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Milchmarkt und Corona-Krise

Chinas Milchmarkt - ein Fass ohne Boden?

milchkühe.
am Mittwoch, 25.11.2020 - 05:00 (Jetzt kommentieren)

Chinas Milchproduktion wächst – doch der Verbrauch nimmt noch viel schneller zu – und damit auch die Importe.

Corona hat nur kurzzeitig für Turbulenzen am chinesischen Milchmarkt gesorgt und auch die Importe etwas gedrückt. Dabei haben vor allem die kleinen chinesischen Milchbauern unter der Corona-Krise gelitten, während große Milcherzeuger – mit staatlicher Unterstützung – noch glimpflich davonkamen.

Die aktuellen und längerfristigen Trends zeigen aber weiterhin hohe Zuwachsraten beim Verbrauch – der wohl durch die eigene Produktion niemals gedeckt werden kann. Vom Nachfrageboom profitieren nicht nur die ausländischen Lieferanten von Milchpulver und Flüssigmilch – sondern mittlerweile auch die Exporteure von Butter und Käse.

Doch der chinesische Markt ist zwischen den großen Exportländern hart umkämpft – sowohl Neuseeland und Australien als auch die USA versuchen durch bilaterale Handels- und Zollabkommen ihre Marktposition in China zu verbessern. Da ist es für die europäischen Exporteure schwer, ihre Marktanteile zu halten – oder sogar auszubauen – wie etwa bei Flüssigmilch, Magermilchpulver oder Käse.

Chinesen kaufen immer mehr Milch

melken in china.

Chinas Milchproduktion wird im Jahr 2021 voraussichtlich 34,5 Millionen Tonnen erreichen. Das ist eine Steigerung von rund 5 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Grund ist die verbesserte Produktivität. Das chinesische Ministerium für Landwirtschaft und ländliche Angelegenheiten (MARA) geht davon aus, dass die durchschnittliche Milchleistung von Milchkühen in Großbetrieben im Jahr 2020 etwa 8.000 Kilogramm erreichen wird. Und es wird erwartet, dass sich die Produktivität in den großen Betrieben weiter verbessert.

Viele große Milchviehbetriebe haben nämlich in modernste Melkanlagen und Fütterungssysteme sowie in Tiergenetik investiert. Dies hat die Produktivität kräftig gesteigert. Nach chinesischen Angaben sind mittlerweile fast 70 Prozent aller Milcherzeuger sogenannte große Betriebe. Kleine Betriebe können aufgrund der hohen Futterkosten und deutlich schlechterer Genetik meist nicht mit den mit großen Milchviehbetrieben konkurrieren, schreibt die chinesische Außenstelle des US-Landwirtschaftsministeriums (USDA) in ihrer Untersuchung.

Viele chinesiche Molkereien haben zudem in die Modernisierung und Erweiterung ihrer Milchviehbetriebe investiert, um eine gleichbleibende Qualität der Frischmilchversorgung sicherzustellen und auch um Niedertemperatur-Produkte (wie pasteurisierte Milch) herstellen zu können. Diese Entwicklung wurde durch sehr stark wachsende Nachfrage der städtischen Verbraucher nach H-Milch und Frischmilchprodukten ausgelöst.

Im April dieses Jahres stellte das größte Milchverarbeitungsunternehmen Chinas Pläne zum Bau einer Milchviehbetriebes in der Inneren Mongolei an. Dort sollen dann etwa 100.000 Rinder gehalten werden. Immer mehr Molkereien kaufen zudem Anteile an großen Milchviehbetrieben oder planen und organisieren selber den Neubau, um so eine bessere Kontrolle über ihre Milchversorgung zu bekommen.

Der Staat kurbelt Produktion an und gibt viel Geld

chinas milchproduktion.

Chinas Regierung ist stark bemüht, die Effizienz des Milchsektors zu verbessern und zu standardisieren, berichtet das USDA. So hat die China Dairy Association im Juli 2020 einheitliche Standards für die Einstufung und Bewertung von Milchviehbetrieben herausgegeben.

Außerdem hat etwa die Provinzregierung von Henan im August 2020 angekündigt, Landwirten, die Milchviehbetriebe mit mehr als 100 Rindern gründen oder diese erweitern wollen, einen Zuschuss von 5.000 RMB (735 USD) pro Tier zu gewähren. Weiterhin stellt man Subventionen für Landwirte bzw. Unternehmen bereit, die Milchkühe und Zuchtembryonen importieren wollen. Die derzeitige starke Expansionswelle moderner Milchviehbetriebe hat auch zu einer deutlichen Verbesserung der Rindergenetik und zu standardisierten Fütterrungstechniken geführt.

Die Dynamik der großen Milchvieh-Betriebe zeigt sich auch bei den Importen: China importierte in den ersten sieben Monaten des Jahres 2020 rund 155.000 lebende Rinder. Das ist eine Steigerung von 42 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Die chinesiche Behörden gaben an, dass etwa 75 Prozent der Tiere Milchkühe waren. Der Preis für importierte Holstein-Kühe ist nach Angaben des USDA von 18.000 RMB (2.608 USD) im Januar 2020 auf 25.000 RMB (3.623 USD) im September gestiegen.

