Nein, die Welt geht wohl nicht unter, wenn wir im Januar keine frischen Brombeeren mehr haben, keine Mangos oder essreife Avocados, morgens aus Südamerika einflogen. Allerdings ist das mittlerweile für viele Menschen eine Selbstverständlichkeit geworden. Saisonal und regional ist eher eine Art des Konsums, die in Vergessenheit geraten ist.
Dabei ist weitgereiste Leckerei alles andere als zeitgemäß. Das hat man sich wohl auch bei Aldi Suisse gesagt. Mit Jahresbeginn gab der Discounter Schweizer Aldi bekannt, fortan auf das Einfliegen von Obst und Gemüse zu verzichten.
Nur noch regional? Das hieße also, in Zukunft landet nur noch Obst und Gemüse auf dem Teller, welches in Mitteleuropa im Winter zu haben ist. Das ist ein spannendes Gedankenexperiment.
Übersichtliche Regale, aber nicht eintönig
Natürlich wird dadurch die Obst- und Gemüseabteilung vor allem im Winterhalbjahr übersichtlicher. Papayas fallen weg, Baby-Bananen, keine Physalis, Erdbeeren oder Sternfrüchte mehr. In Zeiten der Klimakrise muss sich aber auch der Konsument fragen, ob das noch zeitgemäß ist. Klar, Ananas sind lecker. Aber ein CO₂-Fußabdruck von 15 Kilogramm pro Kilogramm Flug-Frucht ist schon eine Hausnummer.
Die Alternative sind Lageräpfel oder Lagerbirnen. Die Früchte halten sich wochen- oder sogar monatelang. Ein Apfel, etwa ein Boskoop, der im Oktober vom Baum kommt, wird durch das Nachreifen besser. Er schmeckt süßer, weil Stärke in weitere Zucker zerfällt.
Neben Gemüse wie Zwiebeln, die sich bei angemessener Lagerung gut halten, gibt es Gemüse, welches überhaupt erst im Winter zur Ernte ansteht. Grünkohl, Rosenkohl und Wirsing brauchen Frost geradezu, damit sie schmecken. Auch Schwarzwurzeln, Pastinaken, Steckrüben oder Feldsalat beeindruckt die Kälte wenig.
Schweizer Aldi verkauft kein Flug-Obst mehr
Vor dem Hintergrund, dass viele Konsumenten eben doch auf Verfügbarkeit aller Arten von Obst und Gemüse setzen, könnte man die Entscheidung von Aldi als mutig bezeichnen. Im Kleingedruckten geht es aber nur um im Flugzeug transportierte Produkte. Immerhin. Das Unternehmen sagt, man setze auf „klimafreundlichere Transportalternativen“. So wolle man 5000 Tonnen CO₂ im Jahr einsparen.
Der Mitbewerber Lidl ist da schon weiter; von Anfang an hat Lidl auf Flug-Obst und -Gemüse verzichtet. Seit 2020 gilt das sogar für Fleisch- und Fischprodukte. Andere große Lebensmitteleinzelhändler in der Schweiz ziehen da noch nicht mit: Migros und Coop haben solche Produkte noch im Sortiment. Allerdings kompensiere man das entstandene CO₂, so die Unternehmen. Aus dem Sortiment wolle man Flug-Obst und -Gemüse nicht nehmen. Schließlich sei der Kunde in der Verantwortung, ob er per Luftfracht angeliefertes Obst und Gemüse einkauft.
Aldi-Süd in Deutschland setzt zwar prinzipiell auf Produkte aus regionaler Herkunft, aber damit ist nicht ausgeschlossen, weit gereistes Obst und Gemüse im Regal zu finden.
Klimabilanz von Obst und Gemüse sehr unterschiedlich
Der Konsument soll es mal wieder richten. Wer mit Grünkohl und Pastinaken nicht glücklich ist, kann ein wenig an seiner Klimabilanz drehen. Es muss eben nicht die eingeflogene Ananas sein, sondern vielleicht die per Schiff transportierte. Die hat nämlich nur mehr einen CO₂-Fußabdruck von 0,6 Kilogramm. Damit liegt sie sogar vor dem Apfel aus Neuseeland mit 0,8 Kilogramm. Ein Apfel vom Bodensee oder aus dem Alten Land schlägt sogar nur mit 0,3 zu Buche. Genauso viel wie Orangen. Besonders gut kommen Karotten und Weißkohl weg, mit je 0,1 Kilogramm CO₂ pro Kilogramm Gemüse.
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