
Schon seit Jahren sinkt die Fleischproduktion in Deutschland. 2022 so stark wie noch nie. Immer mehr Schweinehalter geben ihr Geschäft auf. Die Gründe dafür sind zwar vielfältig, doch die meisten Landwirte glauben: Den größten Anteil am Höfesterben hat die Politik.
In Deutschland hat sich in den letzten zehn Jahren die Zahl der schweinehaltenden Betriebe etwa halbiert. Allein im Jahr 2022 haben 1900 Schweinehalter ihr Geschäft eingestellt – so viele wie noch nie“, sagt Joachim Rukwied, Präsident des Deutschen Bauernverbandes (DBV) in einem Gespräch mit FOCUS online. Landesweit wollen etwa 60 Prozent der Sauenhalter und 42 Prozent der Mastschweinhalter, in den kommenden zwei bis zehn Jahren aus der Produktion aussteigen. Das ergab eine 2021 durchgeführte Umfrage der Interessengemeinschaft der Schweinehalter Deutschlands (ISN).
Das zeigte sich natürlich auch in den schrumpfenden Schweinebeständen. Diese sanken 2022 auf den niedrigsten Stand seit der Wiedervereinigung 1990. Zusätzlich zu den übrigen Problemen stellt die Energiekrise die Schweinehalter vor gewaltige Herausforderungen. In der Schweinemast muss der Stall warmgehalten werden. Außerdem muss ständig Frischluft zugeführt werden. Und die Lüfter sind echte Stromfresser.
Die explodierenden Kosten für Energie, Dünger und Futter haben bei vielen Bauern für tiefrote Zahlen gesorgt. Diese Mehrkosten lassen sich nur bedingt an die Konsumenten weiterreichen. Denn: Ist das Fleisch zu teuer, nimmt es ihnen niemand mehr ab. Aktuell sind die Preise für Schweine und Ferkel zwar kräftig gestiegen – doch viele Entwicklungen sind nicht mehr umkehrbar, befürchten viele Fachleute.
Energiekrise und Politikkrise sind einfach zu viel

Die Energiekrise war eigentlich nur das i-Tüpfelchen sagt Christoph Auer, vom Landeskuratorium der Erzeugerringe für tierische Veredelung in Bayern (LKV) der Süddeutschen Zeitung (SZ): Auch die Futterkosten stiegen stark, und die Veterinärauflagen würden immer mehr. „Viele Landwirte haben noch ein zweites Standbein und sagen: Ich hör auf mit der Mast“, sagt Auer. Außerdem hat der öffentliche Druck in den letzten Jahren immens zugenommen, sobald es um Tierhaltung gehe: Auer sagt, dass Depressionen und Burn-outs weit verbreitet seien unter den Schweinehaltern.
Dazu kommt: So schnell wird die Energiekrise nicht beendet sein. Die Lage der Schweinehalter bleibt also prekär. Unterstützt fühlen sich die meisten Landwirte von der Politik dabei nicht. „Im Gegenteil, die Schweinehalter fühlen sich im Stich gelassen“, sagt ISN-Geschäftsführer Dr. Torsten Staack.
Die hohen Energiekosten treffen die Landwirte auch noch von anderer Seite: Weil die gesamte Bevölkerung von ihnen betroffen ist, greifen immer mehr Menschen im Supermarkt zu billigerem Fleisch oder schränken den Konsum ein. Und dass, nachdem viele landwirtschaftliche Betriebe in den letzten Jahren kostenaufwendig ihre Ställe umgebaut haben, um den Tierwohl-Auflagen gerecht zu werden.
Den Bauern fehle die Planungssicherheit durch die Politik, kritisiert die ISN. In immer kürzeren Abständen ändern sich die staatlichen Auflagen, wodurch häufig schon angeschobene Investitionen wieder hinfällig werden. Damit treten auch Landwirte auf der Stelle, die eigentlich in mehr Tier- und Umweltschutz investieren wollen, es aber wegen fehlender Planungssicherheit nicht können.
„Die noch aktiven Betriebe brauchen schleunigst wieder eine Perspektive. Denn wenn jetzt nicht schnell reagiert wird, werden morgen in Deutschland keine schweinehaltenden Betriebe mehr da ein, die den gesellschaftlich gewollten Wandel in der Schweinehaltung umsetzen“, warnt auch Staack.
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