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Herbstinfektionen

Blattläuse und Zikaden: So vermeiden Sie Verzwergungsviren

Nesterweise Vergilbung und gestauchter Wuchs sind Symptome für Verzwergungsviren.
am Donnerstag, 17.11.2022 - 13:41 (Jetzt kommentieren)

Mildes Herbstwetter verlängert die Vermehrungszeit für virenübertragende Insekten. Wir sagen, wann Insektizide zulässig sind.

Verzwergungsviren verursachen im Getreide seit einigen Jahren zunehmend Schäden. Eine Ursache ist der Klimawandel mit langen trockenwarmen Phasen im Herbst. So können die Blattläuse und Zikaden über einen längeren Zeitraum junge Getreidebestände infizieren. Auch frühe Saattermine erhöhen das Verbreitungsrisiko.

Es gibt unterschiedliche Verzwergungsviren und zwei Überträger:

  • Gerstengelbverzwergungsvirus (Barley yellow dwarf virus, BYDV),
  • Weizenverzwergungsvirus (Wheat dwarf virus, WDV),
  • Gerstenverzwergungsvirus (Barley dwarf virus, BDV).

BYDV wird von Blattläusen übertragen, WDV und BDV von Zikaden. Virusresistente Sorten und ihre Ertragsleistung finden Sie bei www.hetairos.com - dem digitalen Sortenführer von agrarheute.

Wie ist das Gerstengelbverzwergungsvirus (BYDV) zu erkennen?

BYDV ist im Frühjahr an gelben, verzwergten Nestern zu erkennen, die sich über das gesamte Feld verteilen. Die Befallsherde entstehen, weil virustragende geflügelte Blattläuse einfliegen. Die sich später entwickelnden, ungeflügelten Blattläuse tragen das Virus von einer Pflanze zur nächsten weiter.

Auch wenn es der Name Gerstengelbverzwergungsvirus anders vermuten lässt, kann BYDV auch andere Getreidearten als Gerste schädigen. Die stärksten Schäden treten allerdings in Gerste auf.

Die Anfälligkeit der Kulturen gegenüber BYDV absteigend: Hafer > Gerste > Weizen > Triticale und Roggen

Welche Symptome haben das Weizen- (WDV) und Gerstenverzwergungsvirus (BDV)?

Sowohl WDV als auch BDV werden durch Zikaden übertragen. Sie bewegen sich entlang der Saatreihen im wärmeren Mikroklima. Gelbe, verzwergte Pflanzen sind im Frühjahr daher oft entlang der Fahrgassen zu beobachten. Von dort breiten sich die Zikaden und damit der Virusbefall in den Bestand aus.

Verzwergungen und gelbe Pflanzen können leicht mit Nährstoffmagen, Bodenverdichtung oder Staunässe verwechselt werden. Ob tatsächlich Viren im Bestand sind, kann nur eine Laboruntersuchung zeigen.

Welchen Aussaattermin wählen, um Infektionen mit Verzwergungsviren zu vermeiden?

Beim Wintergetreide hilft eine späte Aussaat, um Befall zu vermeiden. So bleibt den Insekten weniger Zeit für die Ausbreitung.

Beim Sommergetreide wirkt dagegen ein früher Aussaattermin, weil die Vektoren dann nicht in die frisch aufgelaufene Saat einfliegen. Die Schädlinge bauen meist erst ab Ende April bis Ende Mai hohe Populationsdichten auf. Je weiter entwickelt die Pflanzen, desto unanfälliger werden sie für Infektionen.

Ausfallgetreide bildet eine wichtige grüne Brücke für die Infektion frisch gesäter Bestände. Es sollte daher konsequent beseitigt werden.

Auch der Anbau von Sorten, die gegen Verzwergungsviren resistent sind, hilft, die Ausbreitung zu verhindern.

Blattläuse und Zikaden: Welche Insektizide verhindern Verzwergungsviren?

Mit Insektiziden lassen sich nur Blattläuse bekämpfen, Zikaden nicht! Es gibt keine zugelassenen Mittel gegen die Wandersandzirpe Psammotettix alienus, die das Weizen- und Gerstenverzwergungvirus überträgt.

Auch Blattläuse sollten nur dann chemisch bekämpft werden, wenn Schadschwellen überschritten sind. Das ist entscheidend, um Resistenzen und eine unnötige Umweltbelastung zu vermeiden.

Welche Behandlungsschwellen gelten für Blattläuse?

Die Bekämpfungsschwelle liegt bei 10 Prozent in frühen und bei 20 Prozent in späteren Saaten: Kontrollieren Sie regelmäßig an fünf zufällig ausgewählten Stellen je zehn Getreidepflanzen auf Blattläuse. Bei Frühsaaten mit Auflauf vor dem 25. September sind Läuse an jeder zehnten Getreidepflanze (10 Prozent) bekämpfungswürdig, bei späteren Saaten lassen sich Blattläuse an jeder fünften Pflanze (20 Prozent) tolerieren.

Berater vom Dienstleistungszentrum ländlicher Raum (DLR) im rheinland-pfälzischen Neustadt an der Weinstraße berichten aber, dass es in der Vergangenheit auch schon zu langer Blattlausaktivität kam: Nach milden Wintern waren dann selbst bei Besatzdichten im Herbst von nur 5 Prozent stärkerer Befall und Schäden festzustellen.

Die DLR-Berater haben aktuell keine Bestände mit über 5 Prozent Blattlausbesatz festgestellt. Sie raten dennoch zu Eigenkontrollen, am besten während sonniger Nachmittagsstunden, den Blick flach über den Boden und gegen die Sonne gerichtet. Blinde Pyrethroidbehandlungen sind unbedingt zu vermeiden!

Mit Material von DLR, LfL
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