
Selten waren die regionalen Preisunterschiede zwischen den Auszahlungspreisen der Molkereien so groß wie im Moment. Vereinzelt lagen die Preise in einigen wenigen Molkereien nur knapp über 40 Cent. Im Norden wurden für April hingegen mit 54 Cent die bislang höchsten Preise überhaupt gezahlt.
Doch dieser Rekordpreis ist mehr als gerechtfertigt. Denn der Rohstoffwert der Milch, das ist der theoretische Milchpreis, den das ife-Institut aus den Verkaufspreisen von Butter und Magermilchpulver ausrechnet, lag im April noch viel höher: Nämlich bei 67,5 Cent. Nun produzieren jedoch nicht alle Molkereien Butter und Magermilch – und profitieren damit auch nicht direkt von den derzeit viel schneller gestiegenen Preisen für diese beiden für den globalen Handel enorm wichtigen Produkten.Bei diesen so genannten Bulkprodukten sind die Preise an den Spotmärkten seit Monaten nämlich viel schneller gestiegen, als für hochverarbeitete Milchprodukte.
Längere Vertragslaufzeiten im Einzelhandel und andere Absatzbedingungen, bremsen in diesem Segment den Anstieg offenbar deutlich ab. Gleichwohl befinden sich auch die für die finanzielle Verwertung der Milch enorm wichtigen Käsepreise auf einem Rekordstand. Umgekehrt wird natürlich auch ein möglicher Preiserückgang bei den hochverarbeiteten Produkten langsamer erfolgen, als bei den Herstellern von Bulkprodukten, und die Lieferanten bei einer Korrektur besser schützten, als die norddeutschen Kollegen.
Doch erst einmal profitieren die norddeutschen Milchbauern von dem schellen Anstieg der Spotmarktpreise für Bulkprodukte – aufgrund der engeren Verbindung zu den Exportmärkten - deutlich stärker jedenfalls als die süddeutschen Käsehersteller.
Milchpreise zwischen 40 und 54 Cent – im Norden am höchsten
Schaut man noch einmal auf die Preisunterschiede zwischen den Regionen, so zeigt sich aktuell eine Umkehrung der sonstigen Situation: Die norddeutschen Milchpreise sind zum Teil deutlich höher als im Süden, Westen und Osten.
Ein grober Überblick über die Auszahlungspreise von April zeigt, dass die etwa 8 norddeutsche Molkereien ihren Milchbauern zwischen 50 und 54 Cent zahlen. Auch die übrigen Molkereien im Norden zahlen zwischen 45 Cent und 49 Cent – bis auf zwei Ausnahmen – die leider auch sonst nicht zu den Molkereien gehören, die ihren Landwirten Spitzenpreise zahlen und bei denen die Preise derzeit im Schneckentempo steigen.
Im Süden bekommen die Bauern in „normalen Jahren“ meist einige Cent mehr als ihre norddeutschen Kollegen. Doch diesmal ist das anders. Die meisten Molkereien zahlen im Süden im April zwischen 42 und 46 Cent und liegen damit deutlich hinter den Auszahlungspreisen im Norden. Mehr als 48 Cent bekommen die süddeutschen Milchbauern nur bei 2 Molkereien und mehr als 47 Cent zahlen ebenfalls nur 2 Milchverarbeiter aus.
Im Westen sieht die Sache ähnlich aus. Hier zahlt sogar eine Molkerei im April nur wenig mehr als 40 Cent aus. Sonst liegen die Preise für die westdeutschen Milchbauern überwiegend zwischen 43 und 46 Cent – so wie im Süden. Im Osten liegen die Preise hauptsächlich zwischen 45 und 47 Cent – bis auf eine Ausnahme, wo ebenfalls nur etwas mehr als 40 Cent gezahlt werden.
Preise steigen auf allen Handelsstufen weiter – Milch ist knapp
Noch ist für alle Molkereien reichlich Luft nach oben, wenn man sich noch einmal an den Rohstoffwert der Milch von 67,5 Cent erinnert. Auch wenn der Preishöhepunkt an den Exportmärkten und an den Spotmärkten möglichweise im bereits überschritten ist: Der Nachholbedarf auf den nachgelagerten Handelsstufen ist noch sehr groß. Das zeigen die zweistellig steigenden Abgabepreise der Industrie und die stark steigenden Verkaufspreise im Einzelhandel.
Wie stark dieser Preisanstieg am Ende die Nachfrage bremst und den Verbrauch drosselt bleibt abzuwarten: Ganz ohne Folgen auf den Konsum wird es jedenfalls nicht bleiben, wenn die Verbraucher deutlich mehr für Milchprodukte (und andere Lebensmittel) bezahlen müssen und auch, wenn China am Weltmarkt wegen seiner restriktiven Corona-Politik weniger Milchprodukte importiert und die Lieferketten massiv stört.
Gestützt wird der Markt noch durch eine andere Sache: Die Milchmenge. Diese liegt derzeit in Deutschland – zum eigentlichen Saisonhöhepunkt im Mai etwa 1,5 % unter dem Vorjahr und zeigt eine anhaltend knappe Versorgung mit dem Rohstoff Milch.
Erzeugerpreise für Milch auf agrarheute
Aktueller Milchpreis - Preis für konventionelle Kuhmilch: Auszahlungspreis der Molkereien für Kuhmilch. Regionaler Milchpreis für Bundesländer. Zu finden unter: https://markt.agrarheute.com/milch
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