
Überträgt man die Entwicklung des Rohstoffwertes der Milch auf die Auszahlungspreise, dann könnten die Milchpreise die Biomilchpreise bald einholen und überholen. Dann hätten wir am Milchmarkt eine ähnliche Situation wie bei Getreide, wo die konventionellen Preise zum Teil ähnlich hoch oder höher sind als die Biopreise. Und die Gründe sind offenbar fast dieseleben.
Der Biomarkt ist ein hauptsächlich lokaler und im Vergleich zum Milchmarkt sehr kleiner Markt. Nur etwa 4 % der insgesamt in Deutschland erzeugten Milch ist Biomilch. Und dabei ist die Biomilchmenge, im Unterschied zum konventionellen Markt, im Vorjahr um insgesamt 2,6 % gewachsen. Diese zusätzliche Menge muss der Biomilchmarkt erst einmal aufnehmen. Die konventionellen Milchbauern haben hingegen 2,3 % weniger Milch erzeugt. Das ist aber nicht der Hauptgrund für die steigenden Preise.
Das rückläufige Angebot an konventioneller Milch in Europa und in Übersee trifft nämlich auf eine nach Corona boomende globale Nachfrage. Hinzu kommen die steigenden Kosten, vor allem für Futter und Energie, die Biobauern und konventionelle Milchbauern gleichermaßen treffen. Nur das die Kosten in der Bio-Milchproduktion deutlich höher sind, und ähnlich wie bei Getreide, sind auch die Milchleistungen (Erträge) deutlich niedriger.
Das rächt sich bei den explodierenden Kosten, denn die langsamer steigenden Biopreise können die Kosten noch weniger abfedern als die schneller steigenden konventionellen Preise. Außerdem dürfte sich bei den hochpreisigen Biomilchprodukten die Explosion der Verbraucherpreise für Lebensmittel deutlich negativer bemerkbar machen. Denn wenn die Leute sparen müssen, dann sicher zuerst bei den sehr hochpreisigen „Luxusprodukten“ in einem Marksegment, in dem es ausreichend konventionelle Alternativen gibt.
Milchpreise steigen viel schneller als Biomilchpreise

Ein Blick auf die offiziellen Preisstatistik macht die Situation deutlich: Anfang vorigen Jahres lagen die Preise für Biomilch mit 4,0 % Fett und 3,4 % Eiweiß nach den Daten der BLE bei 49,0 Cent. Für konventionell erzeugte Milch bekamen die Bauern zu diesem Zeitpunkt 32,8 Cent. Der Preisabstand lag also bei 16,2 Cent. Danach ist viel passiert. Die konventionellen Milchpreise stiegen bis Februar 2022 um fast 12 Cent auf 44,5 Cent je kg. Ein neuer Preisrekord übrigens.
Natürlich stiegen auch die Biomilchpreise. Aber auf einem deutlich kleineren und „abgeschotteten“ Markt, ging es in der gleichen Zeit um knapp 4 Cent auf 52,9 Cent nach oben. Auch das ist übrigens ein Preisrekord. Der Preisabstand zu den konventionellen Preisen schrumpfte damit auf nur noch 8,4 Cent zusammen und hat sich damit halbiert. Doch das dürft noch lange nicht das Ende der Aufholjagd sein: Denn das zusätzliche Absatzpotential von Biomilch ist begrenzt.
Gleichzeitig zeigt die finanzielle Verwertung der wichtigsten Milchprodukte für die folgenden Monate schon deutlich höhere konventionelle Milchpreise an als die 44,5 Cent vom Februar. So hat das ife-Institut aus den realen Preisen von Butter und Magermilchpulver schon für Februar einen Rohstoffwert – also einen theoretischen Milchpreis – von 56,3 Cent ausgerechnet.
Und es kommt noch besser: Für März errechnet das ife-Institut aus den Preisen von Butter und Magermilch einen theoretischen Milchpreis von 60,9 Cent. Das hat es noch nie gegeben. Nun kann man sagen, die Preise von Butter und Magermilchpulver sind allein nicht repräsentativ für die deutsche Milchverwertung. Das stimmt natürlich. Immerhin werden mehr als 40 % der heimischen Milch auf irgendeine Art zu Käse gemacht. Doch auch der Käsemarkt stützt die hohen Preise. Die Großhandelspreise in Deutschland und Europa zeigen für Käse noch nie erreichte Rekordpreise. Also steigen auch die Milchpreise auf sehr breiter Front.
Konventionelle Milch besser bezahlt als Biomilch?
Das beste zum Schluss: Der Börsenmilchwert, der sich aus den Terminmarktpreisen von Butter und Magermilchpulver errechnet, lag zuletzt bei 66 Cent je kg, für den Monat April. Auch wenn es so hoch wohl nicht gehen wird, werden die Milchpreise in den nächsten Monaten mit Sicherheit deutlich über die 50 Cent-Marke steigen. Und sie könnten dabei die weiterhin langsamer steigenden Biomilchpreise einholen und möglicherweise überholen.
Dann wäre allerdings auch der Punkt erreicht, wo der preisliche Vorteil von konventioneller Milch aufgebrauchte ist und der Anstieg abgebremst wird. Sicher ist das aber nicht. Der sehr viel größere und sehr knapp versorgte konventionelle Markt und die explodierenden Kosten der Bauern und der Molkereien könnten die Preise durchaus noch weiter nach oben treiben.
Die Frage ist dann aber: Welche Preise der Verbraucher bereit ist, für Milchprodukte überhaupt zu zahlen, bei einem immer schmaler werdenden Budget. Denn: Die normalen Leute haben mit explosionsartig steigenden Preisen für Energie und Lebensmittel zu kämpfen und werden sich genau überlegen, wie viel Geld sie am Ende für welches Lebensmittel ausgeben wollen und können. Bis dahin wird es jedoch noch einige Zeit dauern.
Und es ist theoretisch möglich, das die konventionellen Milchpreise die Biomilchpreise überholen. Wer hätte geglaubt, dass das jemals möglich ist.
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