Die Integration mehrjähriger Gehölze in die Acker- und Grünlandnutzung bringt ökologische Vorteile: Erosions- und Windschutz, Holz, Obst, Futter, Energie und Beschattung, Humus, Nährstoffe, Wasserspeicherung, besseres Mikroklima und mehr Biodiversität.
Mehr Bäume und Sträucher mindern den Eintrag von Schadstoffrückständen in Fließgewässer. Dazu werden Baumreihen, etwa aus Obst- oder Wertholzbäumen und Energieholz, wie Pappeln und Weiden, zwischen Feldkulturen und an Ackerränder gepflanzt.
Förderung bislang Fehlanzeige
Das Problem: Bislang sind in Deutschland – abgesehen von traditionellen Streuobstwiesen – keine modernen Agroforsten förderfähig. Ein Anspruch auf Direktzahlungen besteht nur für Gehölzflächen als „Niederwald mit Kurzumtrieb“. Dabei gelten Gehölzbereiche als formal eigenständige Plantagen.
Damit Agroforsten auch bei uns anerkannt werden, steht etwa der Deutsche Fachverband Agroforstwirtschaft (DeFAF) im Dialog mit der Politik. Die EU bietet bereits seit 2007 (Code 222) und aktuell (Code M8.2) alle Möglichkeiten zur Förderung. Die nutzen bisher erst neun EU-Staaten.
Praxisbeispiele gibt es zuhauf
Praxisbeispiele sind etwa Hollunder oder Haselnüsse sowie Beeren. In der Hallertau haben die Familien Kreitmair und Neumeier über die Jahre erfolgreich Betriebszweige aufgebaut, bei denen die Wertschöpfung überwiegend am Hof bleibt. Die Flächen bereichern zudem die Landschaft.
Oder der Biolandbauer Sepp Braun aus Freising: Er hat eine 7-feldrige Fruchtfolge mit viel Leguminosen bei Minimalbodenbearbeitung auf 54 ha. Seine Zweinutzungs-Hühner, Rasse Les Bleues, picken unter Durchwachsender Silphie. Die Milch seiner 22 rein mit Grundfutter versorgten, behornten Schwarzbunten Milchkühe vermarktet er über die eigene Hofkäserei.
Agroforststreifen mit Pappeln, Silberweiden, Bergahorn, Flatterulmen und Grauerlen sowie diverse Hecken mit Beeren, die er auf 10 ha entlang von Äckern und Weiden gepflanzt hat, binden CO2 und mindern die Windgeschwindigkeit und -erosion. Das Holz verstromt er über Holzgasanlage.
Die Pflanzenkohle als Reststoff düngt er zusammen mit Mistkompost. Die Besatzdichte mit Regenwürmern und der Humuszugewinn sind enorm: 40 bis 80 t/ha im Jahr fruchtbaren Boden bringt die Lebendverbauung. Das entspricht 1 bis 5 mm Bodenauftrag. So steigt die Wasseraufnahmekapazität und die Widerstandsfähigkeit gegen Klimaschwankungen.
Aber weitere Fragen offen
Klar sind noch Herausforderungen zu lösen, etwa ein erhöhter maschineller oder manueller Arbeitsaufwand. Die Diversifizierung erfordert das Erschließen eigener Kundschaft und neuer Märkte. Die langjährige Anbauform kann zudem die Flexibilität von Betrieben einschränken, auf schwankende Absatzmärkte zu reagieren.
Bei einer Beweidung zwischen Wertholzbäumen sind diese zum Beispiel vor Verbiss- und Schälschäden zu schützen. Bei der Anlage auf Pachtland ist die Kommunikation zwischen Pächter und Verpächter essentiell, um langfristige Investitionssicherheit zu haben.
AgroForstRechner bietet Hilfe
Um die Wirtschaftlichkeit von Agroforstflächen zu bewerten, lohnt ein eigenes Rechenprogramm. Der AgroForstRechner, eine auf MS-Excel basierende Programmoberfläche, hilft, die Bewirtschaftung von Gehölzen auf Ackerflächen und den konventionellen Anbau von Feldfrüchten ökonomisch zu vergleichen.
Ideen und Experimentierfreude gefragt
Weitere Beispiele sind die Freiland-Hühnerhaltung in Mobilställen, umrahmt von Kurzumtriebs-plantagen, die Energieholz liefern. Oder die Eichelmast alter Schweinerassen im bayerischen Iphofen, die hochwertiges Schweinefleisch in tiergerechter Waldweidehaltung erzeugt.
Auf dem Gladbacherhof bei Gießen und dem Hof Sonnenbach im Schwarzwald entstehen klimaregulierende Agroforstsysteme mit mehr Boden-, Erosions- und Klimaschutz sowie Tierwohl, gepaart mit innovativen Ideen und Experimentierfreude.
Landirt Sepp Braun sagt: „Wenn nicht wir die Herausforderungen beim Klima-, Wasser-, Boden- und Artenschutz lösen, wer dann?“ Der Vater von vier Töchtern möchte erreichen, dass seine Äcker "genauso fruchtbar sind wie natürliche Waldböden, die seit Jahrtausenden ohne menschliches Zutun unglaublich viel Biomasse-Wachstum haben“.
Weitere Infos zu Agroforsten finden Sie in der print-Ausgabe von agrarheute 11/19 ab Seite 134.
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