiten gelten nicht mehr. Die Getreidepreise schwanken weiter.

weizenpreise.

Die Getreidemärkte reagieren extrem sensibel auf alle neuen Nachrichten. Das führt zu anhaltend großen Preisschwankungen den Terminmärkten und zu großer Zurückhaltung bei Käufern und Verkäufern an den physischen Märkten. Dabei spielt nicht nur die knappe aktuelle Versorgung eine Rolle, sondern zunehmend die Produktionsängste für die nächste Ernte.

Und da gab es unter anderen vom Top-Exporteur USA keine guten Nachrichten: Das US-Landwirtschaftsministerium hatte nur 27 % der amerikanischen Winterweizenbestände als in "guten bis ausgezeichneten" Zustand bewertet. Das waren drei Punkte weniger als in der Woche zuvor und die schlechtesten Bewertungen seit 1989. Leichte Regenfälle in den Weizenanbaugebieten am Ende der Woche haben im Südwesten von Nebraska etwas Erleichterung gebracht, jedoch wohl keine durchgreifende Verbesserung.

Das nasskalte Wetter ganz im Norden der USA und in Kanada hat dagegen die Frühjahrsaussaat bei Sommerweizen erschwert und stark verlangsamt. Das kanadische Statistikamt StatCan meldete dennoch eine Ausweitung der Anbaufläche bei Sommerweizen um 440.000 Hektar auf 7,1 Millionen Hektar. Die argentinische Getreidebörse in Buenos Aires geht  dagegen davon aus, dass die argentinischen Weizenflächen in diesem Jahr 6,5 Millionen betragen werden, was einem Rückgang von 200.000 Hektar im Vergleich zum Vorjahr entspricht, insbesondere aufgrund eines drastischen Anstiegs der Produktionskosten.

In Russland hingegen lassen die Witterungsbedingungen nach Berichten des Analystenhauses SovEcon sehr gute oder sogar eine Rekordernte von 87,4 Millionen Tonnen erwarten. Die russischen Weizenexporte könnten deshalb, trotz internationaler Sanktionen in der nächsten Kampagne 40 Millionen Tonnen überschreiten.

Die Europäische Kommission hat am Freitag ihre Prognose für die Weizenernte 2022/23 der Europäischen Union von zuvor 131,3 Millionen Tonnen auf 130,1 Millionen Tonnen gesenkt. Die Prognose für EU-Exporte wurde in Rekordhöhe von 40 Millionen  Tonnen beibehalten, da der Krieg die Exporte aus der Ukraine verhindert.

Ukraine kann jetzt über Rumänien verschiffen

Auch die Lage in der Ukraine bleibt sehr angespannt, da die Kämpfe im Osten des Landes weiter eskalieren. Zusätzlich zu der direkten Bedrohung der Produktion im Jahr 2022 fragt sich der Markt nun, ob das Land in der Lage ist, die am Ende der Kampagne erwarteten extrem hohen Lagerbestände sicherzustellen und zu exportieren.

Erstmals hat jetzt Ein Schiff mit 71.000 Tonnen ukrainischem Mais hat den rumänischen Hafen von Constanta verlassen. Es war die erste große Ladung ukrainischen Getreides seit der russischen Invasion in der Ukraine. „Das war der erste Panamax mit ukrainischem Mais, der den Hafen verlassen hat“, sagte Viorel Panayt, Präsident des rumänischen Hafenbetreibers Comvex. Er fügte hinzu, dass weitere 80.000 Tonnen ukrainisches Getreide bereits nach Constanta transportiert worden seien und weitere 80.000 Tonnen auf dem Weg zum Hafen seien.

Das Ministerium für Infrastruktur der Ukraine hatte mitgeteilt, dass die vier Seehäfen Berdjansk, Mariupol, Skadowsk und Cherson aufgrund des von Russland geführten Krieges geschlossen bleiben. Laut Eisenbahnstatistik wurden im März rund 310.000 Tonnen Getreide für den Export über die Landgrenzen verladen. Anfang April bildeten sich an einigen Grenzübergängen Waggonschlangen. Manchmal betrug die Verzögerungszeit 2-3 Wochen.

Gerstenpreise bleiben sehr hoch

Futtergerste Preise.

Die Gerstenpreise haben sich für die alte Ernte auf hohem Niveau behauptet und sind für die neue Ernte zuletzt sogar gestiegen. Der Markt bleibt angesichts des Krieges in der Ukraine und der großen Preisschwankungen der Getreidepreise jedoch sehr nervös. Der Mangel an neuen Abschlüssen begrenzte bei Gerste einen weiteren Sprung der Preise nach oben, sagen Händler.

Als Reaktion auf die Vogelgrippe-Epidemie und die derzeit besonders hohen Futtergetreidepreise haben Futterhersteller ihre Nachfrage am heimischen Markt zuletzt reduziert. Die im Vergleich zur Gerste zuletzt wieder etwas verbesserte preisliche Wettbewerbsfähigkeit von Mais dämpft die Nachfrage nach Gerste ebenfalls. Die Export läuft jedoch weiter recht gut, wobei Händler aus dem französischen Hafen Rouen Mitte April den Verkauf von weiteren Mengen Richtung China und auch nach Marokko meldeten.

Aus Frankreich meldet die Agrarbehörde FranceAgriMer zudem, dass die Wintergerste zu 87 % als „gut bis sehr gut“ eingestuft wird, verglichen mit 81 % im letzten Jahr und 74 % im Durchschnitt für fünf Jahre.

Maismarkt: Großer Anbaurückstand in den USA

maispreise.

Die Maispreise sind am europäischen Markt zuletzt wieder gestiegen, aber langsamer als Weizen und Gerste. Der Krieg in der Ukraine schränkt die Exporte vom Schwarzen Meer trotz der Organisation alternativer Handelsströme drastisch ein.

Schienen-, Lkw- und Binnenschifffahrt ermöglichen den Transport zum Gemeinschaftsmarkt sowie zu den rumänischen Häfen und den baltischen Ländern, aber diese Ladungen reichen bei weitern nicht, die vollständige Einstellung der Hafentätigkeit seit Kriegsbeginn zu kompensieren.

Auch die Ernte 2022 des Landes dürfte stark zurückgehen, während in den USA die Aussaat mit wachsender Sorge beobachtet wird. Ein feucht-kaltes Klima hat sich im gesamten Mittelwesten festgesetzt. Laut USDA waren die Aussaat bis zum 24. April nur zu 7 % abgeschlossen, verglichen mit 16 % im Vorjahr und 15 % im Durchschnitt von fünf Jahren. Der Markt erwartet nun eine Übertragung bestimmter Flächen auf Sojabohnenkulturen.

Eine deutliche Abschwächung der Nachfrage mindert den Preisauftrieb am europäischen Markt. Die rasche Ausbreitung der Vogelgrippe in Frankreich und anderen Ländern hat die Verwendung deutlich verringert. Mais französischen Ursprung sieht sich nun einer verstärkten Konkurrenz durch deutschen Mais in Richtung Norden der EU gegenüber, berichten Händler auf dem agraronlinedienst terre-net. Auch eine Beschleunigung der europäischen Importe aus Kanada und Brasilien wird derzeit gemeldet.

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