
„Die russische Invasion in der Ukraine, die aufgrund der Aussetzung der Getreideexporte durch die Ukraine und der Reduzierung der Lieferungen aus Russland, den Weizenpreis auf einigen Handelsplätzen bereits auf 500 USD je Tonne ansteigen ließ, wird schon bald zu einer Zunahme von Hungersnöten auf dem Planeten führen, insbesondere in armen Ländern. Dazu kommen steigende Preise bzw. höhere Ausgaben für Lebensmittel in vielen Industrieländern“, sagt Andriy Yarmak, Ökonom in der Investitionsabteilung der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO), gegenüber der ukrainischen Nachrichtenagentur Interfax und auf seiner Facebookseite.
„Weizen und Mais machen 27 Prozent der weltweit verbrauchten Kalorien aus, oder mit anderen Worten, aller verfügbaren Lebensmittel der Welt. Die Ukraine und die Russische Föderation exportieren zusammen mehr als 25 % des gesamten gehandelten Weizens der Welt. Dies ist also ein Grundprodukt für die Ernährungssicherheit. Und es gibt jetzt keine Exporte aus der Ukraine mehr, und aus der Russischen Föderation sind sie fast gestoppt", sagte der FAO-Experte.
Auch die übrigen Lebensmittelpreise erreichten im Februar (schon vor dem Krieg am Schwarzen Meer) am Weltmarkt ein neues Rekordhoch und verzeichneten einen Anstieg von 24,1 Prozent gegenüber dem Vorjahr, teilte die UN-Lebensmittelbehörde am vorigen Freitag mit (siehe unten).
Aussaat nicht möglich – steigende Düngerpreise – und Hungersnöte?

"Die Getreidepreise sind jetzt schon im Weltraum. Weizen kostet regional über 500 Dollar", sagt Yarmak. Und wohin geht dieser Weizen? Ganz häufig sind das die Länder der Dritten Welt. Und dort ist es auch ohne die stark gestiegenen Preise schon sehr hart und es drohen nun Hungeraufstände", sagt der Experte der FAO über die Folgen des Krieges für die Welternährungssicherheit auf seiner Facebook-Seite am vorigen Donnerstag.
Yarmak sagte weiter, dass Militäraktionen der Russischen Föderation auch die aktuelle Aussaatkampagne in der Ukraine erheblich stören, was angesichts der extrem hohen Weltmarktpreise für Erdgas und dementsprechend auch für Mineraldünger besonders katastrophal ist. Denn: Die Kombination dieser Faktoren führt dazu, dass die Ukraine wahrscheinlich viele Monate lang kein Getreide mehr exportieren kann und die Erntemengen wohl erst nach einigen Jahren wieder das Vorkriegsniveau erreichen können.
Gleichzeitig wird die Abschottung der Märkte anderer Länder vom Einkauf landwirtschaftlicher Produkte aus der Russischen Föderation auch die Getreideversorgung auf dem Weltmarkt erheblich beeinträchtigen und die Handelsströme massiv verändern.
Nahrungsmittelausgaben steigen auch im Westen drastisch
„Während dieser ganzen Zeit wird die Zahl der Menschen auf der Welt, die keinen Zugang zu den Mindestkalorien haben, nach meinen sehr groben Mindestschätzungen um 800 Millionen Menschen wachsen und vielleicht um 1 Milliarde", glaubt de FAO-Experte.
"Das bedeutet einen starken Anstieg der Neugeborenensterblichkeit in den armen Ländern der Welt und viele Todesfälle durch Hunger und andere Krankheiten, die durch Unterernährung bei Erwachsenen verursacht werden“, ist Yarmak überzeugt.
„In den entwickelten Ländern der westlichen Welt haben viele Menschen ihre Ersparnisse in Aktien angelegt. Jetzt haben sie in den letzten Tagen bereits Hunderte von Milliarden Dollar verloren. Doch werden sie noch mehr verlieren", heißt es weiter.
Sie müssen künftig nämlich hunderte von Milliarden Dollar mehr für Lebensmittel ausgeben und das wird dann aus ihren Ersparnissen kommen müssen, ist der FAO-Experte überzeugt.
Auch andere Lebensmittel am Weltmarkt so teuer wie noch nie

Der Lebensmittelpreisindex der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation (FAO) der die weltweit am häufigsten gehandelten Lebensmittel abbildet, lag letzten Monat im Durchschnitt bei 140,7 Punkten gegenüber 135,4 vom Januar. Das ist Anstieg von 24,1 Prozent gegenüber dem Vorjahr und zugleich sind das die bislang höchsten Nahrungsmittelpreise überhaupt.
Die steigenden Lebensmittelpreise haben zuletzt zu einem breiteren Anstieg der globalen Inflation beigetragen, als sich die meisten Volkswirtschaften von der Coronavirus-Krise erholten, und die FAO hatte gewarnt, dass die höheren Kosten ärmere Bevölkerungsgruppen in den Ländern gefährden, die auf Importe angewiesen sind. Der FAO-Ökonom Upali Galketi Aratchilage sagte: "Die Folgen der Erntebedingungen am Schwarzen Meer und der Exportverfügbarkeit von Getreide lieferten aber nur eine teilweise Erklärung für den starken Anstieg der weltweiten Lebensmittelpreise."
„Ein noch größerer Schub für die Lebensmittelpreisinflation kommt von außerhalb der Lebensmittelproduktion, insbesondere aus dem Energie-, Düngemittel- und Futtermittelsektor“, sagte der FAO-Experte. „All diese Faktoren drücken tendenziell die Gewinnmargen der Lebensmittelhersteller und halten sie davon ab, zu investieren und ihre Produktion auszuweiten."
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