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Hanfanbau

Cannabis: Können Bauern von Özdemirs Legalisierungsplänen profitieren?

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am Freitag, 11.02.2022 - 05:00 (5 Kommentare)

Die neue Bundesregierung kündigte im Wahlkampf an, Cannabis zu legalisieren. Können auch Bauern von den Plänen profitieren und in den Anbau einsteigen? Wir zeigen, wie die Situation für den Cannabis-Anbau aktuell aussieht.

Die neue Bundesregierung und ganz besonders Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir haben sich das Thema Cannabislegalisierung auf die Fahnen geschrieben. So sagte Özdemir in einem Interview: „Sobald der Bundestag das Gesetz (…) verabschiedet hat, wird die Landwirtschaft auch diese Nutzpflanzen anbauen.“

Diese Ankündigung weckte nicht nur Hoffnungen unter heimlichen Cannabis-Konsumenten, sondern ließ auch viele Bauern aufhorchen. Doch können deutsche Landwirte von den Plänen profitieren?

Cannabis-Vorbild: Kanada

Der Koalitionsvertrag kündigte eine „kontrollierte Abgabe von Cannabis an Erwachsene zu Genusszwecken in lizenzierten Geschäften“ an. Das angekündigte Gesetz zur Legalisierung lässt bislang noch auf sich warten.

Medienberichten zufolge will sich die Koalition beim Legalisieren von Cannabis am kanadischen Modell orientieren. Dort gibt es seit 2018 Anbaulizenzen für Cannabis, seit 2019 auch für den Freilandanbau.

Den Markt dominieren große Unternehmen mit Umsätzen im dreistelligen Millionenbereich. Es gibt aber auch Kleinerzeuger. Die Pflanzen wachsen in abgeschirmten Lagerhallen und Gewächshäusern. Grund ist der Schutz vor Diebstahl. Die Qualität lässt sich in kontrollierter Umgebung aber auch besser steuern. Der Freilandanbau ist eher eine Nische. Auch hier sind die Felder mit Sicherheitskräften, Kameras und Stacheldraht abgeschirmt.

Wird in Deutschland bereits Cannabis angebaut?

Seit 2017 ist Cannabis in in Deutschland eingeschränkt für medizinische Zwecke freigegeben. Nur wenige Patienten dürfen Medikamente mit dem berauschenden Inhaltsstoff Tetrahydrocannabinol (THC) auf ärztliches Rezept in der Apotheke erwerben.

Cannabis in Deutschland wird nicht nur kontrolliert verkauft, sondern auch angebaut. Landwirte sind aber nicht unter den Produzenten.

Die Cannabisagentur (angesiedelt beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte) hat nach einer europaweiten Ausschreibung vierjährige Anbaulizenzen vergeben. Unter den Herstellern sind Startups und Pharmaunternehmen, die Cannabis unter Hochsicherheitsbedingungen produzieren.

Die in Deutschland produzierte Menge in Höhe von 10 t deckt aber nicht die Nachfrage. Den Mehrbedarf decken Importe aus dem Ausland. Auch internationale Unternehmen drängen auf dem Markt. Einige von ihnen haben bereits Erfahrungen in Kanada oder den USA gesammelt.

Nutzhanf als neue Kultur - bereits hier gelten strenge Regeln

Bislang durften deutsche Landwirte nur Nutzhanfsorten anbauen, die weniger als 0,2 % des berauschenden Inhaltsstoffs Tetrahydrocannabinol (THC) enthalten. Diese Hanfsorten eignen sich etwa für die Faserherstellung. Den Anbau müssen Anbauer bei der Bundesopiumstelle melden. Kontrolleure messen die THC-Gehalte.

Für die Erzeuger wäre eine Vereinfachung des Nutzhanfanbaus wünschenswert. Aber auch wenn der Anbau hier aufwändiger ist als andere Kulturen, ist das größte Hindernis die passende Vermarktung. Ob sich der Anbau lohnt, hängt schon jetzt von den passenden Abnehmern und Geschäftsideen ab. 

Ob sich der Anbau von Nutzhanf rechnet, lesen Sie hier: Hanfanbau in Deutschland auf Rekordstand: Lohnt sich das für Bauern?

Fazit: medizinische Cannabis-Anbau in Deutschland

Ob in einigen Jahren Hanf auf deutschen Äckern wächst, hängt von den politischen Rahmenbedingungen ab. Aber schon jetzt ist klar, dass Landwirte bei einer Legalisierung von Cannabis zu Genusszwecken nur eine Nebenrolle spielen werden. 

Der medizinische Cannabismarkt wird von Unternehmen dominiert, die die Blüten professionell und mit konstanter Qualität produzieren können. Auch kapitalkräftige, erfahrene Hersteller aus dem Ausland drängen auf den Markt. Sobald Cannabis zu Genusszwecken legal ist, werden diese Unternehmen ihre Chance ergreifen.

Das kanadische Beispiel zeigt, dass der Aufwand für Sicherheit und Herstellung auch im legale Anbau sehr groß sind. Landwirte werden in diesem Sektor nur Nischen besetzen können, wenn sie den nötigen Aufwand stemmen können. Wenn Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir seine Ankündigungen ernst nimmt, muss er aktiv werden und diesen potenziellen Erzeugern die richtigen Rahmenbedingungen bieten.

Wie aufwändig der Anbau von medizinischem Cannabis in Deutschland zurzeit ist, zeigt die NDR-Doku „Legaler Hanfanbau im Norden“.

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