
Die Preise für Rindfleisch steigen seit Monaten. Nun schießen die Schweinepreise nach einer schwereren Marktkrise steil nach oben. Ökonomen sagen, dass Preise immer Knappheiten messen. Das gilt auch für die Fleischpreise.
Folgt man dieser Aussage, dann wird eines klar: Rindfleisch ist seit Monaten sehr knapp, denn die Preise haben sowohl auf Erzeugerebene als auch im Handel historische Höchststände erreicht. Ganz so ist bei Schweinefleisch noch nicht. Doch die Preise steigen derzeit im D-Zug-Tempo. Schweinehalter können sich nach Monaten in der Verlustzone wohl bald wieder über kostendeckende Erlöse freuen.
Fakt ist aber auch: Mit dem Ukrainekrieg hat der Preisanstieg und die knappe Versorgung bei Rind- und Schweinefleisch kaum etwas zu tun. Die gegenwärtige Situation ist wohl eher eine Folge der ökonomischen Krisen und der Agrarpolitik der letzten Jahre. Bei Rinderhaltern hatte die Corona-Krise und das Wegbrechen der Gastronomie zu Tiefstpreisen und der massenweisen Aufgabe der Rinderhalter geführt. Die Folgen davon sind nun zu spüren.
Bei Schweinen wurde der Absatzeinbruch durch Corona noch durch den Ausbruch und die Folgen von ASP verschärft. Deutschen Unternehmen ging die Exportmärkte flöten – insbesondere nach China – und diese nicht exportierten Tiere drückten dann zusätzlich auf den Binnenmarkt und natürlich auf die Preise. Das haben viele Schweinhalter ökonomisch nicht verkraftet und stiegen aus.
In beiden Marktsegmenten kam dann noch die beispiellose Kostenexplosion bei Futter, Energie und Treibstoff hinzu. Der perfekte Sturm - würden Analysten sagen.
Rindfleisch: Versorgung schrumpft rasant

Wie sieht nun aber die Selbstversorgung am deutschen Fleischmarkt nach dieser schweren Krise aus? Die hohen Preise sprechen eine eindeutige Sprache: Sie sagen schlecht! Leider hat die Bundesanstalt für Landwirtschaft (BLE) für 2021 noch keine Selbstversorgungsbilanz berechnet, so dass wir uns mit den Daten von 2020 begnügen müssen, die die Krise noch nicht voll abbilden.
Aber immerhin kann man die beginnenden Probleme schon gut erkennen. Bei Rindfleisch weist die BLE für 2020 eine Selbstversorgungsgrad von 94,6 % aus. Bereits ein deutlicher Rückgang gegenüber dem Vorjahr als man noch bei 97,4 % lag. Erzeugt werden in Deutschland danach etwa 1.124.000 Tonnen Rindfleisch, während der Verbrauch bei 1.188.000 Tonnen liegt. Pro Kopf sind das in den letzten Jahren relativ stabil etwa 14,3 kg.
Doch so einfach, wie die Sache auf den ersten Blick scheint, ist es auch wieder nicht. Der Grund: Der europäische Fleischmarkt ist extrem verflochten – bei Schwein und bei Rind - und er funktioniert auch durch einen intensiven Warenaustausch zwischen den Ländern.
Für Deutschland lässt sich das eindrucksvoll belegen. So werden 359.000 Tonnen Rindfleisch exportiert – das ist fast ein Drittel der Produktionsmenge. Der größte Teil dieser Ausfuhren – nämlich 93 Prozent gehen in andere EU-Staaten wie Frankreich, Italien, die Niederlande oder Dänemark – und nur 7 Prozent werden in Drittstaaten verkauft – wie etwa nach Norwegen oder in die Schweiz.
Auf der anderen Seiten werden mit 460.000 Tonnen fast 40 Prozent der deutschen Verbrauchsmenge importiert. Auch hier kommt der Löwenanteil mit knapp 90 Prozent aus anderen EU-Ländern – und nur rund 10 Prozent aus Drittländern - wie etwa Argentinien.
Schweinefleisch: Die Zahlen zeigen das Ausmaß der Krise noch nicht

Bein Schweinen zeigt die Statistik der BLE für 2020 noch einen Selbstversorgungsgrad (SVG) von 125 % - im Vergleich zu 122 % im Vorjahr. Grund für den Anstieg des SVG ist der deutliche Rückgang des Verbrauchs von 46,9 kg auf 45,5 kg pro Kopf – vor zwei Jahren waren es sogar noch 50 kg. Und dieser Trend setzt sich offenbar fort.
Die Produktion ist nämlich schon 2020 deutlich geschrumpft auf 4.733.000 Tonnen – bei einem Verbrauch von 3.785.000 Tonnen. Allerdings hat der Intrahandel zwischen den EU-Staaten ein erheblich größeres Gewicht als bei Rindern und ist wegen des massenweisen Imports von Millionen Ferkeln aus den Niederlanden und Dänemark auch deutlich komplexer.
Umgerechnet in Schlachtgewicht macht der Ferkelimport nach den Daten der BLE fast 10 Prozent der Produktionsmenge aus. Außerdem exportiert auch Deutschland lebende Schweine und Ferkel – etwa nach Polen.
Und auch der innereuropäische Handel mit Schweinefleisch hat eine große Bedeutung und zeigt die starke Verflechtung am europäischen Schweinemarkt. So werden knapp 2.278.000 Tonnen Schweinfleisch aus Deutschland exportiert – das sind fast 50 Prozent der heimischen Produkten. Davon gingen 2020 immerhin 580.000 Tonne oder 25 Prozent in Drittländer (vor ASP vor allem nach China). Die Importmenge war mit 956.000 Tonnen nicht ganz so groß – entspricht aber immerhin einem Viertel des deutschen Verbrauchs.
Erkennbar wird dabei, das man den europäischen Fleischmarkt – insbesondere den Schweinemarkt – wie ein System kommunizierender Röhren betrachten muss, bei denen Veränderungen an der einen Stelle, rasch auch zu deutlichen Auswirkungen an einer anderen Stelle führen.
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