Raufutter für Milchkühe ist (und bleibt) in China allerdings sehr knapp: Die chinesischen Importe von Alfalfa (Luzerne-Heu) für die Milchviehfütterung nahm in den ersten sieben Monaten des Jahres 2020 auf 735.700 Tonnen zu. Ein dickes Plus von 26 Prozent. Lieferant sind hauptsächlich die USA.

Noch viel Luft nach oben beim Milch-Verbrauch

milchkühe in china.

Nach chinesischen Angaben wird die tägliche Aufnahme von Milchprodukten durch chinesische Verbraucher im Jahr 2019 auf 97 Gramm (auf Basis von flüssiger Milch) geschätzt, verglichen mit dem weltweiten Durchschnitt von 303 Gramm. In den Ernährungsrichtlinien für chinesische Einwohner wird eine tägliche Aufnahme von Milchprodukten von 300 Gramm empfohlen, was auf ein großes Potenzial für ein kontinuierliches Wachstum des Milchkonsums hinweist.

Flüssige Milch, insbesondere UHT-Milch und Joghurt, dominieren nach wie vor den Milchkonsum. Der Marktanteil für pasteurisierte Milch ist jedoch 2019 auf 26 Prozent gestiegen und wird voraussichtlich kurzfristig um 10 bis 15 Prozent pro Jahr steigen, schätzt das USDA.

Der Konsum von Joghurt zeigt ebenfalls starke Wachstumschancen bei den Verbrauchern in Großstädten. Darüber hinaus lässt der starke Nachfrage-Zuwachs bei verarbeiteten Milchprodukten – wie etwa bei Käse und Butter – zusätzliche Absatzmöglichkeiten der ausländischen Lieferanten bzw. Exporteure erwarten.

Im ersten Quartal 2020 ging der Milchkonsum in Einzelhandelsgeschäften, Schulen, Hotels und Restaurants aufgrund der Covid-19-Pandemie zwischen 5 und 11 Prozent zurück. Im zweiten Quartal erholte sich der Gesamtkonsum jedoch wieder deutlich, da die Verbraucher Milch verstärkt als proteinreiches Nahrungsmittel wahrnahmen, und dehalb auch den privaten Konsum von Milchpulver erhöhten. Letzteres wurde vor allem über Online-Plattformen gekauft.

Importe von Flüssigmilch, Butter und Käse wachsen zweistellig

milchproduktion in china.

Chinas Importe von flüssiger Milch, hauptsächlich abgepackter UHT-Milch, werden für 2021 auf 980.000 Tonnen prognostiziert, ein Anstieg von 5 Prozent gegenüber 2020. Ursache ist die boomende Nachfrage im Verbraucher- und Lebensmittelsektor.Die Europäische Union (EU) bleibt der größte Lieferant von flüssiger Milch nach China, gefolgt von Neuseeland.

Chinas Käseimport wird voraussichtlich 2021 um fast 17 Prozent auf 155.000 steigen, getrieben von einer sehr starken Nachfrage. Die wichtigsten Käselieferanten bleiben Neuseeland und Australien, die beide ein Freihandelsabkommen mit China unterzeichnet haben. Die Vereinigten Staaten, der drittgrößte Käselieferant, werden nach dem seit März 2020 eingeführten Zollausschlussverfahren voraussichtlich ihre Käseausfuhren nach China steigern.

EU-Käsehersteller können künftig von einem am 14. September 2020 unterzeichneten Abkommensentwurf zwischen China und der EU profitieren, der zusätzlichen Schutz für geografische Herkünfte bietet, die viele europäische Käsemarken kennzeichen.

Die Importprognose für Butterimporte liegt im Jahr 2021 bei 150.000 Tonnen, eine Steigerung von 17 Prozent gegenüber 2020. Die hohe Wachstumsrate für Butterimporte ist auf die sich schnell entwickelnde Bäckereiindustrie und ihre Abhängigkeit von importierter Butter zurückzuführen. Der Marktanteil der neuseeländischen Butterversorgung beträgt mehr als 80 Prozent. Die EU ist der zweitgrößte Butterlieferant für China.

Starkes Importwachstum bei Milchpulver – nach Corona-Krise

magermilchimporte.

Chinas Import von Vollmilchpulver (VMP) wird für 2021 auf 715.000 Tonnen geschätzt, was einer Zunahme von 13 Prozent gegenüber den niedrigeren Importen des Jahres 2020 entspricht.

Grund der niedrigen Importe 2020 waren die Marktstörungen aufgrund der Covid19 Pandemie. Neuseeland ist der dominierende Lieferant von VMP nach China. Die Ozeanier profitieren dabei von den niedrigeren Preisen durch ein Freihandelsabkommen.

Der Gesamt-Import von Magermilchpulver (MMP) nach China wird für 2021 auf 340.000 Tonnen prognostiziert. Das ist ein Anstieg von fast 10 Prozent gegenüber 2020. Auch die MMP-Importe werden sich im Jahr 2021 also von dem geringeren Importniveau im Jahr 2020 erholen.

Obwohl Neuseeland auch die MMP-Importe dominiert, wird erwartet, dass der Anteil der Einfuhren aus den USA zunimmt, was von günstigeren US-Inlandspreisen und einem im März 2020 eingeleiteten Zollausschlussverfahren liegt.

Mit Material von FAS/USDA Dairy and Products Annual China

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