
Schaut man auf die Spotmärkte und das Rohmilchgebot – dann müssten die Milchbauern sogar noch mehr bekommen: nämlich 46 bis 49 Cent je kg. Diese Preise bezahlen derzeit jedenfalls die deutschen Molkereien, wenn sie die knappe Milch untereinander handeln. Doch bleiben wir erst einmal bei finanziellen Verwertung der Milch oder anders gesagt: Bei den Preisen für Milchprodukte.
Hier geht es für die frei gehandelte Ware und die Preise im Großhandel seit Wochen steil nach oben. Und das für sämtlich Produkte – von Butter über Milchpulver bis hin zu Käse. Auch für die laufende Woche meldet EU-Kommission einen weiteren kräftigen Preisanstieg für fast alle Milchprodukte. So kostet Butter im europäischen Großhandel derzeit 432 Euro je 100 kg. Das sind 30 Euro mehr als vor vier Wochen und die höchsten Butterpreise seit knapp 3 Jahren.
Aus Deutschland meldet die süddeutsche Butterbörse für die aktuelle Woche für lose Butter (25 kg) einen Preisanstieg auf 460 bis 480 Euro je 100 kg – von zuvor 440 bis 465 Euro und bei Päckchenbutter steigen die Preise sogar noch etwas stärker.
Ähnlich ist die Situation bei Milchpulver: Hier meldet die Kommission für Magermilchpulver einen durchschnittlichen europäischen Großhandelspreis von 274 Euro je 100 kg. Das ist der höchste Magermilchpulverpreis seit Juni 2014 – also seit knapp 7 Jahren. Aus Deutschland werden sogar Preise von 286 Euro je 100 kg gemeldet und damit die höchsten Preise in der EU.
Auch bei Käse haben Nachfrage und Preise zuletzt kräftig angezogen. Hier meldet die Kommission für Edamer Preise von 342 Euro je 100 kg. Das ist das höchste Niveau seit Oktober 2017 – also seit etwa 4 Jahren.
Spotmilchpreise zwischen 46 und 49 Cent

Die deutlich höheren Preise für Milchprodukte müssen sich natürlich auch in höheren Milchpreisen – von weit über 40 Cent je kg Rohmilch - niederschlagen. Das ist bislang aber noch nicht der Fall: Der letzte offiziell von der BLE gemeldet Milchpreis, für Milch mit 4 % Fett, für den Monat August, lag bei 35,94 Cent und für Milch mit natürlichem Fettgehalt bei 35,91 Cent. In der Zwischenzeit hat sich jedoch einiges getan.
Nicht nur die Preise für Milchprodukte sind weit nach oben geschossen. Auch Rohmilch ist offenbar richtig knapp. Das zeigen jedenfalls die aktuellen Spotpreise für die zwischen den Molkereien gehandelte Milch. Diese bewegen sich im Süden Deutschlands derzeit etwa bei 49 Cent und im Norden und Nordwesten zwischen 45 und 46 Cent je kg Rohmilch.
Gut erkennbar wird die aktuelle Marktentwicklung durch den vom Kieler ife-Institut berechneten Börsenmilchwert. Das ist der mit Abstand schnellste Frühindikator für die Milchpreise. Er wird täglich aus den Terminmarktpreisen von Butter und Magermilch berechnet. Für den 18. Oktober ergab sich danach ein Börsenmilchwert von 43,1 Cent für den Monat Oktober und von 45 Cent für den November. Bis Januar 2022 steigen die Börsenmilchwerte dann sogar bis auf 45,6 Cent.
Wie steil die Preise allein seit September nach oben gegangen sind, zeigt der ebenfalls vom Ife-Institut in Kiel berechnete Rohstoffwert der Milch – dieser bildet die laufende Preisentwicklung bei Butter und Magermilchpulver am Kassamarkt ab.
Zwar legte der Rohstoffwert im September kräftig zu: Nämlich von 36,5 Cent/kg auf immerhin 38,5 Cent/kg. Das war immerhin ein Aufschlag von 2,4 Cent und der beste Rohstoffwert vier Jahren – also seit Sommer 2017. Dennoch beträgt der Abstand zum Börsenmilchwert von Oktober fast 5 Cent und zum Dezember sogar 6,5 Cent.
Kostenexplosion für Milchbauern und Molkereien

Ein wichtiger Grund für die steigenden Preise für Milchprodukte (und Spotmilch) ist die kräftig anziehende Nachfrage. Mindestens ebenso wichtig ist jedoch das knappe Angebot an Rohmilch - also die angelieferte Milchmenge. In Deutschland lag die Milchanlieferung Anfang Oktober etwa 2,1 Prozent unter dem Vorjahr.
Und es gibt noch ein paar andere Aspekte, die die Preise und die Kosten für Milchprodukte nach oben treiben: Dazu gehört an erster Stelle der der enorme Anstieg der Energiepreise. Hinzu kommen die steigenden Transportkosten und die massiven Logistikprobleme im globalen Handel. Diese verschärfen die Probleme auf allen Handelseben zusätzlich. Denn bei dem sehr knappen Angebot an Milch und Milchprodukten steigen die Kosten für Transport und Produktion auch für die Molkereien steil an.
Bei den Milchbauern ist die Situation auf der Kostenseite aber ebenfalls extrem angespannt. Oder besser gesagt: dramatisch. Die landwirtschaftlichen Produktionskosten haben nämlich ein Allzeithoch erreicht und sie stiegen immer weiter – Die Bauern müssen die explodierenden Preise für Strom, Diesel, Heizöl und Futter zahlen, um die Produktion am Laufen zu halten.
Um diese enormen Kosten zu decken, werden jedoch dringend höhere Milchpreise als die oben genannten knapp 36 Cent benötigt. Und das gibt die finanziele Verwertung der Rohmilch auch locker her. Diese hatte sich schon im September deutlich verbessert – und ist im Oktober noch einmal deutlich nach oben geschossen, wie der Börsenmilchwert bestätigt. Es gibt also überhaupt keinen Grund, warum die Erzeugerpreise für den Rohstoff Milch nicht ebenfalls deutlich zulegen sollten.
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