
Am Dienstagabend sind die Exportpreise für Milchprodukte an der globalen Handelsplattform GDT um 15 Prozent nach oben geschossen – auf den höchsten Stand seit März 2014 – also seit sieben Jahren. Mit diesem gewaltigen Preissprung hatte zuvor eigentlich kaum jemand gerechnet – obwohl die Preise an der neuseeländischen Terminbörse für Milchprodukte (NZX) bereits in den letzten Tagen und Wochen deutlich nach oben gegangen waren.
Auch am europäischen Terminmarkt für Milchprodukte waren die Preise vor allem für Butter – aber auch für Magermilchpulver – zum Monatswechsel kräftig gestiegen. Nun musste nur noch der physische Markt der Vorgaben und Signalen des Terminmarktes folgen: Und das ist gestern bei der Auktion der globalen Handelsbörse GDT geschehen. Besonders stark ging es gestern für das wichtigste neuseeländische Exportprodukt – nämlich Vollmilchpulver – nach oben, sage und schreibe um 21 Prozent!
Für Butter meldete man eine satten Preisanstieg von 13,7 Prozent und wasserfreies Milchfett verteuerte sich um 7,4 Prozent. Der Preisaufschlag für Magermilchpulver betrug immerhin noch 3,5 Prozent und für Cheddar-Käse lag das Plus bei 1,3 Prozent.
Der Terminmarkt hatte vor der Auktion mit einem (immer noch starken) Anstieg von 4 Prozentpunkte gerechnet, teilte die neuseeländische ASB-Bank in einer Analyse mit. Das Ergebnis ist eine besonders dramatische Darstellung des jüngsten globalen Trends, den wir gesehen haben, heißt es weiter: Die Milchpreise steigen, und das Ausmaß der Zuwächse übertrifft die Erwartungen.
„Die Auktion dauerte 23 Runden – das war die längste der bisherigen Aufzeichnungen - und einige Käufer waren nicht in der Lage, alle gewünschten Produkte zu erhalten“, hieß es außerdem.
Milchmarkt: China, Corona-Probleme und ein sehr knappes Angebot

Aber was sind die Ursachen für diese außergewöhnliche Rallye? Aggressive Einkäufe, die von chinesischen Käufern angeheizt wurden, haben das Ergebnis beeinflusst. Die Lagerbestände in China halten nicht mit dem Verbrauch Schritt, glauben die Analysten der ASB-Bank. Außerdem könnten Störungen bei den Schiffstransporten – bzw. beim Containerhandel – die jüngsten Trends verschärft haben, denn viele Käufer suchen nach einer Sicherung ihrer Versorgung.
Die sehr starke Nachfrage aus China und Asien nach Milchprodukten habe das Angebot übertroffen, was zu dem kräftigen Preisanstieg geführt habe, begründete auch der neuseeländische Marktanalyst Nathan Penny vom Marktforschungsunternehmen Westpac den Preissprung gegenüber den neuseeländischen Medien. Die letzten acht aufeinanderfolgenden Preisanstiege bei der Auktion wurden hauptsächlich durch die kräftig wachsende Nachfrage verursacht, sagte er.
„Was wir über Nacht gesehen haben, ist aber auch die Erkenntnis der Märkte, dass die neuseeländische Milchsaison zu Ende geht und es erst einmal nicht viel Milch geben wird. Damit bekommen wir also einen zusätzlichen Schub zu der zugrunde liegenden starken Nachfrage“, sagte Penny. Die neuseeländische Milchsaison endet im Mai und erreicht gewöhnlich im Oktober ihren saisonalen Höhepunkt – dann ist die Milchmenge etwa 15mal so groß ist zum Beginn der Saison.
Der Preiszuwachs wird aber nicht nur durch die Situation am Milchmarkt hervorgerufen, sondern wegen der Corona-Pandemie wollen viele Länder im Falle weiterer Ausbrüche zusätzliche Lebensmittelreserven haben, begründet der Analyst die Entwicklung außerdem.
Chinas eigene Milch ist sehr teuer

Die Analysten von Westpac erhöhten zudem ihre Milchpreisprognose für Landwirte um 40 Cent auf 7,90 NSD pro Kilogramm Milchfeststoffe (etwa 34,8 Euro-Cent), während der australische Milchindustrieverband ANZ seine Prognose um 50 Cent auf 7,70 NSD (etwa 33,9 Euro-Cent) anhob.
Der Geschäftsführer der neuseeländischen Großmolkerei Fonterra, Miles Hurrell, sagte gegenüber neuseeländischen Medien, dass neben der starken Nachfrage weitere Faktoren zu berücksichtigen seien, darunter die saisonale Milchmenge, die Wechselkurse und die anhaltenden Auswirkungen von Covid-19.
Ein weiterer Faktor für den „außergewöhnlichen“ Preissprung war nach Hurrels Einschätzung außerdem auch die Zuverlässigkeit der neuseeländischen Lieferketten gegenüber anderen Märkten, was bedeutete, dass die Käufer darauf vertrauten, dass sie die Produkte auch rechtzeitig erhalten würden, sagte er.
Analysten der RaboBank sagten zudem, dass die Milchproduktion in China derzeit sehr teuer sei, da die Preise für Mais und Sojamehl neue Rekordstände erreicht hätten: Das spiegele sich offenbar auch in den chinesischen Milchpreisen wider, die derzeit nur noch knapp unter den bisherigen Rekordhochs von 2014 lagen.
Weitere Faktoren für die Preisrallye sind nach Einschätzung der Rabobank das Ende der Saison auf der südlichen Hemisphäre, niedrigere Produktionsprognosen und Anlieferungsmengen in der nördlichen Hemisphäre, die Überlastungen der Häfen und Verzögerungen bei der Zollkontrolle an der chinesischen Grenze.
Das alles macht die Nachfrage nach Milchprodukten und die steigenden Preise besser verständlich, könnte jedoch auch bedeuten, dass die Volatilität am Milchmarkt deutlich zunimmt, heißt es weiter.
Die aktuellen Preise für Milch können Sie im Marktbereich von agrarheute einsehen.
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