Die Veröffentlichung des agrarheute-Dossiers zur Ferkelkastration in Deutschland hat am vergangenen Freitag den Startschuss gegeben, wie Landwirte, Politik und Fleischvermarkter die noch verbleibenden 22 Monate nutzen müssen. Auch das süddeutsche Schlacht- und Zerlegeunternehmen Müller informiert seine Lieferanten, welche Alternativen die Schlachtgruppe sieht.
„Bekannterweise ist das Verbot der betäubungslosen Ferkelkastration in der BRD um zwei Jahre auf den 31. Dezember 2020 verschoben worden. Eine weitere Fristverlängerung wird es nicht geben“, so Stefan Müller, Gesellschafter und Geschäftsführer der Müller-Gruppe.
Ebermast passt auch für viele süddeutsche Schweinehalter

Als süddeutsches Schlacht- und Zerlegeunternehmen hat sich die Müller-Gruppe mittlerweile seit fast 10 Jahren mit Jungebermast unter süddeutschen Rahmenbedingungen beschäftigt. Gemeinsam mit Schweinemästern und Kunden hat das Unternehmen über wissenschaftlich begleitete Projekte Erfahrungen im Produktions- wie auch im Schlachtprozess gesammelt.
Müller ist daher überzeugt, dass nicht in allen, aber doch in einer erheblichen Anzahl von Mastbetrieben dieses Produktionsverfahren funktioniert. Das Schlachtunternehmen bietet interessierten Mästern den Einstieg in die Jungebermast zu den bisherigen Rahmenbedingungen an. Auch in 2019 gilt weiterhin die Müller-Jungebermaske mit Regionalzuschlägen auf Basis fester Vereinbarungen.
Improvac: Nicht überall akzeptiert

Nach zahlreichen Gesprächen mit Kunden und politischen Vertretern, die diese Alternative als den „zukünftigen Weg“ betrachten, hat die Müller Gruppe entschieden, auch „geimpfte Jungeber“ zur Schlachtung anzunehmen.
Allerdings haben nach wie vor nicht alle Kunden aus dem Lebensmitteleinzelhandel und der Verarbeitung wie auch Wettbewerber dieses Verfahren anerkannt. Die Konsequenzen auf den Exportmärkten sind laut dem Schweineschlachtunternehmen ebenfalls noch nicht abschließend geklärt.
In der ersten Stufe werden die „Improvac-Eber“ an ausgewählten Schlachttagen mit den Jungebern zu festgelegten Zeiten geschlachtet und dem bewährten Verfahren zur Geruchsdetektion unterzogen. Die Annahme und Schlachtung erfolgt ausschließlich nach vorheriger schriftlicher Vereinbarung mit dem Lebendtiereinkauf.
Isoflurannarkose hat noch Forschungsbedarf
Bei der Kastration unter Isoflurannarkosessen bestehen Bedenken und Fragen bei Handling, Gerätesicherheit und Arbeitsschutz. Dennoch sieht die Müller Gruppe gerade auch mit der Narkose mit Isofluran eine Möglichkeit für die süddeutschen Ferkelerzeuger, den Kundenwünschen nach kastrierten Ferkeln Rechnung zu tragen.
Daher beteiligt sich Müller an einem vom Bund unterstützten Forschungsprojekt, in dem sich die Klinik für Schweine der LMU München und die Klinik für kleine Klauentiere der Stiftung Tierärztliche Hochschule Hannover mit der Erarbeitung von Durchführungskonzepten für die Isoflurannarkose beschäftigt. Hierbei will die Müller Gruppe gemeinsam mit ausgewählten Ferkelerzeugern und -vermarktern in den nächsten 18 Monaten Erfahrungen sammeln.
Im übrigen sei dieses Verfahren bei allen Tierwohlprogrammen und auch beim aktuell vorgestellten gesetzlichen Tierwohllabel zugelassen, so das Schlachtunternehmen.
Vierter Weg ist interessant
Selbstverständlich unterstützt auch die Müller Gruppe den sogenannten „vierten Weg“ und beteiligt sich deshalb auch an der Finanzierung dieses Forschungsprojektes in Bayern.
„Wir hoffen, dass in den verbleibenden 22 Monaten noch eine Möglichkeit für diese interessante Alternative gefunden wird. Gerade auch in Anbetracht der zukünftigen Wettbewerbssituation durch mit dieser Methode kastrierte dänische Ferkel besteht dringender Klärungsbedarf,“ so Stefan Müller.