
Das zeigen die Ergebnisse der aktuellen Viehzählung vom Mai. Die Interessengemeinschaft der Schweinehalter (ISN) spricht von einer „in diesem Ausmaß noch nie dagewesene Vielfachkrise“. Auch in der Milchviehhaltung kommt der kräftige Preisanstieg für etliche Höfe zu spät – auch hier steigen überraschend viele Bauern aus. Grund dürften vor allem die enormen Kosten sein. Und etwas überraschend: Auch bei den Rindfleischerzeugern – mit hohen Preisen und steigenden Tierzahlen werden weniger Betriebe gezählt.
Geradezu dramatisch ist jedoch die Situation bei den Schweinehaltern: Hier schrillen die Alarmglocken. Fakt ist auch: Die Zahl der Tiere nimmt noch schneller ab als die Zahl der Schweinehalter. Das kommt in „normalen Jahre“ nur sehr selten vor. Meist erfolgte der Rückgang der Tierbestände langsamer als die Betriebsaufgaben, denn es geben vor allem kleinere Betriebe auf. Von diesen wandern die Tiere dann rein statistisch gesehen, in größere und weiterwachsende Betriebe.
Das ist diesmal – zumindest in der von einer schweren Krise geschüttelten Schweinehaltung – anders: Während von Mai 2021 bis Mai 2022 etwa 1.900 Schweinehalter aufgegeben haben, dass sind immerhin 10 Prozent aller Betriebe, schrumpfte der Schweinebestand im gleichen Zeitraum um 2,41 Millionen Tiere oder um ebenfalls um 10 Prozent – also ähnlich stark.
In der Sauenhaltung läuft die Entwicklung hingegen ähnlich dramatisch ab wie zuvor: Einem Rückgang der Sauhalter von 10,8 Prozent innerhalb eines Jahres, steht ein Abbau der Sauenbestände um 9,7 Prozent gegenüber.
Bei den Rinderhaltern nimmt die Zahl der Betriebe mit 2,0 Prozent deutlich schneller ab, als der Rinderbestand mit 0,5 Prozent. Dabei liegt die Abnahmerate bei den Milchbauern mit 2,0 Prozent im Durchschnitt. Gleichzeitig geht die Zahl der Milchkühe mit 0,4 Prozent kaum zurück. Damit setzte sich der anhaltende Konzentrationsprozess in der Milchviehhaltung fort.
Strukturbruch und Multikrise in der Schweinhaltung

Gezählt hat Destatis im Mai 2022 in Deutschland nur noch 22,29 Millionen Schweine. Das sind 2,4 Millionen Tiere bzw. knapp 10 Prozent weniger als im Mai 2021 und außerdem der kleinste Schweinebestand seit 30 Jahren. Diese scharfe Bestandsrückgang ist eine direkte Folge der schlimmen und weiter anhaltenden ASP- und Corona-bedingten Absatz- und Preiskrise am Schweinemarkt. Diese Krise treibt die Schweinehalter bei gleichzeitiger Kostenexplosion tief in die roten Zahlen, und führt wie zu sehen ist zu vielen Betriebsaufgaben. Weil einfach das Geld alle ist.
"Die Zahlen sind erschreckend und doch leider wenig verwunderlich. Immerhin befinden sich die deutschen Schweinehalter seit über zwei Jahren in einer noch nie dagewesenen Multikrise", kommentiert ISN-Geschäftsführer Dr. Torsten Staack die aktuellen Zahlen. Wenig überraschend ist auch, dass der Bestandsabbau gerade in den Hochburgen der Schweinehaltung – also Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen – mit 11,6 Prozent und 8,2 % sehr hoch ist ist.
Das das keine Ausnahme ist, zeigen die Zahlen aus anderen großen schweinehaltenden Ländern: So schrumpfte der Schweinebestand in Schleswig-Holstein und Baden-Württemberg gegenüber dem der Maizählung vor einem Jahr ebenfalls zweistellig um 12 Prozent und um 10 Prozent. Dramatisch war der Bestandabbau mit 13 Prozent auch in Bayern und lag damit noch über dem Bundes-Durchschnitt.
Die Betriebsaufgaben waren in Niedersachsen – gegenüber Mai 2021 - mit immerhin 12 Prozent ebenfalls außergewöhnlich hoch und auch höher als im Bundesmittel. Dagegen warfen in Nordrhein-Westfalen mit 4,8 Prozent deutlich weniger Bauern das Handtuch als im deutschen Durchschnitt und auch als bei den niedersächsischen Nachbarn.
Aus Bayern meldeten die Statistiker Betriebsaufgaben in der Schweinehaltung von 16 Prozent innerhalb eines Jahres und in Schleswig-Holstein zählte man im Mai 2022 rund 14 Prozent Schweinebauern weniger. In Baden-Württemberg warfen ebenfalls 11 Prozent der Schweinebauern das Handtuch.
Jeden Tag geben 6 Milchbauern auf

Der Rinderbestand hat von Mai 2021 bis Mai 2022 nur um rund 190.000 Tiere auf knapp 11 Millionen Rinder abgenommen. Das ist eine Abnahmerate von 1,8 Prozent. Die Zahl der Milchkühe ging im gleichen Zeitraum um knapp 74.000 auf 3,82 Millionen zurück. Das ist ein zwar neuer Tiefstand – bedeutet jedoch nur eine Abnahmerate von 2,0 Prozent.
In den beiden großen Milchproduktionsländern Bayern und Niedersachsen nahm die Zahl der Kühe nur um 1,8 und um 1,0 Prozent ab. Von allen deutschen Milchbauern haben von Mai 2021 bis Mai 2022 rund 2.152 Betriebe die Produktion eingestellt – jeden Tag also 6 Betriebe. Die Abnahmerate lag damit bei knapp 3,9 Prozent. Das Resultat: Im Mai 2022 gab es in Deutschland noch 53.677 Milchbauern – so wenig wie nie zuvor.
Das ist mit Sicherheit auch ein Ergebnis der explodierenden Produktionskosten. Die rekordhohen Milchpreise konnten den üblichen Strukturwandel jedoch etwas abbremsen. In den beiden deutschen TOP-Milchländern Niedersachsen und Bayern haben von Mai 2021 bis Mai 2022 immerhin 4,4 und 4,3 % der Milchbauern aufgegeben - also etwas mehr als im Durchschnitt. Aus dem dritten Top-Milchland Schleswig-Holstein, meldete man einen Abnahmerate bei den Milchbauern von 2,9 Prozent und aus Baden-Württemberg von 4,8 Prozent.
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