Die Lage ist ernst. Das zweite Dürrejahr in Folge bringt viele Rinderhalter an ihre Grenzen. Das Ergebnis: In den betroffenen Regionen ist Raufutter erneut knapp und teuer. Oftmals konnten die Landwirte nur einen einen guten und einen schlechten Grasschnitt ernten. Dann kam nichts mehr. Auch der Silomais ist in einigen Regionen auf den Feldern verdorrt.
Besonders betroffen sind erneut der Osten Deutschlands und Teile Niedersachsens. Nicht selten sind dies dieselben Regionen wie im vorigen Jahr. Das heißt aber nicht, dass im Süden alles paletti ist. So ist auch im bayrischen Oberfranken das Gras und der Mais vertrocknet.
Harald Fischer, Kreisobmann des Bayerischen Bauernverbandes (BBV) sagte dazu „In einigen Regionen war es noch trockener als letztes Jahr“. Grund ist: „Der Regen ist diesmal schon viel früher ausgeblieben.“ Inzwischen haben einige Länder reagiert und wie im Dürrejahr 2018 Brachflächen und ökologischen Vorrangflächen für die Futterernte freigegeben.
Futtervorräte sind oft aufgebraucht
Die Futtervorräte waren in vielen Betrieben im Osten und Nordwesten schon nach dem Dürresommer 2018 stark angegriffen. Viele Rinderhalter haben deshalb Getreide-Ganzpflanzensilage (GPS) gemacht, um sich einen Puffer zu schaffen. Ein Dürrejahr kann man noch überstehen. Das zweite in Folge wird aber schwierig. „Das Futter ist knapp. Die Vorräte aus dem Jahr 2018 sind fast aufgebraucht und der Mais verfüttert sich extrem heißt aus der Landwirtschaftskammer Niedersachsen.
Auch Thomas Lippert, Geschäftsführer des Bayerischen Bauernverbandes in Wunsiedel und Hof sagt: „Die Landwirte mussten oft ohne Futterreserven ins Jahr gehen, im Gegensatz zum Vorjahr“. Das heißt: Rindermäster und Milcherzeuger müssen über den Zukauf von Futter nachdenken und dabei tiefer in die Tasche greifen.
Möglicherweise müssten Milchviehbetriebe und Mäster wegen der Futterknappheit sogar den Bestand reduzieren, also Tiere schlachten lassen, sagt Fischer. „Um die Verluste beim Ertrag geht es schon lange nicht mehr, die Frage ist, wie bringe ich die Tiere über den Winter“, fasst Lippert das Problem für die betroffenen Tierhalter zusammen.
Auf den Weiden wächst nichts
Mit den gleichen Problemen wie ihre Kollegen in Ostdeutschland und Oberfranken kämpfen die Rinderhalter in Westfalen. Landwirt Karl-Wilhelm Niemeyer aus Harlinghausen muss bereits jetzt Futter zukaufen, um sein Vieh über die Runden zu bringen.
Doch auch die Futterreserven seines Zulieferers gehen langsam zur Neige. Seine Rinder könnten theoretisch zwar auf die Weide. Aber dort wächst fast kein Gras mehr. Deshalb füttert der Landwirte mit einer Mischung aus Grünroggen und Mais zu.
Den Grünroggen hat er nach der Dürre im letzten Sommer angebaut, falls ein weiteres trockenes Jahr folgen sollte. Und genau dies ist passiert. Die Grassilage vom Vorjahr ist schon längst aufgebraucht. Mittlerweile ist auch die alte Maissilage verfüttert und er muss Futter zukaufen, um die Zeit bis zur neuen Maisernte zu überbrücken, sagt Niemeyer.
Alle Hoffnung auf den Mais
Obwohl es in den letzten Wochen immer mal wieder geregnet hat, war es einigen Regionen insgesamt weiter zu trocken. „Wenn man den Mais aufmachen würde, ist die Blattmasse zwar noch grün, trotzdem ist ein Ausfall bei der Ernte zu erwarten, vermutet der westfälische Landwirt Heinz Grundmann.
