In Brüssel haben sich in der vergangenen Woche die Anzeichen für einen möglicherweise in Kürze bevorstehenden Abschluss der Verhandlungen mit den Mercosur-Staaten über ein Freihandelsabkommen verdichtet.
EU-Handelskommissarin Cecilia Malmström erklärte in der vergangenen Woche, dass in den kommenden Monaten ein erfolgreicher Abschluss erreichbar sei. Noch Mitte Mai hatte EU-Agrarkommissar Phil Hogan entsprechende Hinweise abgewiegelt. Ein Kommissionssprecher erklärte gegenüber dem Nachrichtendienst Agra-Europe, dass in den Verhandlungen in Buenos Aires „wichtige Fortschritte“ erzielt worden seien.
Rinder- und Geflügelhalter sind besonders betroffen
Argentiniens Staatspräsident Mauricio Macri, der dem Mercosur-Block gegenwärtig als Präsident vorsteht, zeigte sich sehr zuversichtlich. „Wenn dieses lang erwartete Abkommen zwischen dem Mercosur und der EU in den kommenden Monaten unterzeichnet wird“, würden sich die beiden Staatengemeinschaften sehr gut ergänzen, erklärte Macri vor Vertretern der heimischen Automobilwirtschaft in Buenos Aires. Das Abkommen werde in Argentinien mehr Investitionen, Produktion, Geschäfte und Arbeit bringen.
Nach Auffassung von Handelsexperten wären die Rindfleisch- und Geflügelfleischproduzenten in der EU nach derzeitigem Verhandlungsstand besonders von einem Handelsabkommen mit Mercosur beziehungsweise Freihandelsquoten für Südamerika betroffen. So sollen unter anderem höhere Importquoten für Rindfleisch vereinbart werden.
Starke Bedenken äußerte Frankreichs Landwirtschaftsminister Didier Guilllaume. Paris werde kein Abkommen ratifizieren, das die Interessen der französischen Landwirte und Verbraucher, die Anforderungen an Gesundheit und Lebensmittelqualität nach europäischen Standards und die Umweltverpflichtungen aus dem Pariser Klimaschutzabkommen verletze. Dies habe Staatspräsident Emmanuel Macron bereits gegenüber EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker klargestellt, so der Pariser Agrarressortchef.
Pflanzenschutzmittel: Große Unterschiede zwischen EU und Brasilien
Scharfen Protest gegen eine mögliche Einigung äußerte auch der landwirtschaftliche Berufsstand. Die EU-Ausschüsse der Bauernverbände (COPA) und ländlichen Genossenschaften (COGECA) sehen mit einem Handelsabschluss mit Mercosur für die Landwirte und für die Bürger in der EU eine „rote Linie“ überschritten.
Die EU-Kommission könne die Ausweitung des Imports von Agrarprodukten gerade aus Brasilien aktuell nicht rechtfertigen. COPA und COGECA verwiesen darauf, dass unter der erst wenige Monate alten Regierung Brasiliens von Staatspräsident Jair Bolsonaro zahlreiche Pflanzenschutzmittel wieder zugelassen worden seien, während die Brüsseler Kommission hier eine konträre Strategie verfolge.