Die russische Regierung fährt weiterhin zweigleisig: Einerseits kündigt Moskau wiederholt an, Getreide könne schon bald wieder über Seehäfen am Schwarzen Meer exportiert werden. Das führte vorige Woche prompt zu einem Rückgang der internationalen Getreidepreise.
Andererseits zerstörten russische Streitkräfte am Wochenende ein großes Terminal zur Verladung von Getreide und anderen Agrarrohstoffen in der ukrainischen Stadt Mykolajiw. Das berichtet das englischsprachige ukrainische Wirtschaftsmagazin Business Ukraine.
Weizen kostet vorübergehend wieder über 400 Euro je Tonne

Die Weizenpreise verzeichneten daraufhin zu Wochenbeginn einen kräftigen Wiederaufschwung nach den zuletzt rückläufigen Notierungen. An der Pariser Terminbörse Matif legte der Kontrakt für neuerntigen Weizen (September 2022) am Montag gegenüber dem Schlusskurs der Vorwoche um 19,25 Euro oder mehr als 5 Prozent auf 397,50 Euro/t zu. Vorübergehend wurde sogar die Linie von 400 Euro wieder überschritten. Am heutigen Dienstag (7.6.) gab die Notierung aber wieder etwas von den Gewinnen ab. Um die Mittagszeit wurde der September-Kontrakt mit 390,75 Euro/t gehandelt.
Auch der Raps legte vorübergehend kräftig zu. Der Schlusskurs von 804,50 Euro/t vom Montag lag um 28,75 Euro oder 3,7 Prozent über dem Schlusskurs am Freitag. Heute gab der August-Kontrakt bis zur Mittagszeit wieder um knapp 2 Prozent nach auf 789,50 Euro/t.
Unwetter in Frankreich stützen die Getreidepreise zusätzlich
Für bullische Stimmung am Weizenterminmarkt sorgten zuletzt auch Unwetter in Frankreich. Wie die Präsidentin des französischen Bauernverbandes (FNSEA), Christiane Lambert, berichtete, verursachten Hagel, Sturm und Starkregen in ganz Frankreich teils erhebliche Schäden in Weizen und Gerste.
Bereits am Freitag war die wöchentliche Bonitierung der Weichweizenbestände durch die französische Agrarbehörde FranceAgriMer zum fünften Mal in Folge schlechter ausgefallen. Demnach befanden sich in der Woche zum 30. Mai nur noch 67 Prozent der Bestände in einem „guten“ oder „ausgezeichneten“ Zustand; das waren 2 Prozentpunkte weniger als in der Vorwoche. Auslöser für die immer schlechteren Einstufungen waren Trockenheit und Hitze. Die Ernteaussichten in Frankreich werden angesichts der Unterbrechung der Getreidelieferungen aus der Ukraine genau beobachtet. Frankreich ist der größte Weizenerzeuger der Europäischen Union und ein wichtiger Anbieter am Weltmarkt.
Türkische Marine soll Getreidefrachtern Begleitschutz geben
Unterdessen bekräftigte Russland zu Beginn dieser Woche seine Version der Entwicklung des Getreidehandels über das Schwarze Meer. Verteidigungsminister Sergei Shoigu wird von der Nachrichtenagentur Reuters mit den Worten zitiert, die Minenräumung des Hafens von Mariupol sei abgeschlossen. Der Hafen funktioniere „normal“ und die ersten Frachter hätten angelegt. Auch der Hafen von Berdjansk sei von Minen geräumt worden. Getreidelieferungen könnten aufgenommen werden.
Die beiden ukrainischen Hafenstädte sind derzeit von russischen Truppen besetzt. Die Vereinten Nationen versuchen mit Hilfe der Türkei als Mittler einen sicheren Korridor für den Getreideexport aus der Ukraine über das Schwarze Meer zu öffnen. Dabei sollen Frachter, die den Hafen Odessa anlaufen oder verlassen, offenbar Begleitschutz durch türkische Kriegsschiffe erhalten.
Hier geht es zu den aktuellen Börsenkursen für Weizen, Mais und Raps.
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