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Milchmarkt

Milch: Was die Mengensteuerung bringen kann

am Montag, 18.02.2019 - 15:05

Das Kieler Institut für Ernährungswirtschaft (ife) kommt zu dem Schluss, dass deutsche Molkereien noch stärker als bisher ihre Milchmegen planen sollten. Doch verhindert man damit Milchkrisen?

Milch wird von DMK-Milchauto abgeholt

Wir haben die wichtigsten Punkte des Berichtes vom ife-Institut für Ernährungwirtschaft "Übersicht, Ableitung und Bewertung von in der Praxis umsetzbaren Mengenplanungs- und Mengensteuerungsmodellen auf Molkereiebene" für Sie zusammengefasst. Die Studie erfolgte im Auftrag des Bundesagrarministeriums. Auf der Frühjahrskonferenz der Länderagrarminister (AMK-Konferenz) wollen sich die Bundesländer darüber unterhalten.

  • Jede Molkerei sollte laut ife betriebsindividuell prüfen, welches Modell geeignet ist, die einzelbetriebliche Verwertung, beispielsweise in Überschusssituationen, zu verbessern und einen wirklichen Beitrag zu höheren und/oder stabileren Milchpreisen für die eigenen Milchlieferanten zu leisten.
  • Bei der Prüfung der Modelle durch die Molkereien ist zu berücksichtigen, dass die Milcherzeugerstrukturen und regionalen Gegebenheiten je nach Molkerei sehr unterschiedlich sind.
  • Die Diskussionen, Meinungsbildungen und Umsetzungen zur weiteren Verbesserung und Anpassung der Lieferbeziehungen sollten Molkereien weiter intensivieren.
  • Die deutschen Molkereien sollten die Genauigkeit ihrer Milchmengenplanung deutlich verbessern, um einzelbetriebliche Mengensteuerungs- und Festpreismodelle betriebswirtschaftlich einschätzen und bewerten zu können.

Abnahmegarantie ist für Milchbauern wichtig

Weiter heißt es in der Studie:

  • Für die Mehrheit der Molkereien mit flachen Verwertungskurven, also keine Markenhersteller, sind Preisdifferenzierungsmodelle zur Mengensteuerung ungeeignet.
  • Temporäre Preisdifferenzierungsmodelle (A- und B-Preise) eignen sich in Überschusszeiten. Jede Molkerei muss sie aber sehr genau vorab prüfen, ob sie wirtschaftlich sinnvoll sind und Vorteile für den Milchpreis haben.
  • Festpreissysteme helfen, die Preisunsicherheit zu verringern. Sie sollten Milchverarbeiter mehr als bisher prüfen.
  • Bei den Verkürzungen von Kündigungsfristen sind damit einhergehende mögliche Kosten auf der Molkereiseite zu berücksichtigen, die dann negative Milchpreiskonsequenzen haben.
  • Milcherzeuger sollten Marktinformationen über einen längerfristigen zukünftigen Zeitraum bekommen. 
  • Bei der Flexibilisierung der Lieferbeziehungen durch vermehrte Angebote an schuldrechtlichen Verträgen sollte nicht vernachlässigt werden, dass ein sehr großer Teil der Milcherzeuger hohes Interesse an einer Abnahmegarantie der Molkerei hat.

Was von A- und B-Peisen zu halten ist

Detailliert haben wir die Ergebnisse der Wissenschaftler zusammengestellt, welchen Einfluss  Mengenplanungs- und Mengensteuerungsmodelle auf die Glättung der Preisschwankungen haben.

  • Preisdifferenzierungsmodelle als A/B-Preisdauermodelle sind nur in Molkereien mit größeren Verwertungsdifferenzen, z.B. bei hohem Herstellermarkenanteil, in Nischensegmenten, in Spezialsegmenten oder in Biosegmenten ökonomisch sinnvoll umsetzbar.
  • A/B-Preisdauermodelle mit verwertungsbasierten Abschlägen: Flache Verwertungskurven in den meisten deutschen Molkereien führen zu geringen Milchpreiseffekten und im Zusammenhang mit geringen Mengenreduzierungsanreizen für die Milcherzeuger zu keinen deutlichen betriebswirtschaftlichen Anreizen, Mengen zu verringern.
  • A/B-Preisdauermodelle mit festen Abschlägen: Ein fester und hoher Abschlag für Übermengen wie bei FrieslandCampina seit Januar 2019 stabilisiert in Überschussphasen auf betrieblicher Ebene Mengen und Preise. Auch hier gilt, dass es bei flachen Verwertungskurven zu Nachteilen kommt.
  • A/B-Preismodelle zum Beispiel nur für Tiefpreisphasen: Hier sind ähnliche Mengeneffekte wie beim Dauermodell und hohem Abschlag zu erwarten, aber Molkereien können den Auslösezeitpunkt betriebsindividuell steuern.
  • Angesichts der Einschränkungen der Modelle bleibt abzuwarten, ob Molkereien die Diskussionen und Planungen, rund ein Viertel der Rohmilchmenge in Deutschland sind betroffen, diese Modellen auch wirklich später umsetzen.

Festpreise bringen keine besseren Erlöse

Festpreismodelle führen üblicherweise nur zu einer geringeren Preisunsicherheit und nicht zu einer Erhöhung des Preisniveaus. Allerdings gibt es viele Ausgestaltungsvarianten, damit die Molkerei kein zusätzliches Risiko eingeht.
Jeder Milcherzeuger kann sich freiwillig je nach seiner Risikoscheu und seinen Erwartungen einen Teil der Milchmenge mit einem Festpreis sichern. Das gilt für alle Varianten einschließlich des börsenbasierten Modells.

Zu den Verbesserungen von Lieferbeziehungen gehören laut ife kürzere Kündigungsfristen in Milchlieferverträgen und das höhere Angebot für Vertragslandwirte sowie die verbesserten Marktinformationen für Milcherzeuger.

Kürzere Kündigungsfristen erhöhen die Flexibilität für Milcherzeuger. Sie können aber durch höhere Mengenunsicherheiten auch zu höheren Kosten auf Molkereiebene und damit zu geringeren Milcherzeugerpreisen führen.

Ein höherer Umfang an Vertragslandwirten erhöht die Flexibilität in den Lieferbeziehungen, reduziert die Abnahmepflicht der Molkereien. Das führt laut ife innerhalb einer Molkerei zu unterschiedlichen Milchpreisen für verschiedene Landwirtegruppen.