
Der Schweinestau baut sich immer weiter auf. Nach einer Kalkulation der Interessengemeinschaft der Schweinehalter (ISN) warten derzeit etwa 570.000 Schweine auf die Schlachtung. Und der Überhang wächst weiter. Jede Woche kommen etwa 30.000 bis 60.000 Schweine zum bereits bestehenden Stau dazu.
In den schweinehaltenden Betrieben spitzt sich die Lage immer weiter zu: Immer mehr Stallplätze werden nicht frei. Spätestens in sieben Wochen – zu Weihnachten also – droht die nächste Eskalationsstufe, weil dann mehrere Schlachttage bedingt durch die Feiertage wegfallen.
Seit inzwischen 20 Wochen baut sich der Überhang immer weiter auf. Der Grund: Die erhebliche Einschränkung der Kapazitäten von Europas größtem Schlachtbetrieb Tönnies in Rheda-Wiedenbrück ist der Schlüsselfaktor. Der Beginn des Schweinestaus ist genau die Zeit, in der dieser Schlachtbetrieb ausgesetzt wurde bzw. seitdem dieser stark reduziert läuft, stellt die ISN fest.
Kapazitäten reichen bei weitem nicht aus

Inzwischen kann der Infektionsschutz längst nicht mehr als Begründung für diese Einschränkung in Rheda gelten, kritisiert die ISN. Denn dass die Ausweitung des Schlachtbetriebes bei Einhaltung der Corona-Vorsichtsmaßnahmen funktioniert, zeigen eine ganze Reihe von positiven Beispielen aus anderen Bundesländern, heißt es weiter.
Zwar werden auch die Kapazitäten in Rheda mittlerweile zu 70 Prozent wieder ausgelastet, berichte die ISN. Dennoch fehlen wöchentlich noch immer etwa 40.000 Schlachtungen. Dass die Schlachtungen nicht nur am Tönnies-Schlachthof in Rheda wieder hochgefahren werden müssen, ist klar. Aber gerade die Kapazitätsauslastung an diesem größten deutschen Schlachtstandort ist mitentscheidend für das Ausmaß des Schweinestaus.
ISN-Marktanalyst Klaus Kessing erklärt die Lage so: "Zwar konnten die Schlachtmengen bei anderen Schlachtbetrieben wieder etwas hochgefahren werden, dennoch reichen die deutschlandweiten Kapazitäten noch immer nicht aus, um das Angebot an Schlachtschweinen, das jede Woche neu hinzukommt, zu bewältigen. Der Berg an angestauten Schweinen wächst zwar langsamer, aber er wächst noch immer deutlich".
Eskalation zu Weihnachten – 1 Million Schweine im Überhang

„Die Notlage ist schon heute auf vielen schweinehaltenden Betrieben kaum noch zu ertragen. Und spätestens zu Weihnachten droht die nächste Eskalationsstufe, wenn nicht sofort gegengesteuert wird", sagt ISN-Geschäftsführer Torsten Staack.
Marktexperte Kessing ergänzt: „Schon in normalen Jahren baut sich aufgrund der eingeschränkten Schlachtungen an den Feiertagen ein Überhang auf, der bis in den späten Januar abgebaut werden muss. Dabei ist noch zu berücksichtigen, dass in normalen Jahren Schweineschlachtungen in die Tage vor Weihnachten vorgezogen werden können, um die Situation etwas zu entzerren. Dies ist angesichts der aktuell verfügbaren Schlachtkapazitäten in diesem Jahr nicht möglich".
Dementsprechend wird die Zahl der angestauten Schweine über Weihnachten und den Jahreswechsel geradezu explodieren, befürchten die ISN-Experten. Ob jedoch der „theoretische Wert“ von weit über einer Million Schweine überhaupt in die deutschen Ställe passt, ist mehr als fraglich. Fest steht, dass es massiven Platzmangel und gravierende Tierschutzprobleme geben wird, wenn dem nicht unverzüglich entgegengewirkt wird.
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