Ähnlich sieht das auch Holger Topp vom Landwirtschaftlichen Kreisverband Minden-Lübbeke. „Im Nordkreis sieht es wirklich nicht gut aus. Ich glaube, dass hier und da der Mais nicht mehr zu retten ist. Die Getreideernte ist schon geringer ausgefallen und wenn man jetzt den Mais sieht, ist das eine Katastrophe.“
Es sei für die Landwirte eine finanzielle Herausforderung, wenn die eigene Futterernte nicht ausreiche, sagt Topp. Grundmann verkauft deshalb den Silomais, die eigentlich für seine Biogasanlage gedacht war, an Milchviehbetriebe, um den Kollegen zu helfen.
Deckungsbeitrag gleich Null
Ab er es gibt noch ein anderes Problem: Bei unterirdischen Bullenpreisen von 3,40 Euro/kg und Milchpreisen von gerade mal 30 Cent ist in vielen Betrieben das Geld für den Futterkauf knapp. Dr. Georg Teepker, von der Landwirtschaftskammer in Osnabrück, hat ausgerechnet, dass der Deckungsbeitrag bei Bullen in vielen Betrieben derzeit bei Null liegt.
„Der Erlös ist seit Monaten viel zu gering. Pro Kilogramm Fleisch gab es zuletzt 50 Cent weniger als im Schnitt. Das macht auf 400 kg Schlachtgewicht etwa 200 Euro weniger Erlös pro Tier und Jahr“, sagt Teepker. Das schlägt natürlich zusätzlich ins Kontor: Steigenden Kosten und sinkende Erlöse. Das ist keine gute Mischung.
Der Kammerexperte empfiehlt Landwirten deshalb: „Wenn das Grundfutter teuer zugekauft werden muss, sollten die Mäster ernsthaft überlegen, weniger Tiere einzustallen oder einen Mastdurchgang auszulassen.“ Das könnte günstiger sein, als Futter zu kaufen. Es gibt sogar Betriebe, die sich Geld leihen, um zusätzlich an Grundfutter zu kommen. Teepker empfiehlt jedoch: Wer große Futterlücken befürchtet, sollten weniger Nachzucht einstallen und abgekalbte Färsen und Kälber vermarkten.
Wohin mit den Kälbern?
Als wenn das alles nicht genug wäre: Auch die Kälberpreise sind schlecht wie selten zuvor berichtet Dr. Frank Greshake, von der Kammer in Nordrhein-Westfalen. Während die Landwirte für das schwarzbunte Bullenkalb 52 Euro bekommen und damit weniger als für ein 25-kg- Ferkel, gibt es für Kuhkälber fast gar nichts mehr. Beim leichten Mutterkalb nehmen einige Vermarkter sogar „Abholgebühren“, beklagt Greshake.
Nach seiner Meinung gibt es mehrere Gründe für das Desaster: Zum einen gehen deutlich weniger Kälber in die Niederlande – dem wichtigsten Abnehmer von Schlachtkälbern. Im Normalfall werden wöchentlich rund 10.000 Kälber an unsere Nachbarn verkauft. Nun stockt der Absatz massiv. Auf der anderen Seite läuft der Verkauf von Kälbern und Fressern in die Bullenmast extrem schleppend.
„Die Bullenmäster steigen zum Teil aus, oder agieren nach dem Motto: Schaun wir mal, was im Herbst im Silo ist“, sagt Greshake. Das Ergebnis der Maisernte wird in vielen Betrieben darüber entscheiden, ob und wie viel Kälber eingestallt werden. Fazit ist: Das Jahr ist für Rindermäster und Milchbauern ökonomisch sehr schwierig. Sowohl von der Kosten- als auch von der Erlösseite ist wenig Entlastung in Sicht. Die Rechnung dürfte die nächste Viehzählung präsentieren.
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