
Die immer schneller steigenden Verbraucherpreise für Milchprodukte bremsen den Absatz im Handel. Weltweit. Hinzu kommen massive und weiter andauernde Lieferketteprobleme. Unter anderen wegen der extrem restriktiven Covid-Lockdowns des größten Milchimporteurs China. Das hat natürlich Folgen auf die globalen Milchpreise, wie der Rückgang der letzten Auktionen an der globalen Handelsbörse GDT zeigt.
Gleichzeitig ist das Angebot an Rohmilch und Milchprodukten weltweit knapp – vor allem bei den drei größten Exporteuren - Neuseeland, Europa und USA. Das stützt natürlich die Preise. In Deutschland sind die Erzeugerpreise für Milch im Mai – zunächst im Norden – bereits über 50 Cent je kg gestiegen. Das schien bis vor kurzem noch unvorstellbar. Die Molkerei FrieslandCampina meldet für Juni bereits einen Milchpreis von 56,5 Cent.
Doch die finanzielle Verwertung der Milch – also der aus den Verkaufspreisen der Milchprodukte errechnet Milchpreise - ist noch viel höher. So hat das ife-Institut in Kiel für den Monat April aus dem Verkauf von Butter und Magermilch einen Rekordpreis (Rohstoffwert) von 67,5 Cent ausgerechnet. Natürlich muss man an dieser Stelle auch die deutlich höheren Kosten für Energie, Logistik und vieles mehr berücksichtigen, für Molkereien – und für Milchbauern. Dennoch bleibt immer noch eine riesige Lücke zwischen Auszahlungspreisen und Verkaufspreisen.
Auf der anderen Seite steigen die Verbraucherpreise für Milchprodukte, aber auch für alle anderen Lebensmittel, steil an. Das führt natürlich zu einem Rückgang der Nachfrage – vor allem bei den hochpreisigen Produkten – denn die Verbraucher drehen jeden Euro dreimal um, bevor sie ihn ausgeben. Denn auch sie müssen für Energie, Benzin und alle übrigen Einkäufe mehr Geld ausgeben. Ein Teufelskreis?
Hohe Kosten belasten Bauern – Angebot bleibt knapp

Und wie geht es 2022 weiter? Zunächst einmal werden die Milchpreise für die Bauern weiter steigen. Und auch die Verbraucherpreise für Milchprodukte. Dagegen dürfte die finanzielle Verwertung der Milch – also der Rohstoffwert – im April wohl seinen Höchststand erreicht haben. Für Mai zeigen die Börsenmilchwerte derzeit einen etwas niedrigeren Wert von 65,5 Cent an und in den folgenden Monaten geht es weiter leicht nach unten. Doch bis Mai nächsten Jahres bleiben die Börsenmilchwerte danach trotzdem über 60 Cent.
Die EU-Kommission sagt in einer aktuellen Analyse, dass vor allem die steigenden Inputkosten die europäischen Milchbauern belasten. Trotz der hohen Rohmilchpreise wird deshalb erwartet, dass das Milchangebot (weltweit und in der EU) eng bleibt. Die Rabobank sagt dazu: „Volatilität liebt Unsicherheit, und auf den globalen Milchmärkten herrscht kein Mangel an Unsicherheit“.
Schon vor dem Russland-Ukraine-Konflikt stiegen die globalen Milchpreise aufgrund von Angebotsengpässen steil an. Die großen Exportregionen haben mit schlechtem Wetter oder Margenerosion zu kämpfen, was zu einem Angebotsdefizit führte, das bereits im zweiten Halbjahr 2021 viel größer war als zuvor erwartet.
Da die Defizite in naher Zukunft wahrscheinlich nicht verschwinden werden, erwartet die Rabobank einen anhaltenden Rückgang der Milchmenge im 1. Halbjahr 2022 in den Big-7-Exportregionen (Argentinien, Brasilien, Uruguay, EU, Vereinigtes Königreich, Neuseeland und Australien) gegenüber dem vergleichbaren Vorjahreshoch. Erst ab dem 2. Halbjahr 2022 und dann im 1. Halbjahr 2023 könnte es zu einem leichten Angebotszuwachs kommen. Sicher ist das aber nicht.
Semische globale Ereignisse und Inflationsdruck
Die Erzeugermilchpreise sind den Rohstoffpreisen weltweit gefolgt und haben in vielen Regionen noch immer Luft nach oben. Dennoch schränken die steigenden Kosten, Arbeitskräftemangel, ungünstiges Wetter und hohe Futterpreise die Produktion der Milchbauern ein. Die Milchexporte werden sich 2022 voraussichtlich verlangsamen, nachdem sie 2021 trotz aller Herausforderungen in der Lieferkette um 4 % gewachsen waren, sagen Bank-Analysten.
Das Exportwachstum von 2021 wird sich 2022 voraussichtlich nicht wiederholen, da das Angebotsdefizit den exportfähigen Überschuss erheblich reduziert. Hohe Preise für Milchprodukte könnten den Appetit der Importeure zusätzlich schmälern. Umgekehrt haben hohe Rohölpreise die Nachfrage in der Vergangenheit meist spürbar angekurbelt, und auch das erhöhte Risiko der Lebensmittelversorgung könnte zu strategischen Kaufaktivitäten führen.
Der Inflationsdruck ist weltweit sehr hoch, mit sich zunehmend verschlechternden Aussichten, was zahlreiche Frage aufwirft. Dennoch: Die Preise für Milchprodukte werden angesichts des eingeschränkten Angebots 2022 hoch bleiben. Die längerfristigen Aussichten hängen jedoch vom Verbraucherverhalten und den sich normalisierenden Marktbedingungen ab, die beide nicht vorhersehbar sind.
Seismische globale Ereignisse – wie der Krieg in der Ukraine und der anhaltenden Covid-19-Sperren in China – wirken sich weiterhin auf die Milchmärkte auf der ganzen Welt aus. Emma Higgins, Senior Agricultural Analyst bei Rabobank, sagte, die makroökonomischen Einflüsse auf den Milchsektor seien 2022 sehr viel größer als in der letzten Saison.
Erzeugerpreise für Milch
Unter agrarheute finden die den aktuellen Milchpreis - Preise für konventionelle Kuhmilch: Auszahlungspreis der Molkereien für Kuhmilch. Regionaler Milchpreis für Bundesländer. Zu finden unter: https://markt.agrarheute.com/milch
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