Die Vermarktungssaison 2009/10 stand unter dem Einfluss externer Faktoren wie Wirtschaftskrise, Ölpreis- und Währungsschwankungen sowie von den fundamentalen Marktdaten her unter dem Eindruck eines großen Angebots und des Aufbaus von Überhängen nach einer Rekordernte 2009. Dementsprechend standen die Preise unter Druck. Die ersten Ernteprognosen nach dem Abklingen des Winters auf der Nordhalbkugel lassen wenig Ertragsverluste durch Auswinterungen und global gesehen wieder eine gute Ernte und einen weiteren Aufbau der Bestände erwarten.
Die EU-Landwirte- und Genossenschaftsverbände COPA und COGECA prognostizierten heute für die EU-27 ein Ansteigen der Weizenanbaufläche um 2,3 Prozent und bei gegenüber 2009 mit minus 0,2 Prozent leicht geringeren Hektarerträgen ein Anwachsen der EU-Weizenproduktion 2010 auf 132,7 Millionen Tonnen oder 2,1 Prozent gegenüber 2009. Um die EU-Getreidepreise anzuheben, die einen Tiefststand erreicht haben, drängt die Arbeitsgruppe "Getreide" von COPA/COGECA nun die EU-Kommission, alle Marktinstrumente umfassend zu nutzen und die Marktlage zu entschärfen.
COPA/COGECA warnen: Produktionskosten übersteigen Erlöse
"Die Landwirte befinden sich im Spagat zwischen hohen Produktionskosten und geringen Marktpreisen. Die Betriebskosten sind explodiert und haben 130 Euro pro Tonne erreicht, was weit über dem Marktpreis liegt. Der Zugang zu Krediten wird problematisch. Diese ernste Lage ist zum Teil auf zwei außergewöhnlich gute Ernten zurückzuführen, die die Lagerbestände weltweit wieder aufgestockt haben. Im Wirtschaftsjahr 2010/2011 dürfte die EU-Weizenproduktion leicht ansteigen, mit einer Zunahme der geschätzten EU-Anbauflächen von zwei Prozent. Dies wird erneuten Druck auf die Preise ausüben, während die EU-Landwirte gleichzeitig neuen Herausforderungen wie dem Klimawandel und extremer Preisvolatilität gegenüberstehen, auf die sie keinen Einfluss haben.
Des Weiteren ist der Erhalt der Getreideproduktion überall in der EU mit Blick auf die Voraussagen der FAO, nach denen die weltweite Lebensmittelproduktion zur Befriedigung der steigenden Nachfrage mehr als verdoppelt werden muss, wichtiger denn je. Unsere Produktion ist ein zentraler Teil der globalen Ernährungssicherheit und gewährleistet erschwingliche Lebensmittel", mahnt der Vorsitzende der Arbeitsgruppe, Paul Temple.
EU-Weizenernte 2010 um 2,1 Prozent größer - Rückgang bei Futtergetreide
Anders als beim Weizen mit einem Plus von 2,1 Prozent sieht die COPA/COGECA-Ernteprognose für 2010 zum Teil deutliche Rückgänge der Anbauflächen und Ertragsschätzungen wie insbesondere bei Gerste mit 5,2 Prozent weniger Fläche und 8,2 Prozent weniger Ertrag (56,3 Millionen Tonnen). Erste Schätzungen der Landwirtschaftskammern und des Saatguthandels bestätigen dies auch für Österreich, hier wiederum vor allem für den Sommergersten-, das heißt Braugerstenanbau. Sie sprechen von einem Minus der Sommergerstenfläche zwischen 10 und 20 Prozent.
Den mengenmäßig stärksten Ertragsrückgang im Jahresabstand sehen COPA/COGECA EU-weit bei der Roggenernte 2010 mit 11,3 Prozent weniger Ertrag (8,6 Millionen Tonnen), wobei hier nur um 3,3 Prozent weniger Ackerland bestellt werden, die Hektarerträge aber um 8,2 Prozent verfallen sollen. Die Maisfläche in der Union dürfte mit einem Minus von 0,6 Prozent nur geringfügig kleiner ausfallen als 2009 und ebenso die Erntemenge mit minus 1,5 Prozent (55,3 Millionen Tonnen).
IGC bestätig neuerlichen Aufbau des Angebotsüberhanges 2009/10
Die schon im laufenden Wirtschaftsjahr 2009/10 durch ein Überangebot angespannte Marktlage bestätigt auch der in London ansässige Internationale Getreiderat (IGC) in seiner jüngsten Märzprognose: Demnach belässt der IGC seine Schätzung der globalen Weizenernte 2009 bei 675 Millionen Tonnen (2008/09: 686 Millionen Tonnen) und des Verbrauchs bei 644 Millionen Tonnen (2008/09: 640 Millionen Tonnen).
Dennoch bauen sich dadurch laut IGC bis Sommer 2010 die Endbestände nach 2009/10 an Weizen weltweit um 31 Millionen Tonnen auf 197 Millionen Tonnen auf. In Summe der letzten beiden Wirtschaftsjahre wuchsen damit die weltweiten Weizenreserven sogar um 77 Millionen Tonnen von zuvor 120 Millionen Tonnen nach dem Ende der Saison 2007/08.
