
Eine schwere Dürre dürfte die Maisernte der Europäischen Union um 10 Millionen Tonnen schrumpfen lassen. Mit nur noch 55,4 Millionen Tonnen wäre das die kleinste Maisernte seit 15 Jahren, erwartet das Beratungsunternehmen Strategie Grains. Die Prognose bedeutet eine Korrektur um 15 Prozent gegenüber der Juli-Schätzung von 65,4 Millionen Tonnen.
Auch das USDA hat die europäische Maisernte am Freitag um 8 Millionen Tonnen nach unten geschätzt – allerdings von 68 auf 60 Millionen Tonnen. Strategie Grains hat die Erwartungen für die Maisernte in der EU gesenkt, weil die sich verschärfende Dürre und mehrere aufeinanderfolgende Hitzewellen in wichtigen Erzeugerländern wie Frankreich, Rumänien und Ungarn, die Maispflanzen während ihrer entscheidenden Wachstumsperiode im Sommer massiv belastet haben.
„Die Aussichten für die Körnermaisernte 2022 in ganz Europa haben sich drastisch verschlechtert“, sagte Strategie Grains in seinem aktuellen Getreidebericht. Fazit der Analysten ist: Das wäre die kleinste Ernte seit 2007.
Das USDA hat ebenfalls die Länder aufgelistet, in denen „extreme Hitze und Dürre“ die Ernteaussichten deutlich verringert haben. Das sind: Rumänien, Ungarn, Frankreich, Italien, Spanien, Bulgarien und auch Deutschland.
Hoher Importbedarf und Verlagerung der Nachfrage

Die rückläufigen Ernteaussichten veranlassten Strategie Grains auch, die Prognose für die Maisimporte in die EU um fast 3 Millionen Tonnen auf 20 Millionen Tonnen anzuheben. Darin wären immerhin 9 Millionen Tonnen Mais enthalten, die voraussichtlich aus der Ukraine kommen sollen, obwohl die wirklichen ukrainische Exporte angesichts des anhaltenden Konflikts mit Russland und dem unsicheren Transport durch den vereinbarten Seekorridor ungewiss blieben, sagte Strategie Grains. Das USDA hat die Maisimporte der EU am Freitag von 16 auf 19 Millionen Tonnen angehoben.
Den Maiseinsatz als Viehfutter, dem Hauptabsatzmarkt für Körnermais, reduzierten die Analysten in der EU um über 4 Millionen Tonnen und verlagerten einen Teil der Nachfrage auf Futterweizen und Gerste. Eine geringere Verfügbarkeit von Mais könnte nach Einschätzung von Strategie Grains zudem das europäische Angebot an Weizen und Gerste weiter einschränken, je nachdem, wie viel Getreide die EU am Ende exportiert, sagte Strategie Grains.
Heißes und trockenes Wetter in Teilen des Mittleren Westens der USA hat die Sorgen über Ertragsverluste beim weltgrößten Maisproduzenten geschürt und die Preise zuletzt gestützt. Das USDA hatte die US-Produktion am Freitag um fast 4 Millionen Tonnen auf 364,7 Millionen gesenkt. Andererseits hat der USDA-Bericht die Maisproduktion in der Ukraine um 5 Millionen Tonnen auf 30 Millionen Tonnen nach oben revidiert. Damit könnte die Ukraine anstelle der bisher erwarteten 3,5 Millionen Tonnen jetzt 12,5 Millionen oder mehr exportieren, sagt das USDA.
Noternte in Frankreich und Europa
Die Maisernte in Frankreich wurde letzte Woche ebenfalls auf den niedrigsten Stand seit mindestens einem Jahrzehnt nach unten gesetzt, sagen die Daten des Landwirtschaftsbüros FranceAgriMer. Gründe sind die anhaltende Dürre und die extreme Hitzewelle, die die Felder des größten Getreideproduzenten der Europäischen Union vertrocknen lassen. Nur noch 53 % des französischen Körnermaises befanden sich am 8. August in gutem oder ausgezeichnetem Zustand, verglichen mit 62 % in der Vorwoche, sagte FranceAgriMer in seinem Getreidebericht.
Das war der niedrigste Wert für diese Jahreszeit in Frankreich, sagen die AgriMer-Daten, die bis ins Jahr 2011 zurückreichen. Die diesjährige Bewertung hat bereits im Juli rund 30 Prozentpunkte verloren. Mais gehört zu den Kulturen, die am stärksten von der schlimmsten Dürre in Europa betroffen sind. Vor einem Jahr wurden noch 91 % der französischen Maispflanzen in derselben Woche als gut oder ausgezeichnet bewertet, sagte FranceAgriMer.
Die französische Maisernte könnte aber noch mehr Schaden erlitten haben, denn das heiße Wetter hielt bis zuletzt an und die Temperaturen erreichten im Südwesten fast 40 Grad Celsius. Auch andere Teile Europas haben diesen Sommer unter der schweren Dürre und extremer Hitze gelitten, was Analysten und auch die EU-Kommission dazu veranlasste, ihre Erwartungen für die diesjährige Maisernte in der EU immer weiter zu kürzen.
Der heiße und sehr trockene Sommer wird außerdem zu einem sehr frühen Beginn der französischen Maisernte führen, ähnlich wie das auch in Deutschland und anderen Ländern der Fall ist. Auch die übrigen Getreidearten wurden in Frankreich und anderen Ländern früher und schneller als üblich geerntet.
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