Dabei übersprangen die Kurse in London sogar die magische 400-USD-Marke. Ähnlich hohe Zuckerpreise hatte es zuletzt im Juli 2017 gegeben. Eben so kräftig wie in Europa war die Rallye für Rohzucker in New York. Die Ursachen für den Preisanstieg der letzten Wochen liegen einerseits in der deutlich kleiner erwarteten Produktion bei den beiden Top-Exporteuren Indien und Thailand.
Verstärkt wurde der nach oben gerichtete Preistrend nun durch die stark rückläufigen aktuellen Produktionsmengen in Brasilien. Verschiede Analysten haben deshalb das erwartete Defizit in der globalen Zuckerbilanz 2019/20 erheblich größer eingeschätzt als bisher.
Am europäischen Binnenmarkt wirkt sich der aktuelle Preisanstieg an den Börsen sicher nicht so schnell aus. Mittelfristig dürften die Zuckerpreise – und damit auch die Preise für Zuckerrüben- den Terminmarktkursen jedoch nach oben folgen.
Deutlich weniger Zucker in Brasilien?
Die Vereinigung der brasilianischen Zuckerindustrie Unica berichtete am Dienstag, dass die brasilianische Zuckerproduktion in der wichtigsten Anbauregion Mitte-Süd in der zweiten Dezemberhälfte im Jahresvergleich um 82,4 Prozent auf 13.000 Tonnen gefallen ist, verglichen mit 73.000 Tonnen im gleichen Zeitraum des Vorjahres. Auch die letzten Produktionsschätzungen der brasilianischen Agrarbehörde CONAB beflügelten die Preise. CONAB hat seine Prognose zur Zuckerproduktion in Brasilien für 2019/20 von 31,8 Mio. Tonnen im August um -5,3 Prozent auf nu noch 30,1 Mio. Tonnen gesenkt.
Voriges Jahr haben Zuckermühlen in Brasilien so viel Zuckerrohr wie möglich zu Ethanol verarbeitet, um die steigende Nachfrage der Autonutzer nach Biokraftstoffen zu befriedigen. Rund 70 Prozent der PKWs in Brasilien können nach Angaben des Rohstoffmakler Marex Spectron entweder mit reinem Ethanol oder mit einer Mischung aus Ethanol und Benzin betrieben werden.
Die Gefahr für den Zuckermarkt besteht nun darin, dass höhere Zuckerpreise die brasilianischen Mühlen dazu bewegen, wieder weniger Ethanol und mehr Zucker zu produzieren. Nach Aussagen eines Londoner Zuckerhändler könnten dadurch bis zu 4 Millionen Tonnen zusätzlichen Zucker zur weltweiten Versorgung beitragen.
Thailand hat weniger Zucker
Gestützt wird der Markt auch durch die deutlich kleineren Produktionsmengen bei den beiden asiatischen TOP-Exporteuren Indien und Thailand. Analysten berichten , dass die Zuckerpreise in Indien und Brasilien in Lokalwährung noch stärker gestiegen sind als am Weltmarkt, da die Landeswährungen gegenüber dem Dollar zuletzt abgewertet haben. Ungünstige Wetterbedingungen für die Zuckerfarmer in Indien und Thailand - den größten und viertgrößten Produzenten der Welt im vorigen Jahr - haben die Preise in den letzten Monaten nach oben getrieben.
Die Zuckerernte (Rohrzucker) in Thailand, die im März endet, fällt ganz offensichtlich wesentlich kleiner aus als die Ernte der letzten Saison. „Thailand hatte das ganze Jahr über sehr trockene Bedingungen", sagte Carlos Mera, Senior Commodity Analyst bei der Rabobank. "Die Auswirkungen auf den Markt sind nur spürbar." Analysten berichten zudem, dass die Bauern in dem südostasiatischen Land damit begonnen haben, Maniok anzubauen, ein Wurzelgemüse, anstelle von Zuckerrohr.
Das US-Landwirtschaftsministerium erwartet, dass die Zuckerproduktion in Thailand in der Saison 2019/20 um gut eine Million Tonnen auf 13,5 Millionen Tonnen schrumpfen wird.
Indien hat weniger exportiert als erwartet
In Indien, dem neben Brasilien größten Produzenten und Exporteur schrumpft die Produktion im Wirtschaftsjahr 2019/20 immerhin um rund 5,0 Mio. t auf nur noch 29,3 Mio. Tonnen. Die indische Sugar Mills Association meldete am am 2. Januar, dass die Zuckerproduktion in Indien für den Zeitraum Oktober bis Dezember im Jahresvergleich um -30 Prozent auf 7,8 Mio. Tonnen gefallen ist.
Zuvor hatte man allerdings mit einem noch stärkeren Rückgang der Produktion gerechnet. Indien hatte große Probleme mit übermäßigem Monsunregen, der Ende 2019 zu erheblichen Überschwemmungen in Maharashtra und anderen zuckerproduzierenden Bundestaaten führte. Indische Zuckerraffinerien profitieren nun aber von der Rallye, da die Weißzuckerpreise stärker gestiegen sind als die Rohzuckerpreise, was ihre Gewinnspannen erhöht.
"Die aus Indien erwartet Flut minderwertigen Weißzuckers auf dem Weltmarkt hat es (bisher) nicht gegeben", sagte der Rohstoffhändler Kona Haque.
Hintere Termine weniger gestiegen
Es gibt jedoch Anzeichen, dass Händler und Investoren nicht mit einer anhaltenden Rallye rechnen. Während nämlich der Preis für die vorderen Zucker-Futures (März), die in den nächsten Monaten auslaufen, sehr stark gestiegen ist, sind die Kontrakte für die neue Ernte und für 2021 nicht ganz so weit nach oben geschossen. Dies deutet darauf hin, dass Händler davon ausgehen, dass es im nächsten Jahr – zur neuen Ernte - doch mehr Zucker geben wird, als der Markt derzeit erwartet.
Der vordere März-Kontrakt in London schloss am Donnerstag bei knapp 401 USD je Tonne (360 Euro). Der August 2020 beendete den Handel bei 394 USD und der Oktoberkontrakt kostete 393 USD je Tonne (352 Euro). Am europäischen Binnenmarkt sind die Zuckerpreise zuletzt ebenfalls weiter gestiegen. Die Kommission meldet zuletzt für den Monat Oktober Durchschnittpreise von 332 Euro je Tonne Weißzucker – ein leichter Anstieg von 12 Euro gegenüber dem August.
Im Vergleich zum vorigen Jahr sind die europäischen Zuckerpreise damit 11 Euro höher. Die Preise für die Erfassungsregion 2 – der Deutschland und Frankreich angehören - lagen im Oktober aber nur bei 320 Euro je Tonne.
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