Preise unter Druck - Euro-Abschwächung hilft den EU-Exporteuren etwas
In der EU gerieten die aktuellen Weizennotierungen an der Euronext.Liffe in Paris nach einer Erholung im Oktober 2009 auf gut 130 Euro pro Tonne ab Mitte Januar unter Druck und sanken kurzfristig unter 120 Euro pro Tonne, um sich zuletzt nur Dank der Abschwächung des Euros gegenüber dem US-Dollar und damit besserer Wettbewerbsfähigkeit im Export auf die Weltmärkte gegenüber amerikanischer Konkurrenz wieder auf immer noch bescheidene rund 125 Euro pro Tonne erfangen zu haben. Aktuell notiert die neue Ernte 2010 in Form des November-Weizenfutures an der Euronext bei ebenfalls nur bescheidenen gut 130 Euro pro Tonne. An den US-Börsen sind die Weizenpreise unter Druck geraten.
Die Exporte aus den USA liefen nur noch schleppend, berichtete die EU-Kommission am Donnerstag im Verwaltungsausschuss in Brüssel. Schuld sei der starke US-Dollar, durch den die Amerikaner Marktanteile an ihre Wettbewerber verlieren würden. Die Weizenausfuhren aus der EU können sich dagegen wegen des Währungsvorteils a uf einem beachtlichen Niveau halten. Zwischen dem 10. und dem 23. März wurden für knapp 800.000 Tonnen Weizen Exportlizenzen in Brüssel nachgefragt, vor allem in Frankreich und in Deutschland. Der Irak habe den Einkauf von 100.000 Tonnen Weizen ausgeschrieben. Französische Händler sollen nach Auskunft der Kommission Weizen nach Südamerika verkauft haben, britische nach Südostasien. Für eine Lieferung von 300.000 Tonnen Weizen nach Algerien nannte die Kommission einen Preis von 190 US-Dollar (142,29 Euro) pro Tonne cif - das heißt inklusive Versicherung und Fracht.
Österreich: Weizengeschäft flau
Zum Vergleich: Die aktuelle Kassamarktnotierung des Großhandelsabgabepreises für Premiumweizen an der Börse für Landwirtschaftliche Produkte in Wien hält bei 126,50 Euro pro Tonne und die von Qualitätsweizen bei 120 Euro pro Tonne. Die zuletzt auf "nominell" gesetzte Notierung des Mahlweizens verschwand diese Woche mangels an Umsätzen gänzlich vom Kursblatt. Die kurzfristige Befestigung der Notierungen an den internationalen Terminbörsen ging damit am physischen Markt im Inland spurlos vorüber.
Auch blieb der Geschäftsfluss zuletzt weiterhin flau, wenngleich die Anbieter davon ausgehen, dass noch nicht alle Mühlen ihren Bedarf für das ganze Vermarktungsjahr gedeckt hätten. Somit rechnet man in den kommenden Wochen nochmals mit einem Erwachen der Nachfrage. Von den zweifellos ins Haus stehenden Überhängen aus der Ernte 2009 werde sicherlich auch noch eine gewisse Menge im kommenden Wirtschaftsjahr vermarktbar sein, bis das Getreide der neuen Ernte von den Mühlen auch verarbeitet werden kann.
Auch Gerstenmarkt EU-weit unter Druck - Intervention boomt
Druck herrscht auch am Gerstenmarkt der EU: So wurden von Interventionsandienungen in der seit 01.11.2009 laufenden aktuellen Periode im Gesamtausmaß der EU-27 von 4,39 Millionen Tonnen alleine 4,24 Millionen Tonnen Gerste der öffentlichen Lagerhaltung angeboten. Das Gros dieser Gerste stammt aus Deutschland (1,34 Millionen Tonnen) und Frankreich (1,02 Millionen Tonnen).
Die Möglichkeit, Gerste zu intervenieren, besteht in der EU in diesem Wirtschaftsjahr letztmalig - sie wird danach so wie beim Mais auf null gesetzt. Die EU wird in der Saison 2009/10 auch voraussichtlich nur eine Million Tonnen Gerste exportieren können. Vor allem die Futtergerstenexporte sind eingebrochen. Eine insgesamt schwache Weltmarktnachfrage für Gerste und heftige Konkurrenz aus den Schwarzmeerländern sind nach Einschätzung des IGC die Gründe für das enttäuschende EU-Geschäft.
Österreich: Roggenmarkt vor Auflösung - Maisimporte - attraktiver Raps
Der österreichische Roggenmarkt scheint weiterhin in Korrelation mit den Preisen alternativer Importware dahinzulaufen und sich ebenfalls auflösen zu können. Dagegen war der Maismarkt zuletzt von billigen Importen geprägt, während die teureren österreichischen Angebote immer wieder nur ab und zu in Kleinmengen Abnehmer fanden und den Lagerhaltern damit droht, sich nur einen kleinen Teil vom Kuchen der Maiseinkäufe der inländischen Verarbeiter abschneiden zu können. Relativ gut stehen die heimischen Ölsaatenpreise da.
Das Verhältnis Weizen- zu Rapsnotierung an der Wiener Börse liegt zurzeit bei etwa 1:2,17, an der Euronext sogar bei rund 1:2,4. Bei einem "Normalverhältnis von 1:2 scheint damit Raps auch 2010 eine interessante Alternative. 2010 könnte auch der zuletzt vor allem in Oberösterreich forcierte Anbau von Sojabohnen in Österreich einen weiteren Aufschwung nehmen. Auch EU-weit sehen COPA/COGECA wegen der Attraktivität 2010 eine Ausdehnung der Rapsanbaufläche um 2,9 Prozent, schätzen aber nach dem "Rapsjahr" 2009 den Ertrag heuer mit 20,82 Millionen Tonnen um 2,3 Prozent geringer ein. (aiz)
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