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Gentechnik

85 Institute fordern Lockerung des Gentechnikgesetzes

am Donnerstag, 25.10.2018 - 09:38 (Jetzt kommentieren)

Sind die Regeln für gentechnisch veränderte Lebensmittel im Hinblick auf Dürre und Klimawandel noch zeitgemäß? 85 Forschungsinstitute fordern eine Lockerung.

Durch den Klimawandel und die aktuelle Trockenheit bedingt, hätte das aktuell geltende Gentechnikgesetz negative Konsequenzen für die Landwirtschaft, die Gesellschaft und die Wirtschaft - so zumindest steht es im Positionspapier von 85 führenden Forschungsinstituten aus Europa. Darin fordern die Institute, das europäische Gentechnikrecht zu überarbeiten und bestimmte gentechnisch veränderte Pflanzen vom Gentechnikrecht der Europäischen Union (EU) auszunehmen.

Die Produkte könnten dann wie herkömmliches Getreide, Obst und Gemüse im Supermarkt verkauft werden. Bislang ist das nicht möglich. Gentechnisch veränderte Pflanzen müssen in Europa strenge Sicherheitsprüfungen durchlaufen und gekennzeichnet werden. Dabei ist die Pflanzenzüchtung in der Lage mit neuesten Technologien schnell auf die veränderte und rauere Umwelt zu reagieren, heißt es in einer Pressemitteilung zum Positionspapier.

Die "biologische Revolution" nicht verpassen

Regierungsberater hatten sich bereits im August für eine Änderung des Gentechnikrechts ausgesprochen, da die Befürchtung bestand "die biologische Revolution" zu verpassen. Hintergrund der Debatte ist eine Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs aus dem Juli 2018. Er hatte geurteilt, dass Pflanzen, die mit Hilfe neuartiger biotechnologischer Verfahren wie Genome Editing erzeugt wurden, als gentechnisch veränderte Organismen (GVO) zu betrachten sind.

Sogenannte Genscheren (Crispr) verursachen dabei Brüche im Erbgut, die beispielsweise auch in der Zucht genutzt werden. Derartige Veränderungen lassen sich jedoch auch mit radioaktiver Strahlung und Chemikalien erzeugen - eine seit Langem gängige Praxis von Züchtern. Auf diese Weise gezüchtete Sorten sind vom Gentechnikrecht jedoch ausgenommen. Forscher hatten gehofft, dass das auch für entsprechende Anwendungen der Genscheren gelten würde. Das Urteil fiel dann jedoch anders aus.

Exakte Anpassung an die Umwelt

Auf Genscheren basierende Präzisionszüchtungen können jedoch dabei helfen, Pflanzen exakt an die Bedingungen in den Regionen anzupassen, in denen diese später wachsen sollen. Zudem ließen sich Pflanzen mit besserem Nährstoffgehalt, geringerem Allergierisiko und Düngebedarf herstellen, heißt es in einer Stellungnahme der Forscher.

"Die führenden Institutionen im Bereich der Pflanzenforschung sind engagiert, nachhaltige Lösungen für die Landwirtschaft zu erarbeiten", sagt der Molekularbiologe Dirk Inzé von der Universität Ghent in Belgien. Die Vorhaben würden allerdings durch die Gesetzgebung erschwert. Pflanzenzüchter in Europa hätten durch die aktuelle Regelung einen Wettbewerbsnachteil.

In einigen Regionen der Welt werden gentechnisch veränderte Pflanzen seit Jahrzehnten angebaut und haben sich grundsätzlich als sicher erwiesen.

Wettbewerbsnachteile beseitigen

Die Wissenschaftler erhoffen sich mit dem Positionspapier, den Gesetzgeber in der EU zum Handeln auf Basis wissenschaftlicher Erkenntnisse zu bewegen. Dafür sollten Pflanzen nicht danach bewertet werden, mit welcher Technik sie hergestellt wurden, sondern auf Grundlage ihrer konkreten Eigenschaften.

Unter den Unterzeichnern der Stellungnahme sind auch elf Institute aus Deutschland. Darunter Direktoren von drei Max-Planck-Instituten, der Präsident der Deutschen Botanischen Gesellschaft, Vertreter des Institutes für Biologie und Biotechnologie der Pflanzen der Universität Münster und der Direktor des Leibniz-Instituts für Pflanzengenetik und Kulturpflanzenforschung.

Mit Material von VIB, Spiegel online

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