
Wenn in China ein Sack Reis umfällt, gibt es in Europa neuerdings ein Erdbeben. Das gilt zumindest für den Schweinemarkt – aber wohl auch für Getreide und Milch. Egal ob man den Zahlen aus China glaubt, oder nicht: Die chinesischen Schweinepreise spiegeln die Entwicklung von Angebot und Nachfrage am besten wider.
Und da sind die Signale mehr als eindeutig: Die Schweinepreise sind am chinesischen Terminmarkt in Dalian allein von Januar bis Juli um mehr als 40 Prozent gefallen – von zweitweise 30.000 Yuan je Tonne (das sind 3,90 Euro je kg LG) auf weniger als 17.000 Yuan je Tonne (2,21 Euro je kg). Was für eine Absturz!
Die Gründe sind komplexer als im ersten Moment angenommen – Haupttreiber ist offenbar der schneller als erwartet wachsende Schweinebestand und die daraus erwachsende rasch steigende Produktion. Egal wie groß der Zuwachs der Produktion am Ende wirklich ist – darüber streiten die Analysten noch heftig. Die Auswirkungen auf die Schweinepreise in China und am Weltmarkt sind enorm.
Dieser Preissturz hat nicht nur Folgen für die Wirtschaftlichkeit der Schweineproduktion in China und die Profitabilität der riesigen in Schweinehochhäusern produzierenden chinesischen Schweine-Giganten. Auch am Weltmarkt verschärft der Preisverfall den Wettbewerb zwischen den großen Exporteuren.
Diese scharfe Konkurrenz drückt dann massiv auf die Schweinepreise am europäischen und amerikanischen Binnenmarkt. Was die deutsche Schweinehalter zuletzt empfindlich zu spüren bekamen. Wichtige europäische Exporteure wie Spanien und Dänemark müssen ihre Preise nämlich senken, um weiter konkurrenzfähig zu bleiben.
Das drückt dann auch auf die Preise am europäischen Markt: Ein Teufelskreis.
Chinesische Behörden warnen vor Preisverfall - bei hohen Kosten

Mitte Juni gab die chinesische Nationale Entwicklungs- und Reformkommission (NDRC) eine Warnung vor zu stark fallenden Schweinepreisen heraus. Chinas staatliche Wirtschaftsplanungsbehörde forderte die Schweinehalter auf, die Produktion auf einem vernünftigen Niveau zu halten, nachdem ein wichtiger Indikator der Produktionskosten weit unter den Punkt gefallen war, an dem die meisten Landwirte noch Geld verdienen.
Das Preisverhältnis von Schwein zu Getreide fiel auf weniger als 6:1, teilte die NDRC mit. Man wolle die Entwicklung der Marktpreise genau beobachten, um rechtzeitig Anpassungen der staatlichen Reserven vorzunehmen und das reibungslose Funktionieren des Marktes für Lebendschweine ermöglichen, hieß es weiter.
Am Kassamarkt sind die Preise für lebende Schweine sind seit Jahresbeginn noch stärker gefallen als am Terminmarkt – nämlich um 60 Prozent. Lebende Schweine wurden zuletzt gerade noch mit 14,68 Yuan (1,91 Euro je kg LG) gehandelt, berichteten chinesische Analysten. Das wäre niedrigste Stand seit zwei Jahren. Der starke Preissturz hat Landwirte, Regierung und Analysten überrascht, denn man hatte offenbar eine deutlich langsamere Erholung der Produktion erwartet.
Der NDRC führte den Preisverfall auch auf Landwirte zurück, die wegen der fallenden Preise verstärkt Schweine zur Schlachtung bringen. Auch die anhaltende hohen Importe sowie eine vergleichsweise schwache saisonale Nachfrage, werden verantwortlich gemacht.
Pan Chenjun, leitender Analyst bei Rabobank, sagte gegenüber der Nachrichtenagentur Reuters, die Landwirte würden wahrscheinlich nicht auf die Regierung hören, ihre Schweine nicht zu früh abzuliefern, weshalb es in der zweiten Hälfte des Jahres wahrscheinlich zu einem Angebotsmangel komme wird. „Im Moment herrscht eine Art Panik da die Preise weiter fallen", sagte Pan. „Wenn es erst einmal Panikverkäufe gibt, dann folgen viele weitere und das macht es noch schlimmer." Die Behörden haben bereits anfangen, Schweinefleisch vom Markt zu kaufen und einzulagern, um die Preise zu stützen.
Die Schweine-Futures in Dalian fielen für den vorderen Septemberkontrakt am Donnerstag (14.07) – nach einer kurzen Zwischenerholung Anfang Juli – erneut deutlich um 2 Prozent auf 18.130 Yuan pro Tonne bzw. 2,35 Euro je kg LG.
Landwirte und industrielle Farmen machen Verluste

Chinas Schweinebestand war im Mai gegenüber dem Vorjahr knapp 24 Prozent größer, hat das Ministerium für Landwirtschaft und ländliche Angelegenheiten gemeldet. Die Sauenherde nahm um 19,3 Prozent zu. Das USDA hat Chinas Schweinebestand diese Woche auf 406,5 Millionen Tiere geschätzt – nach 310,4 Millionen im vorigen Jahr. Das wäre ein Anstieg um gut 30 Prozent.
Mindestens 10 Prozent der chinesischen Schweinezüchter machten im Mai bereits Verluste, während andere noch profitabel waren, solange die Preise über 12 Yuan pro Kilo bleiben, sagte Xin Guochang, ein Beamter des Ministeriums. Die Zahl der Sauen mit geringer Produktivität, die für Fleisch statt für die Zucht bestimmt sind, ist von 22 Prozent Ende letzten Jahres auf 12 Prozent der gesamten Sauenherde gesunken, sagt der Beamte außerdem.
Chinas riesige industrielle Schweineunternehmen hatten in den letzten Jahren – mit staatlicher Unterstützung - viele Milliarden Yuan in große industrielle Anlagen und Schweinehochhäuser gesteckt, und damit bei den sehr hohen Schweinepreisen sehr viel Geld verdient.
Angesichts der abstürzenden Preise und anhaltend hoher Betriebskosten, dürfte sich das schnell ändern – und viele Unternehmen in wirtschaftliche Bedrängnis bringen. Das zeigen bereits die Börsenkurse für die großen Unternehmen – für die es zuletzt steil nach unten ging. Gemeint sind solche Giganten wie Muyuan Foods Co. und New Hope.
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