
Die Inflationsrate in Deutschland − gemessen als Veränderung des Verbraucherpreisindex (VPI) zum Vorjahresmonat – lag im April 2022 bei +7,4 %. „Die Inflationsrate erreichte damit im zweiten Monat in Folge einen neuen Höchststand im vereinigten Deutschland“, sagt Dr. Georg Thiel, Präsident des Statistischen Bundesamtes (Destatis). Bereits im März 2022 war die Inflationsrate sprunghaft auf 7,3 % gestiegen, insbesondere infolge der Preisentwicklung der Energieprodukte.
Auffallend sind im April 2022 die überdurchschnittlichen Preissteigerungen bei den Nahrungsmitteln. Hier werden nach Einschätzung der Statistiker zunehmend die Auswirkungen des Krieges in der Ukraine sichtbar. Allerdings waren die Preise für Nahrungsmittel und Agrarprodukte auf Erzeugerebene und auch auf Industrieebene schon vor dem Kriegsausbruch kräftig gestiegen – vor allem aufgrund der stark steigenden Energiepreise, explodierender Düngerkosten, gestörter Lieferketten und den Folgen der globalen Corona-Krise auf Produktion und Handel.
Der Krieg in der Ukraine wirkte dann nur noch als Katalysator oder als Brandbeschleuniger auf eine Entwicklung, die schon vorher zu erkennen war. Hinzu kommt, dass nämlich auch die Kosten für die Produktion von Nahrungsmitteln dramatisch gestiegen sind – sowohl für Landwirte als auch für die Industrie. Nun haben in den vergangenen Wochen auch die Lebensmittelhändler und Discounter wie Aldi und Lidl ihre Preise für viele Produkte deutlich erhöht. Denn sie sehen in vielen Produktbereichen ein Phänomen was es in Deutschland zuvor noch nicht gegeben hat: Knappheit oder zumindest ein begrenztes Angebot bei Nahrungsmitteln. Und nichts anderes zeigen die hohen Preise.
Hohe Lebensmittelpreise verändern Verbraucherverhalten

Die Preise für Nahrungsmittel erhöhten sich im April 2022 für die privaten Haushalte spürbar um 8,6 % gegenüber dem Vorjahresmonat. Damit hat sich der Preisauftrieb deutlich verstärkt (März 2022: +6,2 %). Preiserhöhungen wurden bei allen Nahrungsmittelgruppen ermittelt. Erheblich teurer wurden wie jeder gemerkt hat Speisefette und Speiseöle, hier lag der Preissprung bei 27,3 % Und auch für Fleisch und Fleischwaren mussten die Verbraucher 11,8 % mehr ausgeben.
Dabei stiegen die Preise für Rindfleisch um 18,8 % und auch Schweinefleisch war im April 16,5 % teurer als im Vorjahr und 7,0 % teurer als im Vormonat. Ein gutes Argument für höhere Erzeugerpreise. Molkereiprodukte haben sich um 9,4 % verteuert, dort lag der Aufschlag etwa für Vollmilch bei 9,7 %, für Käse bei 6,6 % und für Butter wurden im LEH 31,3 % mehr als im Vorjahr und 13,5 % mehr als im Vormonat verlangt. Deutlich im Preis zugelegt haben auch Eier mit 24,4 % und Kartoffeln mit 13,7 %.
Für den Verbrauch und die Nachfrage dürfte die hohen Preise deutlich Auswirkungen haben, wie ähnlich Entwicklungen zum Beispiel zur Finanzkrise gezeigt haben. Die Verbraucher kaufen anders ein: Sie kaufen weniger, wechseln zu günstigeren oder komplett anderen Produkten du sie sparen wo es geht. Ein anderer Effekt ist, dass der Absatz von vergleichsweise teuren Bioprodukten und anderen Pemiumprodukten merklich zurückgeht, wenn das Geld knapp wird. Das ist offenbar jetzt schon zu spüren, berichten Konsumforscher.
Energiepreise sind der Preis- und Kostentreiber Nummer 1
Seit Beginn des Kriegs in der Ukraine sind insbesondere die Preise für Energie noch einmal kräftig gestiegen – obwohl Strom, Gas, Heizöl, Benzin und Diesel auch vorher schon richtig teuer waren. Die hohen Energiepreise beeinflussen natürlich die Inflationsrate erheblich und natürlich auch die Kosten der Produktion in der Landwirtschaft und Industrie. Und das nicht nur für Treibstoff, Gas und Strom – sondern auch für Mineraldünger. Und sie sind auch mitverantwortlich für die hohen und weiter steigenden Produktions- und Transportkosten.
Eine ähnlich hohe Inflationsrate wie im April 2022 gab es zuletzt im Herbst 1981, als infolge des Ersten Golfkriegs zwischen dem Irak und dem Iran die Mineralölpreise ebenfalls stark gestiegen waren. Hinzu kommen Lieferengpässe durch unterbrochene Lieferketten aufgrund der Corona-Pandemie und die deutlichen Preisanstiege auf den vorgelagerten Wirtschaftsstufen, sagen die Statistiker. Die Preise für Energieprodukte lagen im April 2022 um 35,3 % über dem Niveau des Vorjahresmonats, nach +39,5 % im März 2022.
Mit +98,6 % haben sich die Preise für leichtes Heizöl im April 2022 fast verdoppelt, auch Kraftstoffe (+38,5 %) und Erdgas (+47,5 %) verteuerten sich merklich. Die Preiserhöhungen für die anderen Energieprodukte lagen ebenfalls deutlich über der Gesamtteuerung, zum Beispiel für feste Brennstoffe (+23,9 %) und Strom (+19,3 %).
Der Preisauftrieb bei den Energieprodukten wurde noch von weiteren Faktoren beeinflusst: Neben den kriegs- und krisenbedingten Effekten wirkte sich unter anderem die zu Jahresbeginn gestiegene CO2-Abgabe von 25 Euro auf 30 Euro pro Tonne CO2 aus.
Hier ist Ihre Meinung gefragt
Werden Sie Teil unserer Community und diskutieren Sie mit! Dazu benötigen Sie ein myDLV-Nutzerkonto.