Viele deutsche Landwirte können das gar nicht glauben. Fakt ist aber: Diese extrem hohen Preise – von denen deutsche Ferkelerzeuger nur träumen können – stimmen wirklich. Ursache ist eine extreme Knappheit am chinesischen Ferkelmarkt infolge einer zweiten ASP-Welle und einer auch sonst sehr hohen Ferkelsterblichkeit – durch andere Krankheiten (Durchfall).
Gezahlt werden können diese Preise aber nur, weil die Schweine ebenfalls sehr knapp und teuer sind – trotz der angeblichen Markterholung. Derzeit bekommt ein chinesischer Landwirt rund 465 Euro für ein lebendes 120-kg-Schwein.
Fakt ist also: Nimmt man die Preise als Indikator für die Marktversorgung – dann kann die Behauptung Chinas, dass sich der Schweinebestand fast schon wieder erholt hat – und das man ASP gut im Griff hat, auf keinen Fall stimmen.
Ferkel 4mal so teuer wie vor ASP

Viele belastbare Informationen aus dem Reich der Mitte, etwa über die Entwicklung der Tierbestände oder auch über die Getreidevorräte, gibt es nicht. Und nicht nur Analysten misstrauen den offiziellen Daten aus Peking. Viele internationale Institutionen behelfen sich deshalb mit Schätzungen - auf der Grundlage von Industriedaten.
Bei den Preisen ist die Lage etwas besser. Hier werden von den chinesischen Behörden und Medien regelmäßig Daten aus allen Provinzen und Handelsstufen veröffentlicht und zudem ein landesweites Mittel gebildet. Außerdem gibt es noch den Terminmarkt in Dalian – wo seit diesem Jahr Futures auf lebende Schweine gehandelt werden können.
Damit gibt es an diese Stelle etwas Transparenz und die aus den Preisen abgeleitete Marktsituation zeigt keineswegs eine deutlich bessere Versorgung mit Schweinefleisch an. Im Gegenteil: Die lokalen chinesischen Ferkelpreise sind in jüngster Zeit kräftig gestiegen und lagen Mitte März bei etwa 98 Yuan pro kg. Vor der Ausbruch von ASP lagen die Ferkelpreise gerade einmal bei 25 Yuan.
Umgerechnet in Euro kostete ein Ferkel damit pro Kilogramm derzeit 12,6 Euro – was für ein 20-kg-Ferkel einen Preis von 252 Euro und für ein 25-kg-Ferkel von rund 315 Euro ergibt.
Aktuell sind die Ferkelpreise in China damit etwa 4mal so hoch wie vor der ASP-Krise. Dies bedeutet außerdem auch, dass der Schweinebestand sein früheres Niveau nicht annähernd wieder erreicht hat - genau das Gegenteil ist der Fall: Es herrscht Knappheit.
Ein 120-kg-Schwein kostet 465 Euro – Sauen extrem teuer

Trotz gewaltiger Investitionen in industrielle Großanlagen und riesige Schweinehochhäuser scheint China also weit davon entfernt zu sein, seine offiziell genannten Bestandsdaten wieder zu erreichen. Das zeigen auch die aktuellen Schweinepreise. In der Zeit vor der ASP lagen die Preisefür Schlachtschweine im Durchschnitt bei 10 oder im Höchstfall bei 20 Yan je kg. Derzeit werden aus den Provinzen Preise von rund 30 Yuan kg Lebendgewicht gemeldet.
Gegenüber dem Vorjahr – als die Preise noch höher und die Versorgung noch schlechter war – ist dies allerdings Rückgang. Der Durchschnittspreis für lebende Schweine ist derzeit in Südchina mit 32,09 Yuan je kg am höchsten. In Nordostchina ist der Durchschnittspreis mit 27,97 Yuan je kg am niedrigsten. Am Terminmarkt in Dalian werden lebende Schweine für den September-Termin mit 28,6 Yan je kg gehandelt und auch für die folgenden Monate sind Preise kaum niedriger.
Umgerechnet in Euro kostet ein Schwein pro Kilogramm Lebendgewicht damit 3,87 Euro. Das heißt: Für ein Schwein mit einem Lebendgewicht von 120 kg, bekommt ein chinesischer Bauer derzeit 465 Euro.
Bei Zuchtsauen halten sich die Preise seit Monaten bei rund 75 Yuan je kg (9,70 Euro je kg), verglichen mit 30 Yuan vor ASP. Damals waren die Sauen nicht einmal halb so teuer wie jetzt. Eine 200-kg-Zuchtsau kostet bei diesen Preisenumgerechnet 1940 Euro. Kaum zu glauben!
Angesichts der Preisabstände zum Vorkrisenniveau sind Ferkel offenbar am knappsten, gefolgt von Sauen und Schlachtschweinen.
Zweite ASP-Welle tötet 7 bis 8 Millionen Sauen

Vor ASP wurden in China rund 470 Millionen Schweine gehalten – etwa die Hälfte des globalen Schweinebestandes. Durch ASP wurde Chinas Schweinebestand dann mindestens um ein Drittel auf 310 Millionen Stück dezimiert. Im November vorigen Jahres hatten die chinesischen Behörden dann verkündet, dass die Schweineherde sich wieder auf 90 Prozent ihrer früheren Größe erholt hat – also etwa 420 Millionen Schweine! Außerdem kündigte man an, dass der Bestand bis Mitte 2021 vollständig wiederhergestellt sein würde.
Zwischenzeitlich gab es in China aber offenbar mehrere neue ASP-Wellen. Der Analyst Wayne Johnson sagte dieser Tage gegenüber der Financial Times: „Es gibt Anzeichen dafür, dass sich ASP von einer tödlichen Krankheit zu einer chronischen Krankheit entwickelt hat.“ Hinzu kommt: Der weit verbreitete Einsatz nicht zugelassener Impfstoffe durch Landwirte. Das führt offenbar zu Mutationen bzw. zu neuen Virus-Stämmen. "Es gibt aber viel Frustration wegen des Mangels an Informationen", sagte Johnson dazu.
Nach Schätzungen der US-Analystenfirma Global Agritrends hat China bei dem jüngsten Krankheitsausbruch in den letzten acht Wochen zwischen sieben und acht Millionen Sauen verloren. Diese Einschätzung lässt an der offiziellen Prognose über eine rasche Erholung der Schweineherde erheblich zweifeln.
Dennoch bleiben die chinesischen Behörden dabei, dass der Bestand bis Mitte dieses Jahres vollständig wiederhergestellt sein wird. Angesichts der hohen und weiter steigenden Preise kann man dies beim besten Willen nicht glauben.
Importe bleiben hoch – Erholung wird ausgebremst

Die Großhandelspreise für Schweinefleisch in China liegen derzeit bei 47,46 Yuan pro Kilogramm. Das sind 6,11 Euro je Kilogramm! Trotz dieses sehr hohen Niveaus ist das weniger als im vorigen Jahr. Analysten begründen das mit einer vorübergehenden Erhöhung des Angebots, da die Landwirte aus Angst vor neuen ASP-Ausbrüchen ihre Schweine häufig früher schlachten. Trotz des Rückgangs zum Vorjahr ist Schweinefleisch aber noch immer mehr als doppelt so teuer wie vor der ASP-Krise.
Peking meldet nur wenige Daten zu Krankheitsausbrüchen auf chinesischen Farmen, aber mehrere Analysten haben in den letzten Tagen auf die großen Auswirkungen für Chinas Zuchtsauenherde hingewiesen. Ein sehr knappes Ferkelangebot und extrem hohe Futterkosten treiben die Kosten für die Schweinehalter weit nach oben und bremsen den Produktionsanstieg spürbar. Deshalb sind auch die Schätzungen zur Bestandserholung und den möglichen Schlachtungen bei unabhängigen Analysten sehr zurückhaltend.
Der Verlust von 7 bis 8 Millionen Sauen in diesem Jahr aufgrund der zweiten ASP-Welle, dürfte den Neuaufbau von Chinas Schweineherde weit zurückwerfen. Manche Analysten sagen um Jahre, denn das ASP-Geschehen ist offenbar nicht untr Kontrolle. Gleichzeitig werden die chinesischen Importe von Schweinefleisch – und anderen Fleischarten – wohl länger sehr hoch bleiben, um die Versorgungslücken am chinesischen Markt zu stopfen und auch um den erneuten Preisanstieg bei Schweinefleisch abzubremsen.
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