Forscher der Technischen Universitäten Darmstadt und München haben untersucht, wie sich 1.805 Insektenarten in deutschen Wäldern von 2008 bis 2017 entwickelt haben. Es ist die bisher umfangreichste Studie zum Insektensterben in mitteleuropäischen Wäldern. Und das Ergebnis hat die Forscher überrascht.
Landwirtschaftliche "Störungen" spielen im Wald keine Rolle
„Über 60 Prozent der untersuchten Insektenarten waren rückläufig“, sagt Dr. Michael Staab von der Arbeitsgruppe Ökologische Netzwerke des Fachbereichs Biologie der TU Darmstadt und Hauptautor der Studie. Dieses Ergebnis war für die Forscher überraschend – sie schreiben: „Dies verwundert vor allem im Vergleich zu landwirtschaftlich geprägten Flächen, bei denen sich die Art der Landnutzung über die Zeit verändert und durch Faktoren wie wirksamere Pestizide, den Wegfall von Randstrukturen oder den vermehrten Anbau von Energiemais intensiviert hat. Störungen dieser Art spielen im Wald keine Rolle. Dennoch lässt sich ein deutlicher Artenrückgang nachweisen.“
Diese Insektenarten leiden im Wald besonders
Die neue Studie wurde in drei Regionen durchgeführt: im Nationalpark Hainich, im UNESCO Biosphärenreservat Schorfheide-Chorin und im UNESCO Biosphärenreservat Schwäbische Alb. Im Detail fanden die Forscher heraus:
- Größere und häufigere Arten sind besonders stark rückläufig.
- Räuber oder Totholz-Zersetzer gingen deutlich zurück, während bei pflanzenfressenden Insekten etwas mehr Arten zu- als abnahmen.
- Der Rückgang war stärker in Wäldern mit einem hohen Anteil an Nadelbäumen und in heimischen Buchenwäldern geringer.
- In geschützten Wäldern ohne forstliche Nutzung waren die Rückgänge weniger stark als in intensiv bewirtschafteten Wäldern.
Ursachen für das Insektensterben im Wald und die Auswirkungen
In Anbetracht des Klimawandels halten es die Forscher in Zukunft für nötig zu untersuchen, wie sich die zunehmende Trockenheit und die damit einhergehende Veränderung der heimischen Wälder auf die Entwicklung von Insektenpopulationen auswirkt. Der Wald ist durch seine Bedeutung für das Klima und durch die allgegenwärtigen Waldschäden infolge der heißen und trockenen Sommer ins Bewusstsein der Öffentlichkeit gerückt.
Die Studie legt außerdem nahe, dass eine gezielte Bewirtschaftung, einschließlich der Förderung einer natürlicheren Baumartenzusammensetzung und eines reduzierten Holzeinschlags, dazu beitragen kann, das Insektensterben in unseren Wäldern abzuschwächen.
Staab schätzt, dass der Artenrückgang der Insekten im Wald sehr wahrscheinlich Auswirkungen auf alle Organismen dort haben wird, da sich Nahrungsnetze zu verschieben drohen. Neben dem Menschen sind auch viele Tierarten auf das Ökosystem Wald angewiesen, die meisten von ihnen sind Insekten. Während zeitliche Veränderungen in den Populationen potenzieller Schadinsekten gut untersucht sind, wusste man bisher wenig über den Zustand und die Entwicklung der vielen anderen Insektenarten in Wäldern.
Die Ergebnisse der Studie wurden im Fachmagazin „Communications Biology“ veröffentlicht.
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