Im September haben Discounter wie Lidl und Aldi die Preise für Trinkmilch um 4 bis 5 Cent je Liter angehoben. Aldi warb explizit damit, die Preise zu Gunsten der leidtragenden Bauern zu erhöhen. "Aldi hat sich entschlossen, einen wesentlichen Beitrag zur Verbesserung der angespannten Lage auf dem deutschen Milchmarkt zu leisten", hieß es in der dazugehörigen Pressemitteilung. Lidl wirbt mit höheren Tierstandards und erklärt für die Erfüllung strengerer Anforderungen einen Aufschlag an bayerische Milcherzeugerbetriebe zu zahlen.
Milchpreiserhöhung: 'Kein einziger Cent kommt an'
Von den Milchpreis-Erhöhungen des Einzelhandels "kommt kein einziger Cent an", erklärte Agrarminister Till Backhaus kürzlich in einer Pressemitteilung. Das bestätigt auch das Ergebnis einer agrarheute-Umfrage (15.10.), wonach 90 Prozent der Milcherzeuger angaben, dass sich der Auszahlungspreis für Milch seitdem nicht erhöht habe. "Vielmehr nutzen die Discounter die miserable Lage der Bauern aus, um auf ihre Kosten eine öffentlichkeitswirksame PR-Kampagne zu fahren. Frei nach dem Motto: Schaut her, wir tun doch was. Letztendlich muss eher die Frage gestellt werden, ob hier nur die Chance erkannt wurde und den Verbrauchern eine versteckte Preiserhöhung untergejubelt wurde", so Dr. Till Backhaus, Minister für Landwirtschaft, Umwelt und Verbraucherschutz MV.
Lidl wirbt mit reinen Absichtserklärungen
Lidl schreibt sich seit einiger Zeit höhere Tierwohlstandards, mehr Naturschutz und sogar die Förderung von Familienbetrieben groß auf die Fahne. In den letzten Wochen versendet der Discounter Lidl immer wieder neue Pressemitteilungen, in denen er Initiativen für eine nachhaltigere Erzeugung ankündigt.
Diese Woche kündigte das Unternehmen für die Marke "Ein gutes Stück Heimat" an: "Ab Januar 2016 stehen besonders Themen im Fokus wie Förderung von Familienbetrieben, überdurchschnittliche Tierwohl- und Tierkomfortmaßnahmen, gentechnikfreie Fütterung, Engagement der beteiligten Landwirte als Naturschützer durch Bereitstellung bewirtschafteter Flächen für besondere Projekte (z.B. Blühstreifen, Lerchenfenster), schonendes Herstellungsverfahren, unabhängige Qualitätskontrolle über die ganze Produktionskette hinweg und maximale Rückverfolgbarkeit." Auf Nachfrage von agrarheute, welche konkreten Maßnahmen geplant sind, wie diese umgesetzt und finanziell honoriert werden, antwortete Lidl nicht.
Zuschlagszahlungen: Lidl bleibt konkrete Antworten schuldig
Außerdem wirbt Lidl damit, für die Regionalmarke "Ein gutes Stück Heimat" in 6 Jahren über 11 Millionen Euro Zuschlag an die bayerischen Milcherzeuger ausgezahlt zu haben. Auf Nachfrage von agrarheute, wie hoch der einzelne Zuschlag ist und wie sich das konkret auf den Auszahlungspreis auswirkt, antwortete Lidl schriftlich:
"Dieser gesondert gezahlte Aufschlag wird derzeit quartalweise aufsummiert und jeweils zu Beginn eines neuen Quartals an die teilnehmenden bayerischen Erzeuger im Verhältnis zu der von ihnen jeweils gelieferten Milchmenge ausbezahlt. Dieser Betrag erhöht den von den Molkereien regulär gezahlten Milchauszahlungspreis." Auf erneute Nachfrage bei Lidl, wie hoch etwa der Mehrerlös für den einzelnen Erzeuger ist, konnte das Unternehmen keine Antwort geben